1369 - Eine grausame Wahrheit
Leiche hinweg, rutschte etwas ab und ertastete das Gesicht eines dritten Toten.
Es war schmaler als das der anderen beiden. Sie ließ die Hand hoch bis zu den Haaren gleiten, weil ihr ein bestimmter Verdacht gekommen war, der sich auch bestätigte.
Lange Haare wurden durch ihren Griff aufgewühlt. Auch sie fühlten sich hart und steif an, aber Glenda wusste Bescheid. In der Truhe lagen drei Tote.
Zwei Männer und eine Frau!
Vielleicht durch einen normalen Tod aus dem Leben gerissen, aber es war gut möglich, dass man sie umgebracht hatte. Irgendwelche Wunden allerdings hatte sie nicht feststellen können, was nicht unbedingt darauf hindeutete, dass sie nicht vorhanden waren.
Ruhe bewahren. Tief ein- und wieder ausatmen. Nur nicht in Panik verfallen. Das wäre das Schlimmste gewesen, das sie sich hätte antun können.
Glenda war Profi genug, und dies alles in die Reihe bringen zu können. Sie blieb gelassen, und sie ordnete dabei ihre Gedanken, um sich selbst aufzubauen.
Es stand fest, dass keine Fische, sondern Leichen in diesem Kühlwagen transportiert wurden. Im Prinzip ein Unding, die gefrorenen Toten durch die Stadt zu fahren.
Dass die beiden Männer es trotzdem taten, ließ darauf schließen, wie sicher sie sich fühlten. Aber sie waren nicht die Haupttäter. Es gab sicherlich andere Personen, die dahinter steckten. Die Chefs, die Aufträge erteilt hatten.
Aber was, zum Henker, stellte man denn mit tiefgefrorenen Leichen an?
Okay, sie wusste jetzt Bescheid. Oder hoffte es zumindest. Sie war nicht in Panik verfallen. Jetzt machte es sich bemerkbar, dass sie schon so lange mit John Sinclair und Suko zusammenarbeitete und auch selbst viele unheimliche und haarsträubende Fälle erlebt hatte.
So gingen auch jetzt die Pferde nicht mit ihr durch. Sie dachte einen Schritt nach vorn, und da erschien vor ihrem geistigen Auge der Name John Sinclair.
Er musste Bescheid wissen.
War die Tasche an ihrem Gürtel auch noch so klein, ein Handy passte immer hinein. Diese Erfindung konnte sich für sie jetzt als großer Segen erweisen.
Die Gelegenheit war sogar günstig. Der Kühlwagen musste anhalten. Sie hoffte, dass er in einen Stau geraten war, umso mehr hatte sie Zeit.
Sie wollte das Telefon mit der rechten Hand hervorholen. Dazu musste sie die Finger von der Toten lösen.
Der Gedanke trieb noch durch ihren Kopf, da packte die harte Eisklaue einer Leiche zu und umschloss ihr rechtes Handgelenk wie ein Stahlgürtel…
***
Vom Rover aus rief ich im Büro an und erreichte Suko. Mein Wagen stand auf einem Parkplatz wie eingequetscht. Ich wurde von den Strahlen der Sonne verwöhnt, was mir nicht gefiel, denn sie schafften es, das Fahrzeug im Inneren zu einem Brutofen werden zu lassen. Damit dies nicht so schnell passierte, hatte ich vorn die Scheiben nach unten fahren lassen, damit ein gewisser Durchzug entstand.
Suko hielt sich zum Glück im Büro auf. Er erkannte bereits am Klang meiner Stimme, dass etwas nicht stimmte und es Probleme gegeben hatte. Ich teilte ihm mit, dass Glenda verschwunden war.
Wir würden später intensiver darüber reden. Die Fahndung nach dem hellen Transporter mit der Aufschrift »Frischer Fisch vom Feinsten« war jetzt wichtiger.
»Kennst du keine Anschrift?«
»Nein.«
»Auch kein E-Mail-Adresse?«
»Wenn ich es dir doch sage.«
»Schon gut, John.« Suko hatte den ärgerlichen Unterton in meiner Stimme bemerkt. »Bei vielen Firmen ist es ja so, dass sie ihre Anschriften preisgeben, nebst Telefonnummern und anderen Anschriften. Das macht mich nachdenklich.«
Ich konnte Suko folgen. »Du meinst, dass die Aufschrift nur Tarnung ist und der Wagen zu keinem Fischhändler gehört?«
»Exakt das. Aber keine Sorge, ich werde mich darum kümmern. Wann bist du bei mir?«
»Ich versuche, so schnell wie möglich zu sein und hoffe immer noch, dass sich Glenda über ihr Handy meldet.«
»Falls man sie lässt.«
»Keine Ahnung.«
»Glaubst du denn, dass sich Glenda tatsächlich auf der Ladefläche befindet oder sich vielleicht befunden hat?«
»Ich muss dem Zeugen glauben. Er hat berichtet, wie Glenda verschwand. Dass sie plötzlich weg war, und genau dies lässt nur den einen Schluss zu. Sie ist nicht normal gegangen.«
»Okay, wir reden im Büro weiter.«
Ich startete den Rover und quälte mich dank einiger Wendemanöver aus der Parklücke. Dass der Fall einen derartigen Verlauf nehmen würde, damit hätte ich nicht gerechnet. Nur war ich jemand, der die Hoffnung nicht so leicht
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