1370 - Das Vampir-Lager
zwar erst am frühen Morgen los, aber Vorbereitungen mussten immer getroffen werden.
Da Suko wie zufällig an der Fahrerseite seinen Platz gefunden hatte, wollte er auch einsteigen und den Rover lenken. Ich hatte nichts dagegen. Als ich mich anschnallte fielen mir noch Jane Collins und die blonde Bestie Cavallo ein.
Ich sprach die beiden Namen halblaut aus, und sofort bekam Suko große Ohren.
»Was meinst du damit?«
»Du kennst sie. Beide haben in diesem Fall Blut geleckt. Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich ebenfalls auf dem Weg zu diesem Fischgroßhändler gemacht haben.«
»Ruf sie an.«
Das tat ich auch, während Suko den Rover über die nassen Straßen lenkte. Ich probierte es nicht über Janes Handy, sondern nahm den Festnetzanschluss. Ein Gefühl sagte mir, dass Jane sich nicht melden würde, und damit lag ich ganz richtig.
Niemand hob ab.
»Dann sind sie unterwegs«, sagte Suko.
»Das sehe ich auch so…«
***
Glenda Perkins hatte die Nähe des Vampirs vergessen, weil die letzte Bemerkung des Pfählers sie fast erschüttert hatte. Er kannte also die Unperson, die sie von London aus mitgebracht hatte. Das wollte nicht in ihren Kopf. Das war unglaublich, aber sie brauchte nur einen Blick auf sein Gesicht zu werfen, um darin die Wahrheit lesen zu können. Es zeigte einen völlig erstaunten und überraschten Ausdruck, und sie glaubte, dass es die Wahrheit war.
Trotzdem fragte sie noch mal nach. »Kennst du sie tatsächlich?«
»Wenn ich es dir sage!«
»Wie heißt sie denn?«
»Carla, glaube ich. Sie wohnte in Petrila und verschwand plötzlich aus dem Ort.«
»Hat man nicht nach den Gründen gefragt?«
»Doch, das schon, aber man gab sich mit bestimmten Antworten zufrieden. Angeblich wollte Carla in die Hauptstadt, um an einem Modelwettbewerb teilzunehmen. Sie hatte davon gelesen, fuhr los und kehrte nicht mehr zurück. Sie hat auch an keinem Menschen hier aus dem Ort eine Nachricht geschickt. So ging man davon aus, dass es Carla in der Hauptstadt geschafft hat.«
»Aber in London. Und da wurde sie zu einem Vampir gemacht.«
»Möglicherweise schon hier.«
Glenda sagte nichts. Es war nicht die Zeit für längere Diskussionen, denn Carla hatte das Blut gerochen. Sie brauchte es, denn sie wirkte ausgemergelt und schlaff. Deshalb war sie nicht weniger gefährlich, das stand auch fest.
Glenda schaute sich die Gestalt genauer an. Die Zeit blieb ihr, weil die Bleiche nichts unternahm.
Schlimm sah sie aus. Kleidung, die in Fetzen vom Körper hing.
Eine stumpfe graue Haut, rissig wie altes Leder. Verfilztes Haar umgab ein Gesicht mit leerem Ausdruck. Lippen fielen nicht auf. Sie hatten sich der übrigen Bleiche angepasst. Ein spitzes Kinn, ein Hals mit dünner Haut und kleine Brüste, die schlaff nach unten hingen.
Fast hätte Glenda gelacht, als sie sich daran erinnerte, dass Carla aus dem Ort verschwunden war, um als Mannequin zu arbeiten. Als blutgierige Bestie war sie zurückgekehrt.
Und sie hatte sich bewaffnet. Sie musste durch den Anbau gekommen sein. Aus der alten Schmiede hatte sie einen Hammer entwendet. Den Stiel hielt sie mit der rechten Hand fest. Das Werkzeug selbst pendelte leicht hin und her.
Als der erste Schock vorbei war, stellten Glenda und Marek fest, dass die Gestalt keine große Gefahr für sie bedeutete. Zwar war diese Carla bewaffnet, aber die effektiveren Waffen befanden sich in ihren Händen, und deshalb brauchten sie keine Furcht davor zu haben, dass diese Person an ihr Blut gelangte.
Carla näherte sich. Den rechten Arm mit dem Hammer schwang sie vor und zurück.
Frantisek Marek schaute kurz nach links zu Glenda. »Willst du das machen?«
»Soll ich denn?«
»Du brauchst Übung. Denk daran, für wen du arbeitest. Ich mache dich hiermit zu meiner Assistentin.«
Man soll einen Gegner nie auf die leichte Schulter nehmen. Diese alte Wahrheit erlebten Glenda und der Pfähler in diesen Augenblicken, denn ein Wesen wie Carla dachte nicht an Aufgabe. Beim Gespräch hatten sich die beiden zu sehr auf sich selbst konzentriert, und das war ihr Fehler gewesen, denn jetzt reagierte Carla.
Aus dem Handgelenk schleuderte sie den schweren Hammer nach vorn. So schnell, dass weder Glenda noch Marek rechtzeitig reagierten.
Sie versuchten zwar, der Waffe auszuweichen, aber sie waren nicht schnell genug. Glenda wurde getroffen. Leider nicht durch den Griff. Das harte Stück Eisen erwischte sie an ihrer linken Beckenseite, und sie hatte das Gefühl, das Knacken von Knochen
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