1371 - Das Erbe der Toten
Toten nicht zuvor untersucht?«
»Nein.«
»Er heißt…«
»Den Namen kenne ich.«
»Sehr gut. Aber hier steht noch mehr.« Hawthorne hob den Kopf wieder an. »Ach, lesen Sie selbst.« Er reichte mir die Karte. Durch die Scheinwerfer war es in der Umgebung heller geworden. Ich las die Schrift ohne Probleme.
Da war nicht nur der Name aufgedruckt, sondern auch die Firma, bei der Mike Curtiz beschäftigt war. Endlich erfuhr ich den Namen der Bank.
BANCO VENEZIA!
Mir fiel auf, dass dieses Firmen-Logo in goldgelben Buchstaben aufgedruckt worden war, und eben in dieser Farbe hatte auch die glatte Maske geschimmert.
Hawthorne musste lachen. »Ein Banker«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Das hätte ich nicht gedacht. Steigt bei Ihnen da nicht ein bestimmter Verdacht hoch?«
»Wie meinen Sie das?«
»Banken. Geldwäsche. Verbindungen ins Ausland. Versteckte Gelder und so weiter.«
»Klar, das kann alles damit zusammenhängen.«
»Das meine ich auch.«
Ich steckte die Karte ein, ohne dass der Kollege protestierte. »Wir werden sehen, was sich daraus ergibt.«
»Es ist Ihr Fall, Sinclair – oder?«
»Ja, und das wird er auch bleiben.«
Hawthorne grinste breit. »Keine Sorge, ich habe kein Interesse daran, ihn Ihnen abzunehmen.« Er räusperte sich. »Sie bekommen die Ergebnisse zuge…«
»Das ist nicht so wichtig«, erklärte ich. »Es gibt eine andere Spur, der ich nachgehen muss.«
»He, Sie machen mich neugierig.«
»Kommen Sie mit. Wahrscheinlich können Sie mir helfen.«
»Okay.«
Hawthorne folgte mir in den Anbau, wo er überrascht stehen blieb und sich umschaute.
»He, was ist das denn hier?«, fragte er verwundert. »Gehört das auch zur Kirche?«
»In diesem Fall schon.«
Ich hatte die Luke nicht geschlossen, an die ich jetzt herantrat und nach unten schaute. Auch der Kollege blickte in das Loch. Da ich meine Lampe eingeschaltet hatte, sah er das Bild ebenfalls.
»Was ist das denn?«
»Ein Gemälde.«
»Und weiter?«
»Es kann ein wichtiges Fund- oder Beweisstück sein. Ich möchte es mitnehmen. Würden Sie mir behilflich sein?«
»Klar, natürlich.«
Ich kletterte in die Luke hinab. Da es zu finster war, schaltete ich wieder meine Leuchte ein. Noch ein schneller Blick in die Runde, doch verändert hatte sich nichts.
Ich fasste den Rahmen an beiden Seiten an und stemmte das Gemälde in die Höhe. Es war doch schwerer, als ich angenommen hatte. Der Kollege kniete am Rand der Luke und nahm das Bild entgegen. Er stellte es auf den Boden und hielt es fest.
Es herrschte hier keine absolute Helligkeit. Das Motiv sahen wir erst in der Kirche besser.
Hawthorne zeigte sich verwundert. »Ha, das ist ja ziemlich einmalig, denke ich. So etwas habe ich noch nie gesehen. Was sagen Sie dazu?«
»Ich stimme Ihnen zu. Und ich denke auch, dass es eine Spur ist.«
»Ja, genau. Mein Problem ist es nicht. Ich frage mich nur, was sich der Künstler dabei gedacht hat.« Das Gemälde lehnte jetzt an der Wand, sodass wir es beide betrachten konnten. »Eine halb nackte Frau, die von zwei Pfeilen tödlich getroffen worden ist. Sie sieht aus wie jemand, der in den Kampf gezogen ist.« Hawthorne nickte.
»Verdammt realistisch, würde ich sagen.«
»Exakt.«
Er blickte mich skeptisch an. »Und sie glauben, dass es für Sie eine Spur ist?«
»Ich hoffe es zumindest. Das werden allerdings erst die genauen Untersuchungen ergeben.«
»Das heißt, Sie nehmen es mit?«
»Das hatte ich vor.«
Hawthorne hatte nichts dagegen. Ich sah, dass sich ein Arzt mit dem Toten beschäftigte. Der Fotograf hatte seine Aufnahmen geschossen. Lange würden die Kollegen nicht mehr bleiben. Nur wollte ich nicht so lange warten und verabschiedete mich.
Hawthorne begleitete mich nach draußen. Es windete weiter, doch es regnete nicht. Darüber war ich froh, denn ich wollte nicht, dass das Beweisstück nass wurde.
Als ich meinen Rover erreicht hatte, fing der Kollege wieder an zu sprechen. »Ich will mich ja nicht in Ihren Fall einmischen, ich weiß, wer Sie sind und in welcher Funktion Sie arbeiten. Aber was könnte hinter diesem Fall stecken? Glauben Sie, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Mord und dem Bild gibt?«
»Durchaus möglich. Wenn ja, dann werden wir es herausfinden. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Sieht alles kompliziert aus. Ich denke auch, dass vieles auf eine vergangene Zeit hindeutet. Ich meine damit das Motiv des Gemäldes.«
»So denke ich auch.«
»Gut, dann wünsche ich Ihnen was. Ich
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