1382 - Götterfluch
Gedanken drehten sich natürlich um die Ausstellung und alles, was damit zusammenhing. Sie ging die Punkte einzeln durch, überlegte noch mal, ob sie irgendwo einen Fehler gemacht hatte und wo es etwas zu verbessern gab, aber da gab es nichts zu Meckern.
Es war alles so perfekt, wie sie es sich vorgestellt hatte. Wenn jetzt noch etwas passierte, dann war es Schicksal.
Unter der Dusche stehend hörte sie in der Ferne das Tuten des Telefons. Es war unwichtig. Wenn jemand etwas von ihr wollte, sollte er ruhig noch mal anrufen.
Frisch gereinigt schlüpfte sie aus der Dusche und wickelte sich in das flauschige Badetuch. So ging es ihr wirklich gut, aber die Gedanken konnte sie trotzdem nicht von ihrem Job lösen.
Ägypten war für sie das Zauberwort!
Oft genug hatte sie darüber nachgedacht, woher ihre Liebe zu diesem Land rührte. Da waren ihr schon die verrücktesten Vermutungen durch den Kopf geschossen. Sogar an eine Wiedergeburt hatte sie gedacht. Möglicherweise hatte sie damals vor Tausenden von Jahren in diesem Land gelebt und war dann noch einmal geboren worden, aber die Erinnerung an das erste Leben war noch immer in ihren Gefühlen und deshalb auch das entsprechende Interesse vorhanden.
In ihrer eigenen Wohnung musste sie nicht herumlaufen wie im Büro. Da war sie Mensch, da konnte sie locker sein, durchatmen, da musste sie auch keinem etwas vorspielen.
Die Klamotten bewahrte sie in einem eingebauten Wandschrank auf, der ebenfalls im Wohnraum stand. Links von der Eingangstür an der Schmalseite, wo er nicht so auffiel.
Sie streifte den Slip über und griff zu einem hellroten Morgenmantel, den sie in der Kosmetik-Abteilung von Harrods zu einem Sonderpreis erworben hatte.
Sie zog ihn an, schlang den Gürtel fest und schlenderte barfuß in Richtung Küche. Sie wollte den Rotwein holen, ihn schon bereitstellen und auch die kleine Pizza aufwärmen.
Kazar kam ihr in den Sinn. Viel hatte sie ihm zu verdanken. Er war derjenige gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass die Mumien und Kanopen überhaupt exportiert werden konnten. Da hatte es viel Schriftkram zwischen den verschiedenen Stellen gegeben.
Die Pizza war fertig. Rebecca nahm sie aus dem Ofen und trug sie in den Wohnraum.
Auf dem Bett sitzend wollte sie nicht essen. Da machte sie es sich bequem, wenn sie in die Glotz schaute, aber das Essen nahm sie an einem Tisch ein. Es war ein weiß lackierter Gartentisch, und den Stuhl musste sie aufklappen. Es gab noch einen zweiten, und beide waren hellrot lackiert. Auch sie stammten aus dem Sonderangebot eines Möbelhauses. Einen Stuhl klappte sie auf, wollte auch den Teller hinstellen – und fuhr mit einem leisen Schrei auf den Lippen zurück.
Mitten auf dem Tisch lag ein fremder Gegenstand – ein Ankh!
***
Dass sie anfing zu zittern, lag nicht an diesem Gegenstand, denn das Henkelkreuz und dessen Bedeutung für die Ägypter waren ihr durchaus bekannt. Es lag allein daran, dass sie es plötzlich sah und dass sie sich nicht daran erinnern konnte, es bei ihrem Eintritt gesehen zu haben.
Hastig stellte sie den Teller auf der nahen Fensterbank ab und kümmerte sich um den Gegenstand, der nicht mal groß war. Sie hätte ihn auch als Schmuck am Ohr tragen können. So intensiv sie auch hinschaute, das Henkelkreuz veränderte seine Form nicht. Es blieb, was es wahr, aber wer es gebracht hatte, konnte sie sich nichts vorstellen. Das musste passiert sein, als sie unter der Dusche gestanden hatte. Da war dann also jemand heimlich in ihre Wohnung geschlichen und hatte dieses Andenken hier gelassen.
Begreifen konnte sie das nicht, aber der Begriff Einbrecher setzte sich schon in ihrem Kopf fest und sorgte dafür, dass sie das Gefühl einer bohrenden Angst überkam. Zugleich spürte sie den Schauer auf ihrem Rücken, und sie schaute sich auch um, ob der Dieb irgendetwas hatte mitgehen lassen.
Das war nicht der Fall. Zumindest fiel ihr beim ersten Rundblick nichts auf.
Und doch war jemand in der Wohnung gewesen!
Rebeccas Hände zitterten, als sie in die kleine Diele lief. Er war nur ein winziger Vorflur, in den sie einen schmalen hohen Schuhschrank gestellt hatte. Die Lampe klebte wie eine Radkappe an der Decke. Rebecca schaltete das Licht ein, um sich in dessen Schein die Tür genauer anschauen zu können.
Eintreten, abschließen und den Riegel vorschieben.
So hatte sie es auch an diesem Tag gehalten, und es war alles normal. Kein Riegel war zurückgezogen worden, und so fragte sich Rebecca, wie der Einbrecher
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