1382 - Götterfluch
in ihre Wohnung gelangt war?
Wie war das Henkelkreuz in die Wohnung gekommen? Und wer hatte es gebracht?
Sie fand keine Antwort, es war einfach zu schwer, und eine logische Lösung war für sie nicht in Sicht.
Aber es gab eine. Nur musste man dabei sein Denken in eine andere Richtung schicken und sich zugleich für Dinge öffnen, die eigentlich nicht sein konnten.
Magie – Teleportation – vielleicht auch Telekinese. All das kannte sie, und sie wusste auch, dass diese besonderen Eigenschaften den alten Ägyptern nicht fremd gewesen waren.
Noch traute sich Rebecca nicht zurück in den Wohnraum. Die verschlossene Tür im Rücken, blieb sie in dem winzigen Vorflur stehen und drückte die Fäuste gegen beide Wangen. Wenn sie ehrlich war, dann musste sie zugeben, dass sie sich wie in einer Falle fühlte, die in der eigenen Wohnung auf sie wartete. Etwas lauerte.
Etwas war vorhanden und würde auch auf sie zukommen.
Schließlich schüttelte die junge Frau den Kopf. Innerlich gab sie sich einen Ruck. Es brachte sie nicht weiter, wenn sie jetzt einfach nur dastand und sich von ihren eigenen Gefühlen ängstigen ließ. Sie war immer jemand gewesen, der sein Leben selbst in die Hand nahm. Zumindest in den letzten Jahren, als ihre Karriere begonnen hatte. Davon wollte sie auch jetzt nicht abweichen.
Auf dem kurzen Weg in den Wohnraum dachte sie wieder an ihre schlimme Erinnerung. Die schreckliche Szene in der Küche. Da hatte sie die Mutter tot auf dem Tisch liegen gesehen. Das Trauma überhaupt. Etwas, was sie nie in ihrem Leben vergessen würde. Das immer bei ihr hochstieg, oft in den unpassendsten Augenblicken.
Sie lauerte darauf, dass etwas passierte.
Als sie sah, dass sich im Wohnraum nichts verändert hatte, atmete sie auf. Um ihre Lippen huschte ein Lächeln. Sie strich über die Stirn und über den dünnen Schweißfilm.
Auf dem kleinen Tisch lag weiterhin das silberne Ankh, als hätte es dort für immer seinen Platz gefunden. Es bewegte sich nicht, und doch sah es für Rebecca so aus, als würde es flimmern. Ewiges Leben, Sinnbild der Lebenskraft, das alles hatten die Ägypter in diesem Kreuz vermutet. Sie hatten es auf den hohen Thron gehoben und hatten an es geglaubt.
Neben dem Tisch blieb sie stehen. Sie streckte den Arm aus und fasste nach dem Kreuz.
Zunächst schwebten ihre Finger noch dicht darüber hinweg, und sie spürte etwas von der Energie, die das Kreuz abstrahlte. Es erreichte ihre Hände, es glitt über die Kuppen der Finger hinweg, und sie merkte, dass ihr Herz stärker anfing zu klopfen. Es konnte sein, dass dieses Henkelkreuz eine Botschaft für sie war, auch wenn das nicht so leicht zu begreifen war.
Sie fasste es an!
Nur erst für einen winzigen Augenblick. Dann wollte sie ihre Hand wieder zurückziehen, was sie allerdings bleiben ließ, denn plötzlich erlebte sie ein kleines Wunder.
Von den Fingern der rechten Hand ging es aus. Es war ein wunderbarer Strom, der bis hoch in ihre Schulter glitt und sich auch dort ausbreitete.
Dass sie lächelte, passierte automatisch. Es war eine Folge ihres Wohlgefühls. Sie kam sich vor wie jemand, der schwebte. Ihre Augen hatten einen hellen Glanz bekommen, und wenn es nach ihr gegangen wäre, dann hätte sie das Henkelkreuz nie mehr losgelassen.
Sie tat es trotzdem, und Rebecca atmete zunächst tief durch. Die Angst war weg. Geblieben war die Neugierde, verbunden mit einer offenen Frage.
Wer hatte das Kreuz in ihre Wohnung geschafft? Und wie war diese Person hineingekommen?
Das Geräusch der Klingel drang wie ein scharfer Strahl in ihre Ohren. Heftig zuckte sie zusammen, und zugleich schoss ihr das Blut in den Kopf. Wer wollte etwas von ihr? Warum bekam sie um diese Zeit noch Besuch?
Erst nach dem dritten Klingelton bewegte sie sich. Diesmal ging sie schneller zur Wohnungstür und war jetzt froh, dass die kleine Wohnung mit einer Sprechanlage versehen war.
Die benutzt sie, um eine Frage zu stellen. »Bitte, wer ist dort?«
Eine fremde Männerstimme antwortete. »Mein Name ist John Sinclair. Ich bin von Scotland Yard, Miss Taylor, und hätte Sie gern gesprochen.«
Rebecca rührte sich nicht. Sie war leicht durcheinander. Scotland Yard? Wieso Scotland Yard? Sie war sich keiner Schuld bewusst.
Was also wollte dieser Mensch von ihr, dem ihre Überlegungen wohl zu lange dauerten, denn erfragte durch die Sprechanlage:
»Sind Sie noch da?«
»Ja… ja …«
»Kann ich zu Ihnen kommen?«
Zwei Sekunden später gab sie die Antwort. »Okay, ich
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