1382 - Götterfluch
Gegenstand.
Zunächst war nichts zu spüren. Keine Kälte, keine Abwehr, keine Ausstrahlung. Der kleine Gegenstand schien sich in seine Neutralität zurückgezogen zu haben.
Von der anderen Seite näherte sich mein Kreuz. Ich kam mir vor wie ein Wissenschaftler, der etwas anheben wollte, das radioaktiv bestrahlt war, und dabei sehr behutsam zu Werke gehen musste.
Bis ich einen bestimmten Punkt erreicht hatte. Auf einmal veränderte sich alles. Ich selbst blieb noch in meiner Position stehen, aber ich spürte einen kalten Hauch, und ich vernahm eine Flüsterstimme, die mir eine Botschaft in meiner Sprache zuschickte.
»Niemand ist stärker als Anophis. Ein Gott überwindet den Tod, und sein Fluch wird schrecklich sein. Hütet euch vor dem Götterfluch, ihr Menschen!«
Ich krampfte mich für einen Moment zusammen. Das Blut schoss mir in den Kopf. Ich musste mich nicht umdrehen, ich wusste auch so, dass sich niemand in meiner Nähe befand.
Die Stimme hatte mich aus einer weiten Entfernung erreicht, aber ich glaubte nicht, dass es der Schlangengott Anophis war, der mir da eine Botschaft geschickt hatte. Ich glaubte mehr daran, dass er es über einen Helfer getan hat, der bestimmte Kräfte besaß.
Ich stand also unter Beobachtung. Möglicherweise ahnte die andere Seite auch nur, was hier ablief, und warnte mich auf gut Glück.
Jedenfalls würde ich mich davon nicht beeinflussen lassen und hatte auch keine Lust, lange zu warten.
Ich griff zu!
Mit zwei Fingern wollte ich das kleine Teil an mich nehmen, aber der Daumen und der Zeigefinger fassten ins Leere!
Denn das Ankh war weg!
Jeder Mensch kann überrascht werden. Genau das passierte mir.
Obwohl ich mich irgendwie darauf eingestellt hatte, kam ich mir jetzt vor, als würde ich vor den Trümmern meines Plans stehen, und ich musste einsehen, dass die andere Seite mächtiger war.
Auch als ich zum zweiten Mal hinschaute, hatte sich nichts verändert. Die Stelle, an der das Kreuz gelegen hatte, war leer, und sie blieb auch leer, denn ich war nicht in der Lage, das Ankh wieder zurückzubringen.
Ich kam mir vor wie ein Junge, dem jemand einen verdammten Streich gespielt hatte. Ich zerbiss einen Fluch und ballte meine Hände zu Fäusten.
So an der Nase herumgeführt worden war ich selten. Und das auch noch durch einen Teil meines Kreuzes. Das war für mich eine riesige Enttäuschung, die verdammt in mir fraß.
Im Stillen stieß ich einige Flüche aus, schüttelte dabei den Kopf und hörte noch das Lachen des Unsichtbaren.
»Ich brauche es. Der Götterfluch ist wichtiger, daran solltest du denken. Das Kreuz selbst interessiert mich nicht, nur das Ankh, das heilige Symbol, das ewiges Leben verheißt. Und ich will ewig leben. Ich bin Anophis, den man in den Tod schickte, wie man dachte. Es hat nicht geklappt, ich bin stärker gewesen, denn ich habe schon zu damaligen Zeiten weit in die Zukunft geschaut und gesehen, was geschehen würde. Das teile ich dir mit, und ich sage dir weiter, dass du große Probleme bekommen wirst, wenn du versuchst, dich gegen mich zu stellen. Man kann mich nicht besiegen, es geht nicht, denn ich bin zu stark.«
Ich trat weg vom Tisch. Ich schaute mich dabei um, weil ich etwas erkennen wollte. Möglicherweise zeigte sich mein Gegner auf die eine oder andere Weise. Das hatte ich schon öfter erlebt, in diesem Fall allerdings blieb ich allein.
Trotzdem stellte ich eine Frage, weil ich davon überzeugt war, dass er mich hören würde.
»Du bist Anophis?«
»Ich war es, und ich bin es!«
»Dann will ich dich sehen.«
»Lieber nicht. Tu dir einen Gefallen und geh weg. Du hast deine Pflicht getan, für dich ist es vorbei.«
»Ach«, sagte ich lachend. »Wieso ist es für mich vorbei? Das verstehe ich nicht.«
»Ich habe das, was ich wollte. Das Zeichen des Lebens, die große Macht, die stets in meiner Nähe war. Leben, ewig sein, das ist das Recht der Götter…«
Seine Stimme war schwächer geworden, und ich hörte sie schließlich nicht mehr.
Mit gesenktem Kopf und zudem recht wütend blieb ich auf meinem Platz stehen. Inzwischen war mir zu Bewusstsein gekommen, dass mich diese verdammte Gestalt benutzt und zugleich zum Narren gehalten hatte, und genau das ärgerte mich. Auch wenn ich bisher nur zweiter Sieger war, aufgeben würde ich nicht. Ich würde mir das Ankh zurückholen, und der Weg, den ich gehen musste, war auch klar.
Zudem kannte ich eine Weggefährtin. Ich ging davon aus, dass mir Rebecca nicht die ganze Wahrheit gesagt
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