1384 - Die Blut-Ruine
irgendetwas hinterlassen hatte?
»Hast du was vor?«, sprach Jane die blonde Bestie an, als Justine mit dem Ankleiden fertig war und jetzt in ihrem Lederdress steckte.
»Du weißt doch, dass die Nacht meine Zeit ist.«
»Dann willst du weg?«
»Sicher.«
»Und wohin?«
Justine Cavallo ging lachend auf Jane zu und streichelte der Detektivin die linke Wange. »Du darfst zwar alles essen, aber nicht alles wissen. Ich werde mich mal ein wenig umschauen.«
»Können wir davon ausgehen, dass du eine konkrete Spur verfolgst?«
»Wer weiß. Die Nacht birgt viele Geheimnisse.«
Ich war es leid, mir diese ausweichenden Antworten anhören zu müssen. »Also los, was hast du vor?«
»Serena finden.«
»Aha. Und wo?«
»Ich erinnere mich an gewisse Dinge, die mir Mallmann früher mal in einer schwachen Stunde erzählt hat.«
»Wir sind ganz Ohr.« Die blonde Bestie überlegte, ob sie uns einweihen sollte oder nicht. Ich horchte wieder auf mein Bauchgefühl, und das sagte mir, dass Justine mehr wusste, als sie zugeben wollte.
Sie war einfach zu lange an Mallmanns Seite gewesen.
»Er hat mal etwas von einem Kloster erzählt«, sagte sie schließlich. »Ein Kloster, zu dem sich Serena sehr hingezogen fühlte, weil es dort etwas gab, zu dem sie eine geistige Verbindung hergestellt hatte.«
Jane schüttelte den Kopf, und ich fragte: »Ein Kloster?«
»Ja.«
»Das wäre ja etwas ganz Neues, dass sich eine Blutsaugerin zu Nonnen in ein Kloster begibt.«
Die Cavallo schaute mich an, als wäre ich ein kleiner Schüler.
Dabei fragte sie: »Muss denn ein Kloster immer von Mönchen oder Nonnen belegt sein?«
»In der Regel schon.«
»Es gibt Ausnahmen«, erwiderte sie und konnte das Lachen nicht unterdrücken. »Dass ausgerechnet ich dir so etwas erklären muss, finde ich schon ungewöhnlich.«
»Dann möchte ich bitte schlau gemacht werden.«
»Es gibt nicht nur Klöster, in denen sich Nonnen aufhalten, es gibt auch welche, die Wohnstatt für andere Personen sind. Damit meine ich nicht die Mönche.«
»Sondern?«
»Sie dienten als Verstecke. Sie konnten dem nachgehen, was sie als ihre Bestimmung angesehen haben. Manche waren dabei dem Teufel sehr zugetan.«
»Sprichst du von Hexen?«
»Auch…«
»Sehr gut. Dann sag uns, wo wir das Kloster finden!«
»Das Kloster gibt es nicht mehr. Es brannte nieder. Aber das liegt schon sehr lange zurück. Ich weiß nicht, wer es angezündet hat, aber als die Flammen es umloderten und zu einer Ruine machten, da war es plötzlich weg.«
»Klar«, sagte ich, »es ist niedergebrannt.«
»Das meine ich nicht«, entgegnete die Cavallo. »Es war weg. Ganz plötzlich. Wie vom Erdboden verschluckt. Wer das Kloster angezündet hat, weiß niemand mehr. Aber eines ist sicher, ganz verschwunden kann dieses Kloster, das Mallmann mal als Blut-Ruine bezeichnet hat, nicht sein, sonst hätte er es nicht erwähnt. Zeugen gibt es nicht mehr. Vielleicht ist noch in alten Büchern etwas über die Blut-Ruine zu lesen, aber das weiß ich nicht.«
»Kennst du den Namen?«, fragte Jane. »Wenn ja, dann könnte ich mal im Internet surfen?«
»Nein, den kenne ich nicht. Für mich ist und bleibt es einfach die Blut-Ruine.«
»Und Serena stammt aus diesem Kloster?«, fragte ich.
»Nein, du hast mir nicht zugehört, John«, beschwerte sich Justine Cavallo. »Als es vor langer Zeit niederbrannte, da war sie noch gar nicht geboren. Das ist Jahrhunderte her. Aber aus irgendeinem Grund fühlt sie sich hingezogen zu dieser Blut-Ruine, so erzählte mir Mallmann. Serena fühlte sich an diesem Ort stets wohl.«
»In einem Kloster, das es aber nicht mehr gibt«, murmelte ich, »das aber damals von Hexen bewohnt wurde…«
Schlau wurde ich daraus noch immer nicht.
Es war zwar viel geredet worden, aber ich hatte nur wenig erfahren. »Hör zu, Justine, wenn du sonst nichts weißt, dann können wir uns das alles hier schenken.«
Justine lächelte süffisant, und es machte ihr auch Spaß, ihre Zähne dabei zu zeigen. »Ich hätte euch das alles nicht gesagt, wenn ich nicht wüsste, wo sich die Ruine oder das Kloster damals befunden haben.«
Sofort sah das Bild wieder anders aus. »Du meinst, du kennst die Ruine?«
»Irrtum, John, die kenne ich nicht. Die kann ich gar nicht kennen. Aber ich weiß, wo dieses Kloster mal gestanden hat, und genau dort sollten wir einhaken. Aber das überlasse ich gern dir…«
***
Anstatt einen Körper anzufassen, berührten Ken Kilmers Hände die Rückenlehne des Stuhls,
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