1384 - Die Blut-Ruine
weiter weißt. Und jetzt willst du von mir wissen, wer diese Person ist, nicht wahr?«
»Ja, denn immerhin ist sie eine Blutsaugerin wie du. Ich habe sie dir beschrieben und würde gern von dir wissen, ob sie dir bekannt ist.«
Justine Cavallo schaute mich an. Regungslos, wie es ihre Art war.
Nur veränderte sich ihr Gesichtsausdruck, als sie ihre Lippen bewegte und sie in die Breite zog. Gleichzeitig schob sie die Oberlippe hoch, sodass wir ihre beiden prägnanten Zähne sehen konnten, die sie als Vampir auszeichneten.
»Sie gehört zu uns?«
»Ja.«
»Was wollte sie dann bei dir, bei einem Todfeind?«
»Das hat sie mir leider nicht gesagt.«
»Ungewöhnlich, wie?«
Ich nickte. »Da stimme ich dir zu. Aber noch ungewöhnlicher war, dass sie wie ein Hologramm in meiner Wohnung erschien. Als ich sie anfassen wollte, war sie plötzlich verschwunden. Genau das breitete mir Probleme.«
»Kann ich mir denken.«
»Kennst du sie?«
Die blonde Bestie hob die Schultern. »Weiß nicht, ob ich sie kennen sollte. Aber wenn sie dich besucht hat, dann will sie etwas von dir.«
»Das denke ich auch.«
»Kannst du dir vorstellen, dass sie jemanden sucht, der ihr bei einem Problem helfen kann?«
»Ich habe keine Ahnung, denn zu einem Gespräch zwischen uns ist es nicht gekommen.«
»Schade.«
»Kannst du mir das alles erklären, Justine?«
»Warum ich?«
»Weil ich davon ausgegangen bin, dass du sie kennst. Du weißt doch, welche deiner Brüder und Schwestern bei uns in London herumlaufen. Deshalb ging ich davon aus, dass du…«
»Nein, Geisterjäger, sorry. Ich weiß nichts. Ich bin völlig überfragt.«
Es war eine Antwort, mit der ich mich zufrieden gegeben hätte, aber neben mir schüttelte Jane Collins den Kopf.
»Warum lügst du, Justine?«
»He, wie kommst du darauf, dass ich lüge?«
»Weil ich dich kenne. Weil ich es dir ansehe. Ich weiß genau, wann du dein eigenes Spiel durchziehst, und das ist hier der Fall. Du willst es einfach nicht hinnehmen, dass sich bestimmte Dinge gegen deinen Wunsch entwickeln. Ich weiß, dass du Kontakt zu deinen Artgenossen hast. Du suchst sie, du kennst sie. Es existiert ein unsichtbares Band, das euch verbindet. Wenn etwas passiert, was mit euch zusammenhängt, dann steht ihr parat. Egal, ob es euch etwas angeht oder nicht. Und deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass du etwas weißt. Ich denke, dass sich etwas bewegt hat und von euch nicht unbemerkt blieb. Ich würde dir raten, die Wahrheit zu sagen, Justine.«
Die Blutsaugerin nickte. »Danke für die Belehrung.«
»Dann kennst du also die Antwort?«
Justine lachte, bog den nackten Oberkörper zurück, gab ihre Haltung aber nicht auf. »Was wollt ihr denn hören?«
»Nur die Wahrheit«, erklärte Jane. »Das könnte auch in deinem Interesse liegen.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht.« Sie zeigte mit dem linken Zeigefinger auf mich. Ihre Nägel hatte sie mit einem dunkelroten Lack bemalt. »Du hast sie gesehen, John – oder?«
»Das sagte ich schon.«
»Und sie ist auch verschwunden.«
»Richtig. Fast so lautlos, wie sie kam.«
»Dann gibt es dafür nur eine Erklärung. Sie existiert eigentlich in einer anderen Welt.«
Mich durchschoss sofort ein Gedanke, den ich auch nicht für mich hielt. »Meinst du die Vampirwelt?«
»Knapp daneben.«
»Was sonst?«
Justine lehnte sich zurück, bis sie mit dem nackten Rücken die Wand berührte. »Ich will euch sagen, wer sie ist, denn John hat sie ja so gut beschrieben. Sie heißt Serena. Ja, sie ist eine Blutsaugerin wie ich, und ich weiß tatsächlich etwas über sie. Es gab eine Zeit, da stand sie an der Seite eines großen mächtigen Vampirs…«
»Den wir kennen?«
»Allerdings. Denn ich spreche von Dracula II!«
Diese Antwort haute mich zwar nicht um, aber ich war schon überrascht, und ich hakte mit leiser Stimme noch mal nach.
»Wirklich Will Mallmann?«
»Ja, er.«
»Zu deiner Zeit, als du an Mallmanns Seite gewesen bist?«
»Ja und nein, Partner. Es waren die Monate, in denen ich auf van Akkeren vertraut habe. Da waren Mallmann und ich auseinander, und da hat er sich wohl Serena geholt.«
Nein, mir wurde nicht schwindlig, aber ich merkte schon, dass mir das Blut in den Kopf stieg. Hier wurden Schubladen geöffnete, deren Inhalt ich nicht kannte. Diese Serena war also in Mallmanns Nähe gewesen, aber, was zum Teufel, hatte sie dann bei mir gewollt?
Als ich diese Frage aussprach, hob Justine nur die nackten Schultern.
»Deine Reaktion
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