1384 - Die Blut-Ruine
Meinung.«
Sie schob die Unterlippe vor und schaute nach vorn hinein ins Leere. »Ja, die habe ich tatsächlich. Ich glaube ihm ebenso wie du. Hier hat es die Ruine gegeben. Hier ist der Platz gewesen, und ich bin sicher, dass die Ruine von dieser Serena bewacht wird. Ich hörte ihre Beschreibung. So hat Mallmanns Freundin ausgesehen. Wir müssen davon ausgehen, dass sie existiert und dass sie ihre eigene Suppe kocht.«
»Dabei geht es um die Blut-Ruine, richtig?«
»Ja, das alte Kloster. Das ehemalige Kloster, das nicht von Nonnen bewohnt wurde, sondern von Hexen. Früher mal. Ob sie zu Vampiren geworden sind, weiß ich nicht. Kann ich mir aber vorstellen, wenn ich an Serena denke. Früher Hexe, jetzt Blutsaugerin. So ein Tausch klappt immer, wenn man an die neuen Verhältnisse und Konstellationen denkt, die sich in der letzten Zeit aufgetan haben. Und ich glaube, dass dieses Kloster zwar abgebrannt ist, aber es ist nicht verschwunden. Jedenfalls nicht für immer. Die Ruine ist noch da, aber sie existiert in einer Art Zwischenwelt. Oder in Assungas Hexenwelt. Das sollten wir herausfinden.«
»Ja, und herausfinden sollten wir auch, warum mich diese Serena wie ein Schatten besucht hat.«
»Du wirst sie bestimmt bald fragen können.«
So optimistisch war ich nicht. Für mich war nur klar, dass hier ein Spiel ablief, dessen Regeln ich nicht durchschaute, und ich hoffte, dass sich das bald änderte.
»Womit rechnest du?«, fragte ich.
Justine deutete nach vorn. »Dass Ken Kilmer gelogen hat, daran glaube ich nicht. Ich rechne also damit, dass sich diese Umgebung hier bald verändern wird.«
»Dann kehrt die Ruine zurück?«
»Ja.«
»Was macht dich so sicher?«
Sie schaute mich von oben herab ab. »Es ist mein Gefühl, denn ich als Vampirin spüre, dass die andere Seite noch vorhanden ist. Sie hält sich nur eben in einem nicht sichtbaren Bereich für uns auf.«
»Dann hol sie her.«
Die blonde Bestie beugte sich mir entgegen und lächelte. »Geduld, Partner. Ich muss schließlich auch Geduld haben. Oder glaubst du, es würde mir keinen Spaß machen, über diesen Fahrer herzufallen und ihn bis auf den letzten Tropfen auszusaugen?«
Ich schaute sie aus blitzenden Augen an. »Untersteh dich«, zischte ich.
»Keine Sorge, John, wir sind ja jetzt Partner.« Sie schlug mir auf die Schulter und drehte sich weg.
Ich schaute ihr nach, wollte noch etwas sagen, aber sie kam mir zuvor. Ohne sich umzudrehen, rief sie mir zu: »Bleib du, wo du bist, und pass auf diesen Kilmer auf. Ich schaue mich mal um.«
Ich merkte schon den leichten Ärger, der mich überkommen hatte. Justine wollte mich aus dem Spiel haben und sorgte nun dafür, dass ich die zweite Geige spielte.
Okay, hier ging es um die Sache und nicht um persönliche Befindlichkeiten. Lange wollte ich nicht warten und den Zuschauer spielen. Egal, ob etwas passierte oder nicht.
Ich holte mein Kreuz hervor und überlegte, ob ich es frei vor der Brust hängen lassen sollte oder nicht. Ich entschied mich dagegen, denn ich wollte meine Feinde nicht schon vor dem Erscheinen abschrecken, falls sie überhaupt erschienen.
Justine Cavallo schien fest daran zu glauben. In der Dunkelheit war sie nur schwer zu erkennen. Zum Glück bewegte sie sich auf und ab, und so war sie besser zu sehen. Auch das helle Haar schimmerte in der Dunkelheit.
Ich dachte auch an Ken Kilmer und schaute zur Straße zurück.
Der Wagen hatte sich nicht um einen Millimeter bewegt, und ich hoffte, dass es auch so bleiben würde. Ferner wünschte ich mir, dass niemand mehr über die einsame Straße in Richtung London fuhr oder umgekehrt, denn Zeugen konnte ich nicht brauchen.
Als ich wieder zu Justine hinschaute, entdeckte ich, dass sie sich nicht von der Stelle bewegt hatte. Nur war ihre Haltung eine andere geworden. Sie hielt jetzt die Arme in die Höhe gestreckt, als wollte sie etwas greifen, aber da gab es nichts, was sie hätte fassen können.
Dafür hörte ich ihre Stimme, und mit dem, was sie jetzt tat, hätte ich nicht gerechnet. Sie wollte, dass diese Serena erschien, deshalb rief Justine sie an.
»He, Schwester! Wenn du mich hören oder sehen kannst, dann zeige dich! Ich denke, dass wir einiges voneinander lernen können. Schwester, was ist…?«
Sie hatte so laut gerufen, dass ich jedes Wort verstanden hatte.
Nur erlebte sie keinen Erfolg.
Justine gab trotzdem nicht auf. »Bist du feige? Traust du dich nicht her? Hast du Angst, dass die Vergangenheit wieder lebendig wird? Du
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