1384 - Die Blut-Ruine
im Turm. Da bin ich die Wendeltreppe nach unten gefallen.«
Kilmer hatte so laut gesprochen, dass auch Justine ihn verstanden hatte. Sie drehte sich um, aber sie kam nicht zu uns, sondern blieb in einer gewissen Entfernung stehen.
Ken Kilmer schaute zu mir hoch. Selbst in der Dunkelheit las ich die Bitte in seinen Augen, ihm doch zu glauben. Ich tat nichts, was ihn abgeschreckt hätte, und sagte nur: »Sie haben also hier die Reste einer Ruine gesehen?«
»Ja, verdammt, das habe ich.«
»Und weiter?«
»Ich war da!«
Die nächste Frage stellte ich nicht so schnell. Er sollte sich zunächst beruhigen. Und mit einer ruhigen Stimme sprach ich ihn auch an. »Ich denke, dass Sie mir am besten alles von Beginn an erzählen. Dann kann ich mir ein Bild machen.«
»Glauben Sie mir denn?«
»Lassen Sie es darauf ankommen.«
Das wollte er nicht so recht. »Verdammt, Mr. Sinclair, Sie werden mich auslachen und mich für einen Idioten halten. Ich würde das an Ihrer Stelle auch tun!«
»Bitte, ich möchte Ihre Geschichte erst einmal hören.«
»Okay«, sagte er und stöhnte dabei. »Das ist kein Problem. Ich erzähle Ihnen alles, denn ich bin froh, wenn ich es loswerden kann. Aber es ist der reine Wahnsinn. Das ist nicht das wahre Leben, Mr. Sinclair, das kann ich Ihnen sagen.«
»Keine Sorge, Mr. Kilmer, was immer Sie mir auch sagen, ich versichere Ihnen, dass ich Sie nicht auslachen werde.«
»Danke.«
Justine Cavallo hielt sich noch immer zurück. Wie ein Wachtposten stand sie da, ihre Gestalt hob sich von dem dunklen Boden ab.
Hin und wieder erfasste ein Windstoß ihre hellen Haare und ließ sie flattern.
Justine musste schon gute Ohren haben, wenn sie alles verstehen wollte, was Ken Kilmer sagte. Er sprach mal leise, mal lauter, legte auch Pausen ein, weil ihn das Reden erschöpfte, und schaute dabei ins Leere.
Ich hörte genau zu, und so entging mir kein einziges Wort von dem, was er sagte. Ich hörte eine unglaubliche Geschichte. Aber ich hielt mich an mein Versprechen und lachte den Mann nicht aus.
Zum Schluss wurde seine Stimme immer leiser, und er war schließlich so erschöpft, dass ihm die Tränen kamen und ich ihn zunächst mit Nachfragen in Ruhe ließ.
Dafür rief ich Justine etwas zu, die sich sofort umdrehte.
»Du hast alles gehört?«
»Fast alles.«
»Wie lautet dein Kommentar?«
Die blonde Bestie hob die Schultern. »Ich denke, wir sollten noch abwarten.«
»Das ist alles?«
Sie kicherte. »Lass dich mal überraschen, John.«
Ich winkte nur ab und kümmerte mich wieder um Kenneth Kilmer, der jetzt seine Hände vor das Gesicht geschlagen hatte und in dieser Haltung so schrecklich verloren wirkte.
»Könnten Sie mir denn einige Fragen beantworten?«
Er ließ die Hände sinken. »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich weiß nicht mal, ob ich das alles wirklich erlebt habe oder nicht. Das ist wie ein böser Albtraum.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen. Auch mir ist es des Öfteren so ergangen.«
»Aber… aber nicht so. Verlassen Sie sich darauf.«
Ich ließ Ken Kilmer in dem Glauben und erklärte ihm zunächst, dass ich ihn nicht für einen Lügner hielt.
»Sagen Sie das nur so? Oder…?«
»Nein, ich glaube Ihnen.«
»Okay, danke. Ich kann Ihnen auch alles beschreiben, wenn Sie wollen, aber ich gehe nicht mehr dorthin.«
»Das müssen Sie auch nicht. Mir geht es um etwas ganz anderes. Sie haben von dieser wunderschönen Frau gesprochen, deren Name Serena war. Ich möchte Sie bitten, mir diese Person genau zu beschreiben, falls Sie dazu in der Lage sind.«
»Klar. Wie könnte ich Sie vergessen.«
Dass sie eine Vampirin war, das wusste ich bereits. Ich hatte auch einen bestimmten Verdacht, auf den ich aber nicht näher einging, weil ich wollte, dass er sprach.
Dass er von dieser Person noch immer beeindruckt war, entnahm ich seinen Worten. Sehr genau hörte ich hin und erkannte bald, dass er dieselbe Person gesehen hatte, die in meiner Wohnung gewesen war.
Er war von ihr sehr beeindruckt, sonst hätte er nicht jede Einzelheit an ihr beschreiben können.
»Erst später habe ich gesehen, was mit ihrem Mund los war. Das eingetrocknete Blut an den Lippen und dann die beiden Zähne, die sie zeigte, als sie den Mund öffnete.« Es war zu sehen, dass er eine Gänsehaut bekam. »Die waren echt, Mr. Sinclair, verdammt echt!«
»Klar, Kim, das gibt es.«
Es war wohl nicht die Antwort, die er erwartet hatte, denn er flüsterte: »Sie glauben mir?«
Ich musste lachen. »Warum denn
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