139 - Rätsel-Tempel des Dschinn
zusammengesetzten Scherben bestanden. Einige dieser
»Sammelobjekte« mußten uralt sein. Sie waren zum Teil farbig bemalt, teilweise
unglasiert und roh und sahen aus wie erdbraune Pötte, die jemand aus dem Boden
geformt hatte, der überall ringsum zu sehen war, so weit das Auge reichte.
Chachmah lief über den steilen Pfad nach
unten.
In der Hütte gab es drei kleine Fenster.
Eines an der Seite, zwei vorn neben der Tür. Auf der Rückseite war die Hauswand
geschlossen und wurde praktisch durch die steil aufragende Bodenwelle gebildet.
Wie angeklebt stand das kleine, windschiefe
Haus davor, in dem Abdul Assard wie ein Einsiedler und Sonderling lebte.
Aber der Mann schien nicht zu Hause zu sein.
Achmed Chachmah gab sich keine besondere
Mühe, unbedingt leise an die primitive Behausung heranzupirschen.
Seine Schritte knirschten auf dem harten
Lehmboden, und Chachmah räusperte sich einige Male laut, in der Erwartung, daß
dann der Bewohner aus seiner Behausung gelockt würde.
Das war aber nicht der Fall.
Alles blieb still.
Chachmah rief einige Male »Hallo !« und bückte sich danach zu den kleinen, niedrig
angebrachten Fenstern hinab, um einen Blick in das Innere der Hütte zu werfen.
Aber das ging nicht.
Die Fenster waren von innen mit dunklen
Tüchern verhangen, und in den Scheiben spiegelten sich der blaue Morgenhimmel
und die krummen Bäume, die vor der Hütte standen.
»Abdul Assard ?« rief
Chachmah laut und klopfte an die Fenster, dann an die Tür.
Die wich leise quietschend zurück, sie war
nicht eingeklinkt.
Handbreit war der Spalt, der dabei entstand
und durch den Chachmah einen ersten Blick ins dunkle Hausinnere warf.
Es roch modrig, muffig und süßlich.
Verwesungsgeruch ..., erkannte der Araber
sofort.
Er stieß die Tür vollends auf, so daß sie
ächzend bis zum Anschlag fiel.
Ein kleiner Vorraum lag vor dem Araber. Eine
Tür mündete von links. Direkt vor ihm gab es noch einen Eingang, der durch
einen bunten fadenscheinigen Vorhang verdeckt wurde.
Der Vorraum war mehr eine Vorratskammer, die
eine Art Fortsetzung des Schuppens darstellte.
An beiden Stellwänden befanden sich schmale
Regale, die vom Boden bis zur Decke reichten. In ihnen drängten sich Krüge,
Tonvasen und Flaschen.
Kopfschüttelnd stand Chachmah einige Sekunden
auf der Schwelle und fragte sich, ob dem Antiquitätenhändler Manod aus Vasfahan
bekannt war, daß Abdul Assard nicht alles, was er im Auftrag seines Herrn an
Antiquitäten in alten Häusern aufstöberte, auch abgeliefert hatte.
Antike Krüge und Vasen gehörten auch in
Manods Verkaufsprogramm.
Achmed Chachmah hob erstaunt die schwarzen,
dichten Augenbrauen. »Wenn es um Gefäße ging, scheint bei Assard etwas
ausgehakt zu haben. Er hat sich ja förmlich damit zugebaut... Sieht fast so
aus, als hätte hier jemand eine Doppelexistenz geführt .«
Schon was er hier sah, paßte nicht recht zu
der Charakterbeschreibung, die Akbar Manod von seinem Mitarbeiter gegeben
hatte. Aufrichtig, ehrlich, bescheiden ... bis auf den Wunsch, irgendwann mal
durch einen Dschinn zu Reichtum und damit zu Macht und Ansehen zu gelangen. In
jedem Krug, jeder Vase, jeder Flasche hatte er nach einem solchen Dschinn
gesucht, in der Hoffnung, daß sich bei ihm ein Märchen erfüllte.
Was für viele Märchen und Legenden waren -
für Abdul Assard war es ein Teil der Wirklichkeit gewesen. Und nicht zu
unrecht, wie es schien.
Chachmah empfing keinerlei Eindrücke, die auf
ein vernunftbegabtes Lebewesen in seiner unmittelbaren Umgebung hätten
schließen lassen.
Ganz ohne Leben war die Hütte allerdings
nicht.
Flinke Schatten huschten hinter dem Vorhang
hin und her, und er hörte das leise Trippeln kleiner Füße.
Ratten...
Die Nager waren bestimmt nicht umsonst da.
Nur dort, wo etwas zu holen war, hielten sie sich auf.
Mit scharfem Ruck schob Chachmah den Vorhang
zurück.
Einige Ratten - groß wie Kaninchen - sprangen
zur Seite, als plötzlich helles Sonnenlicht durch die weit geöffnete Haustür
fiel und damit auch in den Raum, der hinter dem Vorhang lag.
Der war durchsetzt von Mottenlöchern und
wurde nur noch vom Dreck zusammengehalten.
Aber das nahm Chachmah nur am Rande wahr.
Das andere, was er sah, war viel aufregender
und entsetzlicher.
Dem Eingang genau gegenüber stand ein
kleiner, eckiger Tisch. Drei unterschiedliche Holzstühle standen daran. Auf dem
linken saß ein Mann, mit dem Oberkörper vornübergebeugt auf dem Tisch liegend.
Ein Arm lag noch auf der
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