139 - Rätsel-Tempel des Dschinn
das er weder
mit seinem Willen noch mit seiner Muskelkraft etwas ausrichten konnte. Es war
auch viel zu schnell, um einfach wegzutauchen und den Auslöser der Gefahr noch
anzugreifen.
Er hatte plötzlich das Gefühl, mit einer
Droge vollgepumpt zu werden. Und die Wirkung trat augenblicklich ein.
Er war im nächsten Moment nicht mehr der
Mann, der er noch eben gewesen war. Sein ganzes Denken und Fühlen wurde
umgekrempelt.
Sein Geist und sein Wille gehörten ihm nicht
mehr.
Er war zur Behausung eines Geistes geworden,
eines dämonischen Wesens, das sich seines Körpers bediente.
Er konnte nicht dagegen ankämpfen, denn sein
eigenes Ich war entsetzlich träge und müde und in die hinterste Ecke seines
Bewußtseins gedrängt.
Sein Gesicht zeigte einen schläfrigen,
abwesenden Ausdruck.
Seine Augen nahmen einen kalten, mordgierigen
Glanz an, und Achmed Chachmah setzte sich in Bewegung. Er lief wie ein
Schlafwandler.
Er ging an der Gestalt vorbei, aus deren
Fingerspitzen der magische Nebel gekommen war.
Um Abdul Assards Lippen spielte ein
teuflisches Grinsen. Es schien, als schwankte seine hagere Gestalt ein wenig,
als Achmed Chachmah auf gleicher Höhe mit ihm war.
Die Luftbewegung war es, die Abdul Assard
leicht schwanken ließ, und es war zu erkennen, daß sein Körper keine feste
Materie war, sondern ein ätherischer Leib, wie ein Geistwesen ihn besitzt.
Doch Achmed Chachmah interessierte sich nicht
dafür, mehr über den anderen zu erfahren.
Das Fremde, Körperlose, das von ihm Besitz
ergriffen hatte, trieb ihn an und bestimmte alle seine Handlungen und
Überlegungen.
Das andere, Namenlose, das nun durch ihn
einen Körper hatte, war des halb in der Lage, jene Dinge zu tun, zu denen es
vorher nicht imstande war.
Ein Dschinn braucht einen Körper, um aktiv zu
werden.
Achmed Chachmah verließ die Hütte. Er ließ
die Tür sperrangelweit hinter sich offen, lief den Fußpfad hoch und setzte sich
ans Lenkrad seines staubigen Autos.
Er startete den Wagen, wendete und fuhr den
holprigen, mit Schlaglöchern übersäten Weg zurück, den er gekommen war.
Er fuhr jedoch nicht mehr nach Vasfahan.
Sein Ziel war Bagdad.
Dort wollte er jemand treffen
...
*
Obwohl ihm am Abend so sehr zugesetzt worden
war, fand Larry Brent alias X-RAY-3 in dieser Nacht keine Ruhe.
Schlaflos wälzte er sich von einer Seite auf
die andere und warf zwischendurch immer wieder einen Blick auf das
Leuchtzifferblatt seiner Uhr.
Das war stündlich der Fall, und die Nacht
wollte nicht vergehen.
Er war um drei Uhr wach, er war es um vier.
Im Morgengrauen fiel er in einen unruhigen
Schlaf, in den ihn verworrene Gedanken und die Schmerzen verfolgten, die er bei
seinem Fahrstuhl-Abenteuer davongetragen hatte.
Um sieben Uhr morgens war er wieder hellwach,
obwohl sein Körper den Schlaf dringend gebraucht hätte.
Er konnte nicht mehr liegen. Es trieb ihn
förmlich aus dem Bett, und der Gedanke, daß heute ein besonderer Tag war,
erfüllte ihn mit solcher Macht, wie er das lange nicht gefühlt hatte.
Es lag etwas in der Luft...
Nach erfrischender Dusche fühlte er sich
körperlich besser. Aber die Unruhe war nicht kleiner, sondern eher größer
geworden.
Morna...
Er mußte unablässig an sie denken.
Wo war sie wohl? Wie ging es ihr? Lebte sie
überhaupt noch? Die Ungewißheit zerrte an seinen Nerven, und am liebsten hätte
er sofort Kontakt mit der PSA-Zentrale aufgenommen, um dort nach Neuigkeiten zu
fragen.
Aber das wäre unsinnig gewesen. X-RAY-1 hätte
ihn sofort informiert, wenn Informationen in der Zwischenzeit eingegangen
wären.
Er frühstückte am Morgen nicht in seiner
Wohnung, wie er es tat, wenn er sich in New York aufhielt.
Er verließ sein Apartment. Automatisch
näherte er sich dem Fahrstuhl, den er stets zu benutzen pflegte.
An der Tür hing ein Schild. »Außer Betrieb«.
Und er wurde wieder an sein nächtliches Abenteuer erinnert.
Nachdenklich ging er zu dem anderen Lift,
zwei Schritte davon entfernt. Der war nicht außer Betrieb und funktionierte. Am
Aufleuchten der Etagen- Nummern erkannte er, daß im Moment jemand zwei
Stockwerke über ihm kam.
Er drückte den Knopf und trat zurück.
Wenige Sekunden später hielt der Lift, und
die Tür wich zurück. In der Kabine standen zwei jungen Frauen. Eine hübscher
als die andere.
Sie lachten ihn an. Das waren Mary und Francis.
Sie lebten in einem Apartment zwei Etagen höher und teilten sich die Miete und
die Kosten für den Lebensunterhalt.
Einen Moment
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