1390 - Blut-Banditen
Geräusche erreichten ihre Ohren überlaut.
Das Stöhnen, das zufrieden klingende Schmatzen. Sogar den süßlichen Geruch des Blutes glaubte sie zu riechen. Ansonsten war da nichts mehr, denn ihr schwanden die Sinne.
Und trotzdem – es war ein wunderbares Gefühl. Sie trieb weg. Sie schwamm hinein in ein Dunkel, das nicht zum Jenseits gehörte, sondern zu irgendeiner Zwischenwelt, die zu beschreiben nicht möglich war.
Die letzten Zuckungen erschlafften, und die Frau blieb liegen wie eine Tote.
Der Unhold, der sie ausgesaugt hatte, war zufrieden. Er trank weiter und erlebte wieder einmal die Süße des menschlichen Bluts, das ihm so viel Kraft spendete…
***
Jossip hatte es ebenfalls nicht auf seinem Platz gehalten. Er war aufgesprungen. Er kannte sich selbst nicht mehr wieder. Er war entsetzt, fasziniert und abgestoßen zugleich.
Das Verhalten war beinahe mit dem seines Bruders zu vergleichen, der auf dem Stuhl saß und vor sich hinstarrte. Er hatte sich zwar gedreht, doch er schien nicht zur Kenntnis zu nehmen, was sich da in seiner Nähe abspielte.
Etwas Ähnliches geschah auch mit Jossip. Zwar hielt er seine Armeepistole durchgeladen in der rechten Hand, aber er wusste nicht, ob er schießen sollte oder nicht. Es hatte sich vieles geändert, aber eine klare Sicht der Dinge erhielt er nicht. Er glotzte nach vorn, und seine Lippen zitterten dabei. Er sprach vor sich hin, ohne selbst etwas zu verstehen, und es dauerte eine Weile, bis er begriffen hatte, dass der Schatten nicht mehr unter der Decke schwebte, sondern von ihr herabgefallen war und sich dabei in einen Menschen verwandelt hatte.
Es war still geworden, bis auf einige Geräusche, die aus dem Schattenreich zu ihm drangen. Das Schmatzen war nicht zu überhören. Ebenso wenig wie das leise Stöhnen und die schlürfenden Geräusche.
Da saugte jemand.
Ein Mensch, der kein Mensch war, sondern tatsächlich ein Monster, auf das der Name Vampir perfekt passte.
In dieser Sekunde schrillte es in seinem Kopf, als hätte jemand eine Alarmglocke in Gang gesetzt. Es war für ihn furchtbar, denn alles, was er bisher nur gehört oder auch gelesen hatte, erfüllte sich auf schlimme Art und Weise.
Hier war ein Mensch von einem Blutsauger angegriffen worden.
Und diese Bestie hing nun am Hals der Person, um sie bis auf den letzten Tropfen leer zu saugen.
Ein Schrei!
Nein, mehr ein Röhren und Brüllen erschütterte die alte Fabrikhalle. Jossip kam erst nach einigen Sekunden richtig dahinter, dass er diesen Schrei ausgestoßen hatte. Er war einfach aus ihm herausgeplatzt, und in diesem Schrei lag all das Grauen, das er spürte.
Der Schrei war für ihn zugleich so etwas wie ein Startsignal. Aber er rannte nicht auf die beiden zu, sondern ging recht langsam, denn er holte noch die Taschenlampe aus seiner Jackentasche. Hand und Lampe zitterten, als das Licht eine helle Bahn in die Dunkelheit bohrte und das von ihm gewünschte Ziel traf.
Der Kegel fand sich dort wieder, wo es aussah, als wären die beiden Köpfe miteinander verbunden. Eigentlich sah er mehr den der Frau. Der des Vampirs war an deren linker Seite abgetaucht.
Er lief hin.
Jeder Schritt kostete ihn Überwindung. Die Waffe behielt er in der rechten Hand. Seine Gedanken holperten. Er konnte sich das Grauen noch immer nicht vorstellen und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.
Viel zu schnell stand er neben den beiden.
Bevor er sich auf ein Ziel einrichten konnte, fuhr der Kopf des Blutsaugers in die Höhe und mit dem Gesicht genau in den Strahl hinein, sodass Jossip alles überdeutlich sah.
Es war verrückt. Ein von Blut umschmiertes Maul starrte ihn an.
Augen, die weit offen standen und sich verdreht hatten. Und er sah den gierigen Glanz in den Augen des Anderen, der ihn fast abstieß.
»Neinnn!«, brüllte er. Seine Hand mit der Pistole fuhr nach unten.
Er zielte auf den Kopf des Vampirs und erhielt einen Schlag gegen den Arm, der ihm die Waffe aus der Hand prellte.
Zugleich schnellte der dunkle Körper in die Höhe, und ihm flog der Arm mit der ausgestreckten Krallenhand entgegen. Brutale Finger erwischten sein Gesicht. Sie hakten sich in der Haut regelrecht fest und rissen daran. Zum Glück konnte er noch nach hinten ausweichen, so wurde die Haut nicht vom Gesicht abgerissen, sondern nur eingeritzt, was trotzdem verdammt schmerzte. Es floss auch Blut, und Jossip taumelte nach hinten.
Der Vampir aber wandte sich wieder seinem Opfer zu. Noch immer war er nicht satt.
Jossip war bis
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