1392 - Der Verfolger
eine dicke Schlange.
Sie schoss nach vorn und klatschte gegen die Scheibe. Sogar recht heftig, denn das Glas zitterte, aber es erhielt keine Risse und brach auch nicht ein.
Meine Hand war automatisch zur Beretta gezuckt. Ich lief noch einen Schritte auf die Scheibe zu und hielt die Pistole bereits in Zielrichtung. Bevor ich den Kopf jedoch treffen konnte, musste ich die Scheibe zerschießen. Das Ziel war wegen seiner Größe eigentlich nicht zu verfehlen, aber dann zuckte das Mordphantom weg nach oben.
Leer und völlig normal lag die Scheibe wieder vor mir. Nur wo sie von der Zunge getroffen worden war, malte sich ein feuchter Fleck ab, als hätte jemand dagegen gespuckt.
Natürlich dachte ich an eine Verfolgung und wollte das Fenster aufreißen, doch Ellens Stimme hielt mich zurück.
»Das war er!«, schrie sie. »Das war der Stalker. Meine Güte, er ist hier. Er kontrolliert mich weiterhin. Verflucht noch mal, ich bin jetzt schon tot!«
»Nein, das sind Sie nicht!«, fuhr ich sie an. »Bleiben Sie um Himmels willen hier! Keine Panik, bitte!«
Sie hörte auf mich. Kein Schrei mehr, auch keine Worte, die panikartig ausgestoßen wurden.
Natürlich war es ein Risiko, wenn ich das Fenster öffnete. Auf so etwas wartete einer wie dieser Stalker nur. Er war schnell und konnte blitzartig zuschlagen.
Ich blieb vor dem Fenster stehen und verrenkte dabei meine Glieder, um in die verschiedenen Richtungen und auch in die Höhe zu schauen. Ich wollte herausfinden, ob der Stalker sich noch irgendwo in der Nähe an der Hauswand festhielt.
Es schien nicht der Fall zu sein, aber sicher war ich nicht. Deshalb blieb ich vorsichtig, als ich den Griff umfasste, um das Fenster zu öffnen.
»Man kann ihn nicht herumdrehen«, erklärte mir Ellen Gabor.
»Der Griff ist abgeschlossen.«
Leider stimmte es. So sehr ich mich auch anstrengte, er bewegte sich weder in die eine, noch in die andere Richtung, und beim zweiten Fenster erlebte ich dies ebenso.
»Okay, Ellen, dann gehen wir eben durch die Tür und…«
»Nein, John!«
Ihre Stimme hatte so schrill geklungen, dass ich misstrauisch wurde und sie anschaute.
»Ich habe es glatt vergessen«, sagte sie. »Ich hätte es Ihnen vorhin schon gesagt, aber ich habe einfach nicht mehr daran gedacht.« Sie stand traurig auf dem Fleck und hatte die Schultern angehoben.
»Die Tür lässt sich auch nur von außen öffnen.«
»Bitte?«
»Es ist leider so.«
Im letzten Moment verschluckte ich das böse F-Wort, der mir schon auf der Zunge gelegen hatte. Ich sah keinen Grund, Ellen nicht zu glauben. In einer derartigen Klinik war so etwas sogar fast die Norm.
Wir hingen fest, und ich merkte, dass mein Herz schneller klopfte, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Trotzdem ging ich bis zur Scheibe vor und klopfte dagegen.
Klar, das war kein normales Glas. Mein Klopfen verursachte ein trockenes Pochen ohne irgendeinen Hall. Die Scheibe war zwar nicht aus Panzerglas, aber viel weniger Widerstand und Dicke zeigte sie auch nicht.
»Was jetzt, John?«, fragte Ellen mit zittriger Stimme.
Meine Antwort war ehrlich. »Es tut mir Leid, aber ich habe keine Ahnung.«
»Sind wir gefangen?«
»Es sieht ganz danach aus.« Mehr sagte ich nicht. Dafür ging ich zur Tür, an der es eine Klinke gab. Ich probierte sie. Da war wirklich nichts zu machen. Die Klinke ließ sich leicht bewegen und fiel immer wieder zurück ins Leere.
Wir hatten verdammt schlechte Karten. Das gestand ich mir ein.
Es war zudem schlimm für mich, die hoffnungslosen Blicke zu sehen, die mir Ellen zuwarf.
»Wissen Sie denn keine Lösung?«
»Im Moment nicht.«
»Dann werden wir beide getötet!«
Ich winkte ab. »Nein, das glaube ich nicht, Ellen. Wenn jemand umgebracht werden soll, dann bin ich es. Sie braucht der Stalker, denn ich denke, dass er noch etwas mit Ihnen vorhat.«
»Was könnte das sein?«
»Ich habe leider keine Ahnung, wie seine Pläne aussehen. Ich stehe hier wirklich vor einem Rätsel. Das Motiv ist einzig und allein bei Ihnen zu suchen, Ellen. Er hat es auf Sie abgesehen, aber über die Gründe kann ich Ihnen leider nicht sagen, die müssten Sie selbst kennen.«
»Aber das ist ja das Problem, John. Ich kenne sie nicht. Ich weiß nicht, warum diese unbekannte Gestalt so verbissen hinter mir her ist.«
So wollte ich das nicht hinnehmen und sagte: »Denken Sie mal an Ihren Beruf. Sie sind Schauspielerin.«
»Na und?«
»Sie stehen in der Öffentlichkeit.«
»Nein.« Ellen ballte beide Hände zu
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