1395 - Das Vermächtnis des Vaters
mehr an der katholischen Kirche hängen, und in diese Richtung würde ich meine Fühler ausstrecken.
Verfolgt worden waren wir nicht, und so hielt ich vor der Polizeistation an. Hinter den Fenstern brannte Licht, und auf der Innenbank standen Kerzen, umgeben von einem Tannengrün. Ich ging davon aus, dass Kathy O’Connor für den weihnachtlichen Schmuck gesorgt hatte.
Angemeldet hatten wir uns nicht. Um so größer würde die Überraschung sein, wenn der Konstabler uns sah. Durch das Fenster sah ich ihn. Er saß an seinem Schreibtisch und schaute gegen den Bildschirm seines Computers. Auch in Lauder hatte die Technik Einzug gehalten, denn die Polizeistationen waren allesamt miteinander vernetzt.
Als wir die Station betraten, fielen wir zunächst nicht auf. O’Connor, der Mann mit den roten Haaren und den Sommersprossen im Gesicht, war einfach zu sehr in seine Arbeit vertieft.
Bis ich mich räusperte.
Er drehte sich um – und bekam den Mund nicht mehr zu. Er strich sich über die Augen, er wollte etwas sagen, was er nicht schaffte, dafür holte er Luft, und schließlich fragte er: »Sollte ich jetzt auch an Geister glauben, John?«
»Besser nicht.«
»Dann sind Sie es wirklich?«
»Wie sagt man? In Lebensgröße.«
»Verdammt, das ist ein Hammer!«
Er sprang auf, lachte und schüttelte zugleich den Kopf. Danach begrüßten wir uns, und ich stellte ihm Jane Collins vor.
Duncan schaute die Detektivin an und meinte: »Ihren Namen habe ich schon mal gehört.«
»Hoffentlich in keinem negativen Zusammenhang.«
»Nein, natürlich nicht.« O’Connor war noch immer aufgeregt und holte zwei Stühle heran, damit wir uns setzen konnten. Den frisch zubereiteten Tee lehnten wir nicht ab und streckten die Beine aus, weil wir uns hier einfach wohlfühlten.
O’Connor erzählte uns, dass er allein war. Seine Frau Kathy war zum Einkaufen irgendwohin gefahren. Sie würde erst am späten Abend wieder zurück sein.
»Sind Sie zufällig vorbeigekommen oder gab es für Sie einen bestimmten Grund?«
»Eher zufällig.«
»Ihr Erscheinen hat also nichts mit der Zombie-Familie zu tun, zu der Ihr Vater ja eine besondere Beziehung hatte.«
»Nein, das nicht. Außerdem ist mein alter Herr tot, ebenso wie meine Mutter.«
»Verstehe, dann waren Sie auf dem Friedhof.«
»Auch.«
»Ist das Grab Ihrer Eltern in Ordnung?«
»Ich kann mich nicht beschweren.« Ich deutete auf die Teetasse.
»Ebenso wie darüber.«
»Ich versuche, mein Bestes zu geben.«
»Das schmeckt man.«
»Nun ja«, sagte er und schaute dabei Jane als auch mich an. »Ich habe mir das Teekochen als Hobby angewöhnt.« Er lächelte. »Aber das nur nebenbei. Hier ist es zum Glück ruhig geblieben. Nach dem Erscheinen der Zombie-Familie hat sich nichts weiter getan.«
»Das freut mich. Trotzdem möchte ich Sie etwas fragen, Duncan, wenn Sie gestatten.«
»Bitte, John, ich höre.«
»Sie sprachen von einer ruhigen Zeit hier in Lauder. Es freut mich immer, dies zu hören, aber ich muss trotzdem noch mal nachhaken. Ist Ihnen vielleicht ein Fremder aufgefallen, der Lauder besucht hat? Ist Ihnen jemand aufgefallen, der Ihnen irgendwie verdächtig erschien?«
Der Konstabler schluckte und verzog die Lippen. »Oh, da fragen Sie mich was.«
»Es muss sein.«
»Nein«, erklärte er nach einer Weile des Nachdenkens, »mir ist niemand aufgefallen, da können Sie mir vertrauen.«
Ich nickte. »Eine Meldung haben Sie nicht erhalten?«
»Leider nein.« Jetzt hatte ich seine Neugierde geweckt. »Gibt es denn einen besonderen Grund für Ihre Frage?«
Ich wiegte den Kopf. »Eigentlich nicht. Aber wir hatten den Eindruck, von einer unbekannten Person verfolgt zu werden. Eben einem Fremden, und es könnte sein, dass er sich hier aufgehalten hat. Wie gesagt, das muss nicht der Fall sein. Wir wollten nur auf Nummer Sicher gehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Tut mir wirklich Leid, aber da kann ich Ihnen nicht helfen.«
»Und an der Ruine?«, fragte Jane. »Hat es dort etwas Ungewöhnliches gegeben?«
Duncan O’Connor blies die Wangen auf. »Wenn ich das wüsste, Miss Collins. Mir ist zumindest nichts bekannt, da bin ich ehrlich. Ich habe weder etwas gehört noch gesehen.«
»Gut, dann haben wir uns wohl geirrt.«
O’Connor legte den Kopf schief. »Meinen Sie das wirklich? Haben Sie sich geirrt?«
Ich lächelte. »Es kann sein.«
Er war zwar ein noch junger Mann, aber schon recht schlau. »Na, so grundlos fragen Sie bestimmt nicht. Was, bitte, ist denn
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