1395 - Das Vermächtnis des Vaters
dachte daran, dass dies die andere Seite wohl merken würde.
Auch die Männer, die beide graue Kurzmäntel trugen, redeten nicht. Sie saßen da wie Puppen, doch von dieser Ruhe ließ sich Jane Collins nicht täuschen. Diese Personen strahlten eine Gefahr aus, die nicht unterschätzt werden durfte.
Sehr überrascht war sie nicht von diesem ›Überfall‹. Sie hatte von der Gegenseite gewusst und auch damit gerechnet, dass diese eingreifen würde. Und die Männer würden auch nicht so lange still bleiben, das stand für sie fest. Sie warteten noch auf John Sinclair.
John würde mit dem Kaffee kommen. Er würde ahnungslos sein, aber das sollte nach Janes Willen nicht so bleiben. Aus dem Abteil würde sie bestimmt nicht herauskommen, deshalb musste sie auf eine andere Art und Weise versuchen, mit John Kontakt aufzunehmen. Das Handy befand sich in ihrer rechten aufgesetzten Tasche des Pullovers. Sie schob ihre Hand hinein und ließ den rechten Zeigefinger über die kleinen Wülste der Tastatur gleiten. Sie kannte die Nummer des Geisterjägers auswendig, und jetzt würde sie wählen müssen, ohne dass sie die einzelnen Zahlen sah. Hoffentlich war das möglich.
In drei Reihen gab es jeweils drei Zahlen. Bis auf die Null, die befand sich in der vierten darunter.
Sie drückte die erste Zahl. Es war die Null. Vorsichtig ließ sie den Finger zur zweiten Zahl hochgleiten. Erste Reihe ganz links, dort befand sich die Eins.
Auch das schaffte sie.
Dann die nächste.
Eine Sechs.
Es klappte ebenfalls!
Jane hatte schon überlegt, wie sie reagieren würde, wenn sich John meldete. Sie würde die beiden Männer einfach ansprechen und ihren Freund so mit Informationen versorgen.
Die Zahl nach der sechs war eine acht. Auch die konnte Jane drücken, ohne dass die beiden Typen etwas bemerkten und sie an ihrem Tun hinderten.
Sie machte weiter – und hörte den Mann neben sich plötzlich sprechen.
»Lass es sein!«
Jane zuckte leicht zusammen. »Ähm – was bitte soll ich sein lassen?«
»Nimm die Hand aus der Tasche!«
»Warum? Ich…«
Der Mann neben ihr handelte jetzt, und das auf eine raue Art und Weise. Sein Arm schnellte zur Seite, und seine Hand wurde zu einer Pranke, die sich blitzschnell und hart um Janes Kehle legte. Gleichzeitig drückte er sich zur Seite, und sie sah sie sein Gesicht dicht vor dem ihrem.
»Hast du nicht gehört? Lass es sein!«
»Okay«, krächzte Jane, »okay.« Erst als sie Hand aus der Tasche gezogen hatte, ließ man sie los.
Der Mann gegenüber schnappte sich ihre Handtasche. Er sagte kein Wort, als er sie durchwühlte, bevor er sie dann wieder zuklappte, weil er nicht das entdeckt hatte, wonach er gesucht hatte.
Dafür nickte er seinem Kumpan zu, und der fragte: »Wo hast du deine Pistole?«
Jane versuchte, ein ungläubiges Gesicht zu machen. »Wieso Pistole?«, fragte sie.
»Die will uns verarschen, Jorge!«
Der Typ gegenüber grinste. »Scheint mir auch so. Aber das lassen wir uns nicht gefallen.«
»Genau!«
Wieder der Griff. Diesmal härter als beim ersten Mal. Jane bekam keine Luft mehr. Sie wurde zur Seite gezogen und fiel den Beinen des Mannes entgegen.
Für Jane war es eine entwürdigende Haltung, doch sie konnte nichts dagegen tun. Die Pranke umschlpss ihren Hals, und die andere Hand wanderte zuckend über Janes Körper, bis sie eine bestimmte Stelle erreicht hatte und damit auch die Waffe.
»Da ist sie ja.«
Jane konnte nichts sagen. Der Mann, der Jorge hieß, lockerte den Griff, sodass sie sich wieder aufrecht hinsetzen konnte, diesmal mit hochrotem Kopf.
»Willst du die Waffe haben, Abel?«
»Nein, behalte sie.«
»Danke.« Jorge steckte die Beretta ein. Er schüttelte den Kopf und schaute Jane Collins von der Seite her an. »Du hast doch nicht geglaubt, dass du uns entkommen kannst – oder?«
»Was wollen Sie?«
»Das, Jane, wirst du noch früh genug erfahren«, sagte Abel. »Es gibt Dinge, die müssen langsam wachsen und reifen. Man soll da nichts überstürzen.«
Die Männer ließen es zu, dass Jane sich wieder normal hinsetzte, aber sie wurde auch nicht aus den Augen gelassen. Abel, der Mann ihr gegenüber, fixierte sie mit seinen kalten Blicken. Jane fragte sich, wer von ihnen wohl am Wagen gewesen war und sie außer Gefecht gesetzt hatte. Sie traute es beiden zu. Diese Männer waren zwar Menschen, aber sie wirkten in ihrem gesamten Gehabe wie Marionetten, die bestimmten Befehlen gehorchten.
Jane presste ihre Lippen hart zusammen und atmete nur mehr
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