1397 - Der Vampir und die Wölfe
Sicher gehen und nahm sich vor, das Haus in einer bestimmten Entfernung zu umrunden. Und er würde verdammt auf der Hut sein.
Die Kälte erstickte jeden fremden Laut. So hörte er sich nur selbst, und er hielt sich bei seiner Umrundung stets im Schatten der Hauswand.
Die Stille und die Kälte kamen ihm lähmend vor. Marek hatte das Gefühl, einzufrieren, weil er sich so langsam bewegte. Alles, was er tat, wirkte wie auf Abruf. Er bewegte zudem seinen Kopf, um die nahe Umgebung mit seinen Blicken abzutasten, doch auch hier hatte der Winter die Natur erstarren lassen. Kein Wolf schlich in seiner Sichtweite durch die Nacht oder kratzte mit seinen Pfoten über den frostharten Boden.
Er ging weiter. Die schmale Seite des Hauses hatte er bereits erreicht. Ein schneller Blick um die Ecke.
Nichts…
Marek drehte sich um die Ecke und konnte bereits seinen VW sehen, der im schrägen Winkel zum Haus stand. Auch dort wartete niemand auf ihn.
Er ging jetzt schneller, bis er die Ecke zur Vorderseite erreicht hatte, schaute nach links und hätte jetzt eigentlich den Wolf vor dem Haus sehen müssen, aber die Stelle war leer. Wie ein Spuk war der Wolf gekommen, und wie ein Spuk war er verschwunden.
Der Pfähler hätte aufatmen können. Er tat es nicht, weil er daran dachte, dass alles seinen Grund hatte. Er glaubte nicht daran, dass dieses Tier aus einer Laune heraus bei ihm vor dem Haus gehockt hatte. Da steckte etwas dahinter. Möglicherweise ein Plan, der nicht von dem Tier selbst stammte.
Natürlich kam ihm Dracula II in den Sinn. Inzwischen glaubte er immer stärker daran, dass sich der Supervampir nicht zurückgezogen hatte und ihn belauerte. Es wäre auch natürlich gewesen, denn einer wie Mallmann vergaß und verzieh nichts.
Der Pfähler überlegte, wie er sich verhalten sollte. Es konnte auch sein, dass sein Feind im Hintergrund verborgen lauerte und nur darauf wartete, dass Marek etwas tat.
Da vor dem Haus nichts mehr zu sehen war, wären viele Menschen sicherlich wieder ins Warme gegangen. Das wollte Marek nicht.
Der Wolf war nicht von ungefähr erschienen. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen, davon ging der Pfähler aus. Er war erschienen, um etwas zu beobachten, und möglicherweise war er jetzt dabei, seine Beobachtungen einem bestimmten Wesen mitzuteilen.
Mallmann?
Der verfluchte Name drängte sich immer in das Hirn des Pfählers.
Wenn er an den Vampir dachte, dann sah er einfach Rot. Er stand auf seiner Liste, und umgekehrt war es ebenso.
Lauern und warten. In der Kälte stehen und irgendwann zur Eissäule werden.
Dazu verspürte Marek absolut keine Lust. Nach einer Weile verließ er seinen Posten. Diesmal hielt er sich nicht dicht an der Hausmauer, sondern bewegte sich auf seinen VW zu. Von dieser Stelle aus hatte er ein besseres Sichtfeld und konnte auch in die Straße schauen, die nach Petrila führte. Allerdings musste er sich schon ein paar Schritte von seinem Fahrzeug entfernen, um die nötige Sicht zu bekommen.
In einer finsteren Nacht hätte er sicherlich nicht so weit schauen können. Aber der Schnee und das Mondlicht hatten das Dunkel heller gemacht, und so war sein Blick recht frei.
Die flache gerade Straße, die wie mit dem Lineal gezogen durch das Tal schnitt, war deutlich zu erkennen. Er schaute auch einige Meter hinein – und sah das, was er eigentlich nicht hatte sehen wollen, was ihn aber trotzdem nicht überraschte.
Der Wolf war nicht allein gekommen. Er hatte die übrigen Mitglieder seines Rudels mitgebracht.
Vier Tiere lauerten dort auf ihn. Und jedes hob sich wie ein lebendiger Schatten von dem helleren Schneeuntergrund ab.
Der Pfähler verzog die Lippen und presste einen scharfen Atemzug hervor. So war das also. Die Wölfe brauchten sich nicht zu bewegen. Er wusste genau, was sie vorhatten. Sie waren nicht gekommen, um ihn anzugreifen, sie wollten ihn einfach weglocken und ein verdammtes Spiel mit ihm in der letzten Nacht des alten Jahres treiben.
Marek überlegte, ob er darauf eingehen sollte. Von allein waren die Wölfe bestimmt nicht erschienen. Jemand musste hinter ihnen stehen und ihnen die entsprechenden Befehle gegeben haben, und das konnte nur einer sein.
»Ja, verdammt«, flüsterte Marek in die Kälte hinein. »Wölfe und Vampire, sie passen perfekt zusammen.« Dann nickte er. »Okay«, sprach er zu sich selbst, »ich werde euch den Gefallen erweisen. Mal schauen, was passiert.«
Der Wagenschlüssel steckt in seiner Jackentasche. Frantisek klaubte ihn hervor,
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