1397 - Der Vampir und die Wölfe
schaut in die Flammen. Noch einmal kehrten die Bilder zurück, als die Helfer des Vampirs hier erschienen waren und ihn hatten töten wollen. Er hatte es mit viel Glück und auch mit der Hilfe zweiter Hexen überstanden, aber darauf konnte er nicht sein ganzes restliches Leben bauen.
In wenigen Stunden war das alte Jahr vorbei. Das neue klopfte bereits an die Tür. Er fragte sich, was es für ihn bringen würde. In seinem Alter musste er immer mit dem Besuch des Sensenmannes rechnen, der ihn für immer von der Welt wegholen würde.
Es waren trübe Gedanken, die den Pfähler überfielen. Er wollte sie auch nicht weiter verfolgen, aber sie fuhren trotzdem in ihm hoch, auch als er sich an den Tisch setzte und von dort aus in die Flammen schaute.
Es war die Zeit zum Nachdenken. Für einen Rückblick, der nicht nur negativ war, denn Marek hatte schon Erfolge aufzuweisen. Die Vampire, die er mit seinem Pfahl vernichtet hatte, konnte er kaum zählen, und jetzt glitt sogar ein Lächeln über seine Lippen. Er lebte noch, auch wenn die Gegenseite alles versucht hatte, ihn ebenfalls zu vernichten oder ihn selbst zu einem Blutsauger zu machen, denn das wäre für seine Feinde wirklich das Größte gewesen.
Die Flammen tanzten hinter dem Glas. So gab der Kamin nur eine wohlige Wärme ab und keine Hitze.
Frantisek hatte sich eine Flasche Bier mit an den Tisch genommen.
Er würde sie langsam leeren. Seine Gedanken würden dabei in London sein, bei den Freunden. Er wusste nicht, wie sie den Jahreswechsel erlebten, aber er würde seinen Freund John Sinclair am Neujahr anrufen und ihn fragen. Er hatte im vergangenen Jahr einen großen Triumph erlebt, denn es war ihm gelungen, den Schwarzen Tod erneut zu vernichten, und diesmal für immer und alle Zeiten.
Fast wäre es Frantisek auch mit Dracula II gelungen. Leider hatte das Schicksal es anders gewollt.
Er öffnete den Hebelverschluss der Flasche und prostete sich selbst zu. Ein kurzes Lachen drang aus seinem Mund, bevor er die Flasche ansetzte und trank.
Hunger verspürte er keinen. Wenn der kommen sollte, würde er sich was aus dem Kühlschrank holen.
Er stellte die Flasche wieder ab und überlegte, ob er Musik hören oder die Glotze einschalten sollte. Die Glotze würde seine Laune auch nicht steigern.
Die kleine Schüssel auf dem Dach des Anbaus verband ihn zwar mit der großen weiten Welt, aber die schrecklichen Bilder aus Asien wollte er einfach nicht mehr sehen.
Er wollte auch spenden, wenn das neue Jahr begonnen hatte und…
Seine Überlegungen brachen ab. Seine entspannte Haltung verschwand, und er setzte sich wieder starr hin.
Etwas hatte ihn irritiert.
Es war nicht im Haus passiert. Da war kein Scheit mit einem Krachen zersprungen, nein, das Geräusch war vor dem Haus aufgeklungen, und durch scharfes Überlegen versuchte er, herauszufinden, was es wohl gewesen sein könnte.
Einige Sekunden blieb er in seiner lauernden und starren Haltung hocken. Es passierte weiter nichts, aber er war sicher, dass er sich nicht geirrt hatte.
Auf einmal war es wieder da.
Kurz nur, aber genau zu hören. Ein Jaulen, ein hoher Ton, der nicht von einem Menschen stammte.
Ein Tier?
Marek überlegte, während er zugleich aufstand und den kurzen Weg zum Fenster ging.
Er stellte sich dicht an die Scheibe, schaute hinaus und war enttäuscht, dass er nichts sah.
Marek blieb stehen. Er glaubte nicht an eine Täuschung. Mochte die Nacht auch noch so eisig kalt sein, es gab immer wieder Tiere, die unterwegs waren.
Seine Gedanken brachen ab, als er die Bewegung außerhalb des Lichtscheins entdeckte. Für einen Moment krampfte sich bei ihm alles zusammen.
Das war ein Wolf!
Marek atmete scharf durch. Ein Wolf also. Ein Tier, das normalerweise in den tiefen Wäldern zusammen mit anderen Artgenossen im Rudel lebte. Jetzt aber hatte es den schützenden Wald verlassen und war in die Nähe eines Menschen gelangt.
Warum?
Marek wusste auch hier die Lösung. Wenn die Wölfe in einem kalten Winter nichts mehr zu fressen fanden, dann trauten sie sich aus ihren Verstecken hervor und wagten sich bis in die Nähe der Menschen, um dort etwas Fressbares zu finden.
Aber der Winter war noch nicht lang. Eigentlich hatten die Wölfe noch genug, um sich zu ernähren, und deshalb keimte Misstrauen in Frantisek Marek auf. Der Gedanke, dass dieser Wolf kein normales Tier war, stieg sehr bald in ihm hoch.
Allerdings wollte er ihn nicht als Werwolf ansehen. Er suchte nach einer anderen Möglichkeit, und
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