1399 - Ich, der Henker
zweifelst?«
Ich winkte ab. Ich hätte sie ebenfalls liebend gern zur Hölle geschickt, aber da musste ich wohl eine andere Gelegenheit abwarten.
Sie breitete den Mantel so weit wie möglich aus. »Okay, und jetzt darfst du mich umarmen.«
So weit ging ich nicht. Ich blieb dicht vor ihr stehen und nahm sogar ihren Geruch auf, der in meine Nase strömte und für mich recht fremd war.
Dann sah ich ihre Augen. Klar und kalt wirkten sie. Leicht grünlich, aber auch mit einem gelben Schimmer versehen.
Das leise Lachen passte zu ihr. Sie hatte wieder mal gewonnen, aber ich hatte mich auch bewusst nicht richtig zur Wehr gesetzt. Ich wollte es jetzt durchziehen, wollte mit Mallmann abrechnen.
Dann schloss sie den Mantel – und…
***
Die Zeit war in meinem Kopf einfach ausgeschaltet.
Aber es gab mich noch. Und es gab mich plötzlich an einer anderen Stelle.
Die Augen hatte ich ebenso geschlossen wie Assunga ihren Mantel. Sie öffnete ihn, und ich öffnete die Augen.
So sah ich gerade noch, wie sich Assunga wieder in ihren Mantel hüllte – und verschwand!
Von einer Sekunde auf die andere war sie nicht mehr da!
Plötzlich stand ich allein in einer anderen Welt. Es gab keinen Schwindel, der mich quälte, und ich nahm die etwas kühlere Luft war und natürlich den dunklen Himmel, der aus zahlreichen Schatten zu bestehen schien, die wie ein Puzzle zusammengesetzt waren.
Helle Stellen gab es auch. Diese Welt, in der ich mich befand, war nicht nur finster, über ihr lag ein grauer Schimmer, sodass auch ich als normaler Mensch etwas sehen konnte.
Und was ich sah, kam mir bekannt vor. Ich war nicht zum ersten Mal in dieser Welt, und Assunga kannte sich ebenfalls aus. Sie hatte mich an einer bestimmten Stelle abgestellt, auf einer kleinen Anhöhe, die durch ein kleines Haus oder eine Hütte einen prägnanten Punkt bekommen hatte. In diesen vier Wänden hatte Will Mallmann seine Heimat. In diesem Haus würde ich auch den Spiegel finden, der zugleich ein Ausgang aus dieser Welt war und mich wieder in die normale Dimension bringen würde. Vorausgesetzt, es war alles beim Alten geblieben, aber davon ging ich aus.
Ich schaute mich um und versuchte jetzt, Veränderungen zu finden, nachdem der Schwarze Tod nicht mehr existierte und auch seine Helfer, die Skelette auf den Drachenvögeln, nicht mehr durch die Luft flogen.
Der Himmel war tatsächlich leer. Als hätte ein Sturmwind diese Monstren fortgeblasen. Ich wusste auch, dass ich nicht mehr mit ihnen zu rechnen brauchte. Das war abgehakt.
Die Hütte stand in meinem Rücken. Noch hatte ich mich nicht gedreht, sondern ließ meine Blicke so gut wie möglich durch diese finstere Welt schweifen, die Assunga und ihre Hexen übernehmen wollten.
Auf dem ersten Blick sah es nicht so aus, als hätte sich irgendetwas darin verändert. Sie war weiterhin so schrecklich kahl. Ich sah weder Sträucher noch Bäume, nur einfach dieses dunkle und an vielen Stellen auch poröse Gestein, das trotzdem eine gewisse Härte aufwies.
Mallmann hatte hier früher mal ein Lager gehabt. Unzählige Vampire hatten hier gehaust, und es waren von Mallmann Menschen in diese Welt verschleppt worden, damit sich die Wiedergänger von deren Blut ernähren konnten. Das alles gehörte der Vergangenheit an, denn der Schwarze Tod hatte die Blutsauger gejagt und sie radikal vernichtet, wenn er sie zu fassen bekam.
Und jetzt?
Ich fragte mich, wo die Hexen steckten. Auch die widerlichen Ghoulwürmer erschienen nicht. Sie sahen aus wie große schleimige Schlangen, und der Schwarze Tod hatte sie zu seinen Helfern gemacht.
Assunga hatte mich quasi meinem Schicksal überlassen, aber sie wusste verdammt genau, dass ich nicht untätig bleiben würde. Damit hatte sie auch Recht.
Was macht ein Mensch in der Fremde? Die Antwort lag auf der Hand. Der Mensch sucht sich einen Ort, den er kennt, und diesen Ort gab es auch hier. Ich musste mich nur einmal drehen, um einen Blick in die andere Richtung zu werfen.
Ich schaute auf die Hütte!
Sie hatte schon einige Angriffe überstanden. Besonders die Sense des Schwarzen Tods hatte bei ihr Spuren hinterlassen. Das betraf besonders das Dach, das einige Löcher zeigte und schief auf dem unteren Gestell hing.
Ungefähr dort, wo ich mich jetzt aufhielt, war auch der Schwarze Tod vernichtet worden. Die Goldene Pistole hatte es schließlich geschafft, dass es diesen mächtigen Dämon nicht mehr gab.
Aus der Hütte drang kein Laut. Trotzdem interessierte sie mich.
Ich ging auf
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