1399 - Ich, der Henker
Augen hatten sich zusammengezogen. Ich musste daran denken, welch einen Stress ich bereits mit ihm gehabt hatte.
Jahrelang hatte ich versucht, Mallmann zu vernichten, damit er das Blut der Menschen nicht mehr trank. Einst war er mein Freund gewesen, Kommissar beim BKA. Dann war er zum Vampir geworden, zu Dracula II. Er hatte meine Mutter entführt, um so den Blutstein von mir zu erpressen. Und erst vor kurzem hatte er versucht, Glenda Perkins zur Vampirin zu machen, doch Glenda hatte sich dank ihrer neuen Fähigkeiten im letzten Augenblick selbst retten können, indem sie sich wegbeamte . [3]
Aus dem ehemaligen Freund Will Mallmann war die Bestie Dracula II geworden, die kein Mitleid kannte und selbst kein Mitleid verdiente, das war mir schon klar.
Und nun bekam ich die Möglichkeit, ihn zu vernichten, aber im Innern breitete sich keine Freude aus. Ich spürte zunehmend meine Nervosität und bekam auch feuchte Hände, und ich dachte immer wieder daran, dass Mallmann einst mein Freund gewesen war. Mit ihm zusammen hatte ich damals im Spessart meinen ersten Kampf gegen den Schwarzen Tod geführt, ich war dabei gewesen, als seine junge Frau Karin Becker während der Hochzeitszeremonie vom Schwarzen Tod mit der Sense durchbohrt worden war, und Will Mallmann hatte auch an meiner Seite gestanden auf dem Friedhof am Ende der Welt, wo es zum vorerst letzten Dueil gegen den Schwarzen Tod gekommen war.
Dann kam es zur »Aktion D«, und die Vampirin Reva machte Mallmann zum Blutsauger. Er war zu einem meiner schlimmsten Feinde geworden – und nun hatte ich die Chance, meinen alten Freund Will Mallmann endgültig und für alle Zeiten von diesem Dasein zu erlösen!
Justine Cavallo merkte mir meinen Zustand an. »Es gefällt dir nicht, wie?«
»Ich bin nicht begeistert.«
»Nun, es ist deine Entscheidung, John. Du kannst sie annehmen oder nicht. Nimmst du sie nicht an, ist es auch mit dir und Jane vorbei. Wir wollen, dass du ihn tötest. Du brauchst nur in den Käfig zu gehen und es zu tun, sonst nichts.«
Ja, das war mir klar, aber ich wollte Zeit gewinnen und stellte eine weitere Frage. »Warum seid ihr so interessiert an Mallmanns Vernichtung?«
»Das ist einfach zu beantworten. Er ist nicht kooperativ, verstehst du? Er will seine verdammte Welt freiwillig nicht hergeben. So etwas kann sich Assunga nicht gefallen lassen. Er würde nie akzeptieren, dass sie über ihm steht. So muss man es sehen, John.«
»Und du? Was ist mit dir?«
»Ich werde meinen Weg gehen.«
»Auch hier?«
Justine lachte. »Das hättest du wohl gern. Aber ich kann dir sagen, dass es keine Feindschaft zwischen Assunga und mir gibt. Wir haben uns arrangiert. Sie hilft mir, ich helfe ihr.« Fast strahlend schaute sie mich an. »Ich das nicht praktisch?«
»Diese Praxis habe ich erlebt«, erklärte ich und schüttelte den Kopf. »Sie lag unter einem Auto und…«
Die blonde Bestie winkte ab. »Ich war hungrig, und Assunga hat sie mir überlassen, denn sie wollte sich von der Schattenhexe lösen. Sie war eine Verräterin, und sie sollte dafür büßen. Und ich wollte dich mit diesem Hinweis hierher locken, in die Vampirwelt. Niemand wird sie vermissen. Sie gehörte zu den Frauen, die schon vor Jahren abgetaucht sind. Sie ist Vergangenheit. Vergiss sie. Die Gegenwart sieht anders aus. Ich will, dass Mallmann endlich verschwindet.« Sie schaute kurz zu ihm hin. »Er wollte, dass ich wieder zu ihm zurückkehre. In Rumänien muss er wohl einen Schock bekommen haben, als es deinem Freund Marek fast gelang, ihn zu vernichten. Er hat seine Wunde lange geleckt, und nun ist sie verheilt. Er wollte wieder von vorn beginnen und mich ins Boot holen. Als er mich anrief, da habe ich gemerkt, dass er schwach ist, und mit schwachen Partnern umgebe ich mich nicht. Also habe ich einen anderen Plan gefasst, gemeinsam mit Assunga, und wir haben dich in das Zentrum gestellt. So wirst du sein Henker sein.«
Ich hatte es jetzt einige Male gehört und merkte, dass wohl kein Weg daran vorbeiführte. Trotzdem blieb in mir der Widerstand bestehen. »Und was ist, wenn ich mich weigere?«
Dass die blonde Bestie auch überrascht sein konnte, das merkte ich in diesem Augenblick. Sie starrte mich an, wie sie es noch nie zuvor getan hatte.
»Du willst dich weigern?«
»Ich könnte es.«
»Nein, John, Partner.« Sie fing wieder an zu lachen. »Das ist unmöglich. Du kannst dich nicht weigern. Es sei denn, du willst selbst sterben, und deine Freundin Jane Collins
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