1399 - Ich, der Henker
auch.«
»So läuft es.«
»Ich verstehe deine Reaktion nicht, John. Du solltest froh sein, einen deiner stärksten Feinde auslöschen zu können. Für dich müsste ein Traum in Erfüllung gehen, John. Deshalb begreife ich dich nicht.«
Klar, es war für sie verdammt schwer, denn im Prinzip hatte Justine Cavallo ja Recht. Nur gefiel mir nicht die Art, wie ich den Supervampir erledigen sollte. Das kam einer Hinrichtung gleich, wenn ich in den Käfig ging und ihm den Kopf abschlug, obwohl das bestimmt nicht einfach sein würde, weil er sich sicherlich zu wehren wusste.
»Es ist deine Entscheidung, John!«, flüsterte Jane mir zu.
»Was würdest du tun?«
»Ich weiß es nicht, ehrlich. Ich habe keine Ahnung. Aber siehst du einen Ausweg?«
»Nein, den sehe ich nicht.«
»Wir stecken fest, John. Schau dich um…«
Ich drehte den Kopf. Die Hexen in dieser verdammten Welt hatten den Platz um das Feuer verlassen, nachdem die Flammen noch mal Nachschub bekommen hatten und jetzt höher aufloderten als je zuvor. Auch unser Platz wurde erhellt und umtanzt von Licht und Schatten, und in diesem zuckenden Schein sah ich die Hexen, die sich bereits genähert hatten und auch noch immer näher kamen.
Die Frauen waren nicht bewaffnet, aber es waren viele.
Assunga sah ich nicht. Was nicht heißen sollte, dass sie sich hier nicht im Hintergrund aufhielt und darauf wartete, irgendwann einzugreifen.
Wir alle standen wie auf dem Präsentierteller. Es gab kein Augenpaar, das in eine andere Richtung schaute. Es gab nur uns als Mittelpunkt des Dramas, und die Bühne, auf der es sich abspielte, lag in einer anderen Dimension.
Mit Unbehagen beobachtete ich den Aufmarsch. Jane Collins erging es nicht anders. Auch sie stand unter Druck. Wäre es anders gewesen, hätte sie nicht so scharf und auch stöhnend geatmet.
»Ich glaube, du musst es tun, John.«
»Mal sehen.«
»Siehst du noch eine andere Möglichkeit?«
Auch wenn ich die Frage erwartet hatte, es war mir leider nicht möglich, eine Antwort zu geben, doch die Feuchtigkeit auf meinen Händen war nicht gewichen.
Die Hexen hatten uns erreicht. Ein Kreis hatte sich zwar nicht geschlossen, doch eine Chance zur Flucht gab es für uns nicht. Es hätte auch nicht zu uns gepasst. Ich wollte und musste bleiben und es durchziehen.
Justine hatte das Kommando, und das zeigte sie uns auch. Sie winkelte die Arme an, stemmte die Fäuste in die Hüften. Sie nickte mir zu.
»Es ist soweit, John!«
Ich sagte zunächst nichts. Erst als einige Sekunden verstrichen waren, gab ich die Antwort. »Was ist denn, wenn ich mich weigere und den Henker nicht spiele?«
»Dann wirst du hier verrotten. Es könnte sein, dass dich die Hexen totschlagen.«
»Ist schon okay.«
»Gut, dann zieh dein Schwert und fang an!«
Ich musste der Aufforderung nachkommen. Der Griff schaute aus der Scheide hervor. Als ich ihn berührte, dachte ich daran, welche Mühe es mich gekostet hatte, in den Besitz des Schwertes zu gelangen. Es war mit vielen Erinnerungen verbunden, unter anderem mit dem Tod meiner Eltern und auch mit der Suche nach der Bundeslade.
Diese Gedanken waren nur Momentaufnahmen. Sehr schnell griff die Realität wieder nach mir, und ich lauschte dem schleifenden Geräusch, das entstand, als ich die Waffe zog.
Justine Cavallo beobachtete mich noch schärfer, als es die umstehenden Hexen taten. Sie wartete wohl auf eine bestimmte Reaktion. Tatsächlich war mir der Gedanke durch den Kopf geschossen, sie zuerst anzugreifen, aber sie war schlau genug und machte mir einen Strich durch die Rechnung, als sie mit einem schnellen Schritt zur Seite glitt.
»Keine Dummheiten, John!«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil ich dich kenne.«
Plötzlich erklang ein leiser Schrei. Er stammte nicht von Justine, sondern von Jane Collins, als Justine ihren Arm ergriff und Jane zu sich zog. Die Cavallo hatte sie zu einem Druckmittel gegen mich gemacht. Jane hing im Griff der Vampirin und kam nicht mehr frei.
Justine hatte ihr die Arme so um den Körper geschlungen, dass sich Jane kaum noch rühren konnte, und über ihrer linken Halsseite schwebte das weit geöffnete Maul der Blutsaugerin.
Dabei konnte Justine sogar lächeln, und sie sprach auch. »Solltest du durchdrehen, John, werde ich Jane aussaugen. Du weißt, dass ich da keine Probleme habe!«
»Klar, ich kenne dich.«
»Super, dann fang an. Ich habe den Schlüssel auf den Boden geworfen. Du brauchst ihn nur aufzuheben.«
»Ist schon klar.«
Mein Herz schlug
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