1399 - Ich, der Henker
Abendstunden hinein saßen Suko und ich bei unserem Freund Tanner. Wir hatten dem Chief Inspector einiges zu erklären, denn der letzte Fall war ein besonderer gewesen. Tanner selbst hatte uns auf seine Spur gebracht, und wir hatten die Welt schließlich von einem Killer erlöst, der sich für einen Nachkommen alter türkischer Götter hielt. Dabei war es eigentlich um einige Kilo Heroin gegangen, die eine Kurierin hatte verschwinden lassen, was dem großen Chef dieser Rauschgiftbande nicht gepasst hatte. Aus diesem Grund war der Killer Azer Akasa angeheuert worden, um die Dinge zu richten. [2]
Gefunden hatten wir das verdammte Zeug in einer großen Urnengruft auf einem alten Friedhof, und uns zur Seite hatte noch eine toughe türkische Kollegin gestanden, aber es war uns nicht gelungen, an Chiram, den Mann im Hintergrund heranzukommen.
Auch Tanner hatte es nicht geschafft. Ihm fehlten einfach die Beweise, was auch Dr. Purdy Prentiss, die Staatsanwältin und eine Freundin von uns, erklärte, die ebenfalls in Tanners Büro saß und einen Kaffee trank, der aus zu scharf gebrannten Bohnen bestand.
Hätte Tanner seinen Hut abgenommen, so hätte er sich die wenigen Haare raufen können, aber er behielt ihn auch im Büro auf und schaute uns düster an.
»Keine Chance, wie?«
Purdy Prentiss, die Frau mit den roten Haaren und der atlantischen Vergangenheit, nickte. »So sehe ich es. Jeder Verteidiger nimmt uns in der Luft auseinander. Wir können diesem Chiram nichts ans Bein flicken, zumindest jetzt nicht.«
»Dann kann er also weitermachen?«
»Ich befürchte es.«
Tanner ballte die kräftigen Hände zu Fäusten. Er hatte uns alle im Blick. »Ich sollte wirklich in Pension gehen.«
»Und warum tust du es nicht?«, fragte ich harmlos und musste in nerlich bereits grinsen.
»Sag das mal meiner Frau. Die hat mir schon erklärt, dass sie sich eine eigene Wohnung nehmen will, wenn ich den ganzen Tag zu Hause bin.«
»Das kann ich verstehen«, erklärte Purdy.
Tanner bedachte sie mit einem finsteren Blick. »Klar, ich habe keine andere Antwort erwartet. Ihr Frauen haltet alle zusammen. Aber es ist nun mal so, und ich kann es nicht ändern. Wie eben bei Chiram, an den wir nicht herankommen.«
»Ja.«
Tanner nickte der Staatsanwältin zu. »Aber Sie haben die Fakten.«
»Dafür bin ich dankbar. Ich habe auch die Protokolle über die vier Männer gelesen, die John, Suko und Sema Mayek auf dem Friedhof erwartet haben. Alles ganz harmlos. Sie wollten ihre Angehörigen und Freunde besuchen, und Waffenscheine besitzen sie auch.«
Purdy Prentiss schaute Suko und mich an. »Angeblich seid ihr auch nicht bedroht worden. Da steht mal wieder Aussage gegen Aussage. So sind uns die Hände gebunden.«
»Klar, den Frust erlebe ich schon seit Jahren.« Tanner schaute auf die Uhr. »Ich denke, dass wir Schluss machen sollten. Heute kommen wir zu keinem Ergebnis mehr.«
Der Meinung waren wir auch. Ich warf noch einen Blick in meine Kaffeetasse. Nicht mal die Hälfte der Brühe hatte ich getrunken. So ein Zeug gehörte in den Giftschrank.
Tanner grinste mich an. »Hat dir der Kaffee nicht geschmeckt?«
»Die Brühe kommt einem Mordanschlag gleich. Angeschlagen bin ich schon.«
»Die heutige Jugend ist eben nichts mehr gewöhnt.«
Ich musste lachen. »Jugend ist gut.«
»Komm erst mal in mein Alter, dann wirst du wissen, wie das Leben richtig läuft.«
»Oder gehe in Pension.«
Tanner sagte nichts mehr. Er warf mir nur einen bösen Blick zu, und Suko war der Meinung, dass ich ihn jetzt beleidigt hatte.
»Aber doch nicht ihn, mein Freund. Nein, nein, ich kenne Tanner. Der wird erst mal wegen des letzten Falls noch sauer sein, sich dann aber fangen.«
Purdy Prentiss lachte. »Geht das immer so zwischen euch beiden?«
»Manchmal.«
Wir verließen das Büro, und Tanner brachte uns noch bis zum Ausgang des Hauses. Er wollte noch wissen, mit welch einem Fall wir uns momentan beschäftigten, aber da konnten wir nur mit den Schultern zucken.
»Im Moment ist Ruhe«, sagte Suko.
Freund Tanner verdrehte die Augen. »So gut möchte ich es auch mal haben. Mich hat man wieder ins Geschirr gespannt. Dabei sollte ich mal zum Arzt gehen, weil mir der Rücken hin und wieder wehtut. Aber nein, was mache ich? Reibe mich für diesen Laden hier auf. Furchtbar.« Er winkte uns zu und zog sich zurück.
Unsere Autos standen auf dem Parkplatz der Metropolitan Police.
Wir schlenderten hin. Es war mittlerweile dunkel geworden. Hin und wieder
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