14 - Geheimagent Lennet und der Scheintote
Regina«, lobte der Geheimagent. Der Nachmittag verlief ruhig. Am Abend fand der zweite und vorletzte Auftritt statt. Glücklich, aber erschöpft erreichten die Musiker nach einem offiziellen Abendessen das Hotel.
Lennet inspizierte schnell Julios und Faks Zimmer. Alles schien in Ordnung zu sein. Er ging ins Badezimmer, wo Fak seine Utensilien hatte stehenlassen, um das Personal zu täuschen. Ich möchte mal wissen, was in dieser Flasche ist, dachte Lennet und untersuchte eine kleine, mit schwarzer Flüssigkeit gefüllte Flasche. Äh!
Schnurrbartschminke. Und das…?
In diesem Augenblick ertönte ein entsetzlicher Schrei.
Er kam von der anderen Seite. Das war schon wieder Faks Stimme! Im Schlafanzug rannte Lennet – ohne das Messer, das sich noch in seiner Hosentasche befand – wie der Blitz durch sein Zimmer – leer, Julios neues Zimmer – leer, das zweite Bad – leer, und kam schließlich in Faks neues Zimmer, wo ihn ein erstaunliches Schauspiel erwartete. Julio stand da und schwang, weil er keinen Stock hatte, «seine kostbare Gitarre, die ihm das liebste auf der Welt war, und wollte sie einem Unbekannten über den Schädel schlagen, der rittlings auf dem am Boden liegenden Fak saß. Mit der einen Hand hatte der Unbekannte Fak an der Kehle gepackt, mit der anderen hielt er ihm ein Messer unters Kinn, als ob er ihm die Kehle durchschneiden wollte. Aber irgend etwas schien ihn davon abzuhalten, denn er fragte sein Opfer, wobei er es würgte und in die Hüften boxte: »Du jung? Du jung?«
»Ja, ich jung«, röchelte Fak.
»Wenn du junger Sänger, ich dir machen kleinen Kopf.«
»Nein! Ich nicht Sänger, ich nicht Sänger.«
»Aber du jung?«
»Ja, ich jung. Nein, ich nicht jung. Ich alt.« Verwirrt zögerte der Mörder einen Augenblick. Lennet stürzte sich mit einem Satz auf den Unbekannten und versetzte ihm einen solchen Fußtritt, daß er der Länge nach hinfiel.
Ohne einen Laut richtete sich der Unbekannte blitzschnell wieder auf. Es war ein Indianer mit schwarzen Haaren, einer Hakennase und grausam funkelnden Augen.
»Hörst du vielleicht auf den Namen Eusebio?« fragte Lennet. Statt einer Antwort stürzte sich der Mann auf den Agenten, der gerade noch ausweichen konnte und ihm einen Tritt in den Magen versetzte. Der Indianer schwankte nicht einmal. Als Julio ihm mutig den Weg versperren wollte, schlug er ihn mit der linken Rückhand zu Boden, daß er fünf Meter weit rollte. Das Messer in der Hand stürzte er sich von neuem auf Lennet, seinen einzigen ernstzunehmenden Gegner.
Lennet landete einen w eiteren Hieb, und der Indianer kippte um
Diesmal war Lennet gewappnet. Im letzten Augenblick hielt er sich schützend die Arme vor den Bauch und wehrte den Indianer ab, obwohl ihm die Messerspitze den Schlafanzug aufschlitzte. Der Rest war nur noch Trainingsübung. Eine Hand umfaßte das Handgelenk des Gegners, der andere Arm diente als Hebel, und Lennet drehte sich um die eigene Achse. Man hörte es krachen.
Das Messer fiel zu Boden. Doch der Indianer gab nicht auf. Mit der linken, unverletzten Faust versuchte er Lennet einen Schlag auf die Schläfe zu versetzen, der tödlich hätte sein können, wenn der Geheimagent nicht blitzschnell ausgewichen wäre und ihm mit dem Ellbogen auf das Brustbein geschlagen hätte. Dem Mann blieb die Luft weg und er fiel auf die Knie. Lennet gab ihm noch einen Hieb in den Nacken, gerade so, daß er das Bewußtsein verlor. Der Indianer kippte um und blieb leblos am Boden liegen. Einen Moment lang war nur Lennets heftiges Atmen zu hören.
»Auguste, ich muß mich bei dir entschuldigen«, sagte Fak mit unsicherer Stimme und tupfte dabei seine kleine Schnittwunde ab.
»Entschuldigen, wofür?«
»Daß ich dich für eine halbe Portion gehalten habe, die immer noch an Mamas Schürzenzipfel hängt. Wäre Hachichin an deiner Stelle gewesen, hätte dieser Indianer, der unter meinem Bett hervorgekrochen kam, aus uns allen dreien Schrumpfköpfe gemacht!«
»Ich glaube, er hatte es auf mich abgesehen«, sagte Julio.
»Er hat mich noch nie gesehen und wußte nur, daß er einen jungen Sänger umbringen sollte. Er ist auf dich losgegangen, weil du in meinem ehemaligen Zimmer lagst, aber dein Schnurrbart muß ihn gestört haben.«
»Bleibt nur die Frage, wie er hereingekommen ist«, sagte Lennet.
»Und wie wir ihn wieder loswerden«, fügte Fak hinzu.
Lennet nahm das Telefon ab.
»Wünscht der Senhor, daß man etwas bringen soll?« fragte eine sanfte Stimme am
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