14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
wandte mich um und erblickte einen Trupp von acht Reitern mit einigen Falken und einer Kuppel Hunde. Sie hatten mich schon bemerkt, und kamen nahe zu mir heran.
„Wer bist du?“ fragte der Mann, welcher der Anführer zu sein schien.
„Ein Fremder.“
„Was tust du hier?“
„Ich trauere um die Toten, die ich hier begraben habe.“
Dabei deutete ich nach dem Grab.
„Welcher Krankheit sind sie erlegen?“
„Sie wurden ermordet.“
„Von wem?“
„Von persischen Männern.“
„Ah! Von Persern und Zobeïde-Arabern! Wir haben davon gehört. Sie haben auch mehrere Männer getötet, welche sich am Kanal befanden.“
Ich erschrak, denn hier konnte nur Lindsay mit seinen Leuten gemeint sein.
„Weißt du dies gewiß?“
„Ja. Wir gehören zum Stamm der Schat und geleiteten Pilger nach Kerbela. Da haben wir es gehört.“
Das war jedenfalls eine Lüge. Die Schat wohnen weit im Süden und dürfen sich hier nur mit Gefahr erblicken lassen. Übrigens sagte mir der Umstand, daß sie sich auf der Falkenjagd befanden, sehr deutlich, daß ihre Heimat in der Nähe sein müsse. Ich faßte also Mißtrauen und gab mir nur Mühe, dies nicht merken zu lassen.
Da trieb der Mann sein Pferd ganz zu mir heran und sagte:
„Was hast du für ein sonderbares Gewehr? Zeige es einmal her!“
Er streckte die Hand nach dem Stutzen aus, ich aber trat zurück und antwortete:
„Dieses Gewehr ist gefährlich für den, der es nicht anzufassen versteht!“
„So wirst du mir zeigen, wie es anzufassen ist!“
„Gern, wenn du absteigst und eine Strecke weiter mit mir gehst. Kein Mann gibt seine Flinte aus der Hand, wenn er nicht sicher ist, daß es ohne Gefahr geschehen kann.“
„Her damit! Sie ist mein!“
Er streckte seine Hand abermals aus und nahm zu gleicher Zeit sein Pferd empor, um mich niederzureiten. Da aber tat Dojan einen Satz, faßte den Mann am Arm und riß ihn aus den Bügeln auf die Erde herab. Der Araber, welcher die Koppel hielt, stieß einen Schrei aus und ließ seine Hunde los, welche sich sofort auf Dojan stürzten.
„Ruft die Hunde zurück“, gebot ich, das Gewehr erhebend.
Man folgte meinem Ruf nicht, und so drückte ich ab, drei, vier Male hintereinander. Jeder Schuß tötete einen Hund; dabei aber gab ich zu wenig acht auf den Anführer; dieser erhob sich, faßte mich und riß mich von hinten zu Boden. Ich war viel zu schwach zu einer nachhaltigen Gegenwehr; er übermannte mich trotz seines zerbissenen Armes und hielt mich fest, bis die andern ihm beistanden, mich vollends unschädlich zu machen. Das Gewehr wurde mir entrissen, das Messer auch; dann band man mich und lehnte mich gegen einen Backsteinhaufen.
Unterdessen biß sich Dojan mit den drei unverletzt gebliebenen Hunden herum. Sein Fell war zerbissen; er blutete aus mehreren Wunden, aber er hielt wacker stand, seinen Gegnern nie die Kehle bietend. Da nahm einer der Araber seine alte Flinte empor, zielte und drückte los; die Kugel traf den wackeren Hund zwischen die Rippen; er brach tot zusammen und wurde von seinen halbwilden Feinden wörtlich in Stücke gerissen.
Ich hatte das Gefühl, als ob der teuerste Freund mir an der Seite erschossen, worden sei. Oh, diese Schwäche! Wäre ich bei meiner früheren Kraft gewesen, was hätte ich mir aus diesem alten Strick gemacht, der meine Arme zusammen hielt!
„Bist du allein hier?“ fragte jetzt der Anführer.
„Nein. Ich habe nur noch einen Gefährten“, antwortete ich.
„Wo?“
„In der Nähe.“
„Was tut ihr da?“
„Wir wurden unterwegs von der Pest überfallen und sind da liegen geblieben.“
In dieser aufrichtigen Antwort bot sich mir die einzige Möglichkeit, diesen Leuten zu entkommen. Kaum hatte ich das letzte Wort gesprochen, so wichen sie mit lauten Schreckensrufen von mir zurück. Nur der Anführer blieb und meinte mit zornigem Lachen: „Du bist ein schlauer Mann, mich aber betrügst du nicht! Wer mitten im Weg an der Pest liegen bleibt, der wird nie wieder gesund.“
„Blicke mich an!“ sagte ich einfach.
„Dein Angesicht ist wie das Angesichts des Todes, aber du hast nicht die Pest, sondern das Fieber. Wo befindet sich dein Gefährte?“
„Er liegt am – – – horch, da kommt er!“
Ich hörte nämlich von weitem die Stimme, welche stark sein wollte, aber nur in schrillen, sich überschnappenden Fisteltönen immer nur das Wort „Rih, Rih, Rih!“ vernehmen ließ. Darauf ertönte der rasende Galopp eines Pferdes, und einen Augenblick später sah
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