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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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leichter, und Halef ging, um ein Wild zu schießen.
    Er brachte schon nach kurzer Zeit einiges Geflügel, welches er am Spieß briet. Mir war es unmöglich, nur einen Bissen zu genießen, und auch er saß still und trüb dabei, ohne zu essen. Der Hund allein hielt seine Mahlzeit. Wie traurig war diese Lage am Phrat, dem ‚Flusse des Paradieses‘! Todkrank, ohne andere Hilfe, als die wir uns selbst zu leisten vermochten, umweht vom Hauch der Pest, inmitten unzivilisierter, fanatischer Toren, gegen die wir keine andere wirklich hinlängliche Waffe hatten, als eben diese – Pest. Nach Hilla oder einem anderen Ort durften wir nicht; man hätte uns sofort umgebracht. Was wäre ich hier gewesen ohne den Beistand des wackeren Halef, der alles wagte, um mir seine Liebe und Treue zu beweisen!
    Es war heut der vierte Tag der Krankheit, und ich hatte gehört, daß dieser Tag der entscheidende sei. Ich blieb dabei, Rettung vom Wasser und von der freien Luft zu erwarten, und obgleich mein Körper unter den Anstrengungen der letzten Zeit sehr gelitten hatte, glaubte ich, daß ich dem Rest meiner Kräfte mehr Vertrauen schenken dürfe, als irgendeiner Arznei, über deren Anwendung und Wirkung ich nicht einmal im klaren war.
    Gegen Abend ließ das Fieber nach, und auch in dem Abszeß verminderte sich die Heftigkeit des Schmerzes. Ich schlief des Nachts einige Zeit recht erquicklich, und als ich am nächsten Morgen Halef die Zunge zeigte, welche wieder feucht zu werden begann, erklärte er, daß die schwarze Färbung derselben fast verschwunden sei. Jetzt begann ich auf Genesung zu hoffen, erschrak aber am Nachmittag nicht wenig, als der treue Diener nun selbst über Kopfweh, Schwindel und Frost zu klagen begann. Schon während der Nacht hatte ich die Gewißheit, daß ihn die Ansteckung ergriffen hatte. Ich sah ihn nach dem Wasser gehen, um mir einen Trunk zu holen; er taumelte.
    „Halef, du fällst!“ rief ich erschrocken.
    „Oh, Sihdi, es dreht sich alles mit mir herum!“
    „Du bist krank! Es ist die Pest!“
    „Ich weiß es.“
    „Ah, ich habe dich angesteckt!“
    „Allah hat es gewollt; es stand im Buch verzeichnet. Ich werde sterben; du aber wirst zu Hanneh gehen und sie trösten.“
    „Nein, du wirst nicht sterben; ich werde dich pflegen.“
    „Du?“ fragte er kopfschüttelnd. „Du ringst ja selbst noch mit dem Tod, der dich nicht freigeben will!“
    „Ich bin bereits auf dem Weg der Besserung; ich werde nicht weniger an dir tun, als was du an mir getan hast.“
    „Oh, Sihdi, was bin ich gegen dich! Laß mich hier liegen und sterben!“
    Also so sehr hatte ihn die der Pest charakteristische Niedergeschlagenheit bereits ergriffen! Er hatte sich gewiß genug gewehrt, um mich so lange wie möglich über seinen Zustand in Unkenntnis zu erhalten. Jetzt gelang ihm dies nicht mehr, und einige Stunden später sprach er irre. Vielleicht hatte er schon mit mir den Stoff der Krankheit eingesogen, als wir in Bagdad das Nahen der Todeskarawane beobachteten, und nun entwickelte sich bei ihm die schwerste, die biliöse Form der Pest, in welcher alle Zufälle mit vermehrter Heftigkeit auftreten.
    Ich konnte mich selbst nur mit äußerster Anstrengung auf kurze Zeit emporraffen, um ihm die Pflege zuteil werden zu lassen, deren ich selbst noch so sehr bedurfte. Es war eine Zeit, an welche ich mit Schauder zurückdenke, obgleich ich sie hier am besten übergehe.
    Auch Halef wurde gerettet, doch befand er sich noch am zehnten Tag seiner Krankheit so schwach, daß ich ihn von Stelle zu Stelle heben mußte, und ich selbst konnte mit der schweren Büchse noch keinen sichern Schuß aus freier Hand tun. Es war bei alldem ein Glück, daß unser Schmerzenslager unentdeckt blieb. Als ich mich zum ersten Mal im Wasser spiegelte, erschrak ich über den dicht bebarteten Totenkopf, welcher mir da entgegengrinste. Es war kein Wunder, daß Geier über uns ihre Kreise zogen und die Hyänen und Schakale, welche aus den Ruinen zur Tränke kamen, durch das Schilf schauten, um zu sehen, ob wir nicht bald zu verspeisen seien. Sie mußten stets in höchster Eile abziehen, denn Dojan, der Windhund, war nicht sehr gastfreundlich gegen sie gesinnt.
    Meinen ersten Ausgang unternahm ich zum Grab der Perser, welches sich noch im unversehrten Zustand befand. Ich war zu Fuß herbeigekommen und saß wohl eine Stunde lang am Turm, und die lebensvollen Bilder der Abgeschiedenen standen vor meinem geistigen Auge. Da gab der Hund, den ich bei mir hatte, Laut. Ich

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