14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
dankbar sein würde!“
„Mit Vergnügen. Erlauben Sie also, daß ich Sie in Damaskus besuche, um den Brief abzuholen?“
„Kommen Sie! Mein Bruder Maflei ist gleichfalls Kaufmann und hat weitreichende Verbindungen. Vielleicht kann er Ihnen nützlich sein.“
„Maflei? Hm! Diesen Namen habe ich bereits irgendwo gehört!“
„Wo?“
„Hm, lassen Sie mich nachsinnen – – – ja, jetzt habe ich es! Ich traf in Ägypten den Sohn eines Stambuler Kaufmannes, er hieß Isla Ben Maflei.“
„Wirklich? O, das ist außerordentlich! Isla ist nämlich mein Neffe, der Sohn meines Bruders.“
„Wenn es wirklich derselbe Isla gewesen ist!“
„Beschreiben Sie ihn mir!“
„Besser als eine jede Beschreibung wird wohl die Bemerkung sein, daß er dort am Nil ein Mädchen wiederfand, welches seinen Eltern geraubt worden war.“
„Das stimmt; das stimmt! Wie hieß das Mädchen?“
„Senitza.“
„Es ist alles richtig. Wo haben sie ihn getroffen? Wo hat er es Ihnen erzählt? In Kairo vielleicht?“
„Nein, sondern an Ort und Stelle selbst. Kennen Sie diese interessante Begebenheit?“
„Ja. Er kam später in geschäftlicher Angelegenheit zu mir nach Damaskus und erzählte es mir. Er hätte seine Braut nie wieder gefunden, wenn er nicht mit einem gewissen Kara Ben Nemsi zusammengetroffen wäre, einem Effendi aus – ah, Allah il Allah, dieser Effendi schrieb auch Sachen, welche gelesen werden! Wie ist Ihr Name, Herr?“
„In Ägypten und dann auch weiter nannte man mich allerdings Kara Ben Nemsi.“
„Hamdullillah, quel miracle! Sie sind es, Sie selbst?“
„Fragen Sie hier meinen Diener Hadschi Halef, welcher geholfen hat, Senitza zu befreien!“
„Dann, Herr, haben Sie noch einmal meine Hand! Ich muß sie Ihnen drücken. Es geht nicht anders, Sie müssen in Damaskus bei mir wohnen, Sie und Ihre Leute. Mein Haus gehört Ihnen, nebst allem, was ich besitze!“
Vor herzlicher Freude schüttelte er auch Halef und den beiden Irländern die Hände. Die beiden letzteren wurden ganz verdutzt über die lebhafte Freundschaftsäußerung, deren Grund sie nicht begreifen konnten; meinem Halef aber mußte ich unsere französische Unterhaltung deutlich machen.
„Kannst du dich noch auf Isla Ben Maflei besinnen, Hadschi Halef Omar?“
„Ja“, antwortete er. „Es war der Jüngling, dessen Braut wir aus dem Haus des Abrahim-Mamur holten.“
„Dieser Mann hier ist der Oheim Islas.“
„Allah sei Dank! Jetzt habe ich jemand, dem ich alles erzählen kann, was damals geschehen ist. Eine gute Tat darf nicht sterben; sie muß erzählt werden, um lebendig zu bleiben.“
„Ja, erzähle es!“ bat der Damaskese.
Jetzt legte sich der kleine Hadschi ins Zeug, indem er die Begebenheit in den duftendsten Redeblumen des Orients berichtete. Natürlich war ich damals der berühmteste Hekim-Baschi der Erde, Halef selbst der tapferste Held der ganzen Welt, Isla der beste Jüngling Stambuls und Senitza die herrlichste Houri des Paradieses gewesen. Abrahim-Mamur aber wurde als ein wahrer Teufel geschildert, und in Summa hatten wir eine Tat verrichtet, welche bereits jetzt in dem Mund des ganzen Orients lebte. Und als ich es versuchte, seine Überschwenglichkeiten auf das richtige Maß zurückzuführen, da meinte er sehr entschieden:
„Sihdi, das verstehst du nicht! Ich muß es besser wissen, denn ich war ja damals dein Agha mit der Nilpeitsche und habe alles für dich zu besorgen gehabt.“
Der Morgenländer ist in solchen Dingen unverbesserlich, und so mußte ich mich in das Unvermeidliche fügen. Dem Damaskesen aber schien grad diese Erzählungsweise recht sehr zu gefallen; Halef stieg in seiner Achtung außerordentlich, und die Folge zeigte, daß er ihn in sein Herz geschlossen hatte.
Wir erreichten unbelästigt die Karawanenstraße und zogen durch das ‚Himmelstor‘ in die Meidan-Vorstadt ein, in welcher sich zur Zeit der Hadsch die große, nach Mekka bestimmte Pilgerkarawane versammelt. Damaskus gewährt im Innern keineswegs den Anblick, welchen man von außen erwartet. Zwar fehlt es der Stadt nicht an ehrwürdigen Bauten, aber die Straßen selbst sind entsetzlich gepflastert, krumm und eng, und die meist fensterlosen, äußeren Lehmwände der Häuser sehen häßlich aus. Auch hier wird die Straßen- und Wohlfahrtspolizei, wie in den meisten orientalischen Städten, von Aasgeiern und räudigen, verkommenen Hunden besorgt. Die Wasserfülle der Stadtumgebung begünstigt die Entstehung schädlicher Miasmen,
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