Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
noch in dieser Stunde durchsuchen lassen!“
    „Wird dir dies gelingen? Zwar bin ich überzeugt, daß dieser Grieche vor dem Morgen nicht erfährt, daß du entkommen bist; er wird also von der Polizei vollständig überrascht werden, wenn er nicht auch für gewöhnlich Wächter ausstellt; aber ich habe erfahren, daß viele Polizisten und Beamte, ja sogar Derwische dieses Haus besuchen, und darum ist es zweifelhaft, ob du deinen Zweck in gewünschter Weise erreichst.“
    „Polizei?“ fragte er geringschätzig. „Ich habe allerdings in eine Stube geblickt, in welcher Khawassen saßen; ich kannte sie, aber sie bemerkten mich nicht. Nein, zur Polizei werde ich nicht gehen. Wisse, daß ich ein Zabit (Offizier) bin – der Rang ist Nebensache; ich werde meine Dschengdschiler (Soldaten) holen und mit dieser Spelunke kurzen Prozeß machen.“
    Das war mir lieb und unlieb zu gleicher Zeit. Wenn er die Gesellschaft aufhob, so war es wahrscheinlich, daß just die von uns Gesuchten nicht anwesend waren, und dann hatten wir sie von neuem zu suchen. Aber der Stein war einmal in Bewegung; ich mußte ihn rollen lassen. Darum antwortete ich: „So erfülle mir die Bitte, mir die Gefangenen zu zeigen, welche du machen wirst. Ich möchte wissen, ob die Männer dabei sind, welche wir suchen.“
    „Du sollst alle sehen.“
    „Erlaube mir eine Bemerkung! Wer dieses Haus betreten will, der wird nach seinem Begehr gefragt und nur auf das Wort ‚En Nassr‘ eingelassen. Vielleicht wird dir dies von Nutzen sein.“
    „Ah, also dies war das Wort, welches mein Führer in das Loch neben der Tür hineinflüsterte! Aber“, fuhr er in mißtrauischem Ton fort, „wie kommst du dazu, dies Wort zu wissen?“
    Da er in diesem Ton zu mir sprach, konnte sein Rang kein geringer sein. Ich antwortete ruhig:
    „Omar Ben Sadek hat gelauscht und es vernommen.“ Ich erzählte ihm das, was er zu wissen brauchte, und fuhr dann fort: „Es wird geraten sein, deine Truppen zu teilen. Die eine Hälfte kann sich mittels des Wortes Eingang durch die Tür verschaffen, und die andere Hälfte mag durch die Öffnung eindringen, durch welche du entwichen bist. Das erstere darf jedoch nicht eher geschehen, als bis ihr euch bereits vor der Öffnung befindet, denn es ist sehr zu vermuten, daß der Wächter, welcher die Tür öffnet, beim Anblick der Soldaten einen Warnungsruf ausstößt, um seinen Genossen Zeit zur Flucht zu geben.“
    „Ich sehe, daß du es ehrlich meinst, und werde deinen Rat befolgen. Habt ihr keinen Fez bei euch? Diese Schurken haben das Haupt eines Gläubigen entblößt; das soll ihnen vergolten werden!“
    „Ich werde dir den meinigen geben; auch diese Pistolen will ich dir leihen, damit du nicht unbewaffnet bist.“
    „Ich danke dir, Franke! Du sollst alles wieder haben. Seid wachsam: spätestens in einer Stunde kehre ich zurück.“
    Ich begleitete ihn bis vor die Tür, und er entfernte sich eilig, indem er sich auf der entgegengesetzten Seite der Gasse hielt.
    „Sihdi“, fragte mich Omar, als ich wieder zurückkehrte, „wird man Abu en Nassr, wenn er drüben ist, mir überlassen?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Meine Rache geht doch vor!“
    „Der Offizier wird vielleicht wenig danach fragen.“
    „So weiß ich, was ich zu tun habe. Erinnerst du dich des Schwures, den ich auf dem Schott Dscherid an der Stelle, in welcher mein Vater verschwunden war, ablegte? Siehe, ich habe das Haar und den Bart wachsen lassen bis zur jetzigen Stunde, und nun soll mir der Feind, den ich heut so nahe habe, nicht entgehen!“
    Er ging hinaus in das ‚Selamlik‘ und setzte sich vor das lose Brett. Wehe Abu en Nassr, wenn er heut abend von dem Rächer gefunden wurde!
    Ich löschte das Licht aus und folgte Omar mit Halef. Drüben mußten sich jetzt mehrere Personen befinden. Ich hörte ein vielfaches Schnarchen und ein Stöhnen, wie es beim Beginn der Opiumnarkose ausgestoßen zu werden pflegt. Wir verhielten uns schweigsam, und als drei Viertelstunden vergangen waren, ging ich hinunter zur Haustür, um den Offizier zu erwarten.
    Es war doch weit über eine Stunde vergangen, als ich trotz der Dunkelheit eine lange Reihe von Gestalten auf der jenseitigen Zeile der Gasse lautlos sich nähern sah. Gewiß hatten dieselben schon vorher ihre Instruktion erhalten, denn während die hintere Abteilung drüben stehen blieb, wurde die vordere direkt auf den Eingang unseres Hauses zugeführt. An ihrer Spitze schritt der Offizier, noch immer in seiner vorigen

Weitere Kostenlose Bücher