14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
du mir Lehren geben? Du, ein Christ, den Allah und der Prophet verdammen mögen! Soll ich dich zerreißen, wie man einen Lappen zerreißt? Ich war bereit, euch ziehen zu lassen; nun aber gebiete ich euch: Macht euch von hinnen, ihr Unreinen! Euren Abstand sollt ihr wieder erhalten; dann aber möge euch der Scheïtan in die Dschehennah führen!“
Ich sah, daß dies seinen vier Männern aus dem Herzen gesprochen war; aber ich sah auch, daß die Blicke der beiden Haddedihn und Halefs mit zorniger Erwartung auf mir hafteten. Auch der Engländer beobachtete mich scharf, um sein Tun ganz nach dem Meinigen zu richten. Da er von der Unterhaltung nichts verstand, so mußte ich ihn aufmerksam machen:
„Sir, wenn ich schieße, so schießt auch, aber nur auf die Pferde!“
„Yes! Schön! Prachtvoll!“ antwortete er.
Nun erklärte ich dem Bebbeh in ruhigen Ton: „Gut, wir werden reiten; vorher aber muß ich dir eins erst sagen: Glaube nicht, daß wir um Frieden gebeten haben, weil wir uns vor euch fürchten! Wir lieben nur deshalb den Frieden, weil wir nicht das Blut von Menschen vergießen wollen. Du hast es anders gewollt; so siehe nun, was die Folgen sind!“
„Ihr? Euch nicht fürchten?“ höhnte er. „Hast du nicht dich hier vor uns in den Staub gesetzt und um Barmherzigkeit gebeten, Giaur?“
„Sage dieses Wort nicht noch einmal, Bebbeh, sonst kommt es über dich wie der Blitz über dem Baum! Ich wollte den Frieden haben, um euretwillen, und ich will euch beweisen, daß wir euch verachten. Wir wollen nicht einen Vorsprung von euch geschenkt haben, sondern der Kampf mag sofort beginnen. Kommt heran!“
„So sei es!“ rief er und griff nach seinem Dolch. In demselben Augenblick aber schoß mein Pferd mit einem langen Satz an dem seinigen vorüber; ich ergriff ihn beim Arm und riß ihn vom Pferd. Vier Schüsse krachten – und noch zwei, und als ich den Rappen rasch wandte, sah ich die Pferde der Bebbeh sich mit ihren Reitern am Boden wälzen.
„Fort! Schnell!“
Wir jagten vorwärts. Ich riß den Bebbeh zu mir empor und gab ihm einige saftige Ohrfeigen mit den Worten: „Das ist für den Giaur!“ Dann ließ ich ihn fallen. Er kam hart neben den Hufen des Pferdes, doch ohne von ihnen verletzt zu werden, zur Erde nieder. Das alles war so schnell geschehen, daß erst jetzt die Bebbeh unter einem lauten Wutgeheul ihre Pferde in Bewegung setzten.
„Habe ich recht oder unrecht gehandelt?“ fragte ich die Haddedihn während des Reitens.
„Emir“, antwortete Mohammed Emin, „du hast recht gehandelt; der Mann hat nicht nur dich, sondern auch uns beleidigt. Er darf kein Krieger mehr sein, denn er ist von einem Christen in das Gesicht geschlagen worden. Das ist schlimmer als der Tod und wird fürchterlich gerächt. Hüte dich, jemals in die Hände der Bebbeh zu fallen; du müßtest unter entsetzlichen Martern sterben!“
In zehn Minuten hatten die Bebbeh wieder zwei Abteilungen gebildet; nur war die vordere jetzt weniger zahlreich, da fünf ihrer Pferde erschossen waren. Ich wartete noch eine Weile, bis der Abstand zwischen ihnen sich noch mehr vergrößert hatte, und gebot dann Halt. Die sechs vordersten Reiter hätten uns den ganzen Tag nicht aus den Augen verloren, denn ihre Pferde waren ausgezeichnet. Darum mußten wir diese Tiere erschießen. Dies erklärte ich den Haddedihn, stieg vom Pferd und ergriff die Büchse.
„Schießen?“ fragte Lindsey, der diese Anstalt beobachtete.
„Ja. Die Pferde weg.“
„Yes! Interessant! Viel Geld wert!“
Ich bat noch, nicht eher loszudrücken, als bis jeder sicher sei, nicht den Mann, sondern das Pferd zu treffen.
Die Verfolger kamen herbeigesaust und befanden sich bereits in Schußweite, als sie unsere Absicht zu ahnen begannen. Anstatt zerstreut abzuschwenken, hielten sie an.
„ Fire !“ kommandierte Master Lindsey.
Obgleich die Araber das englische Wort nicht verstanden, wußten sie doch, was es zu bedeuten habe. Wir drückten ab, ich und Lindsey noch einmal, und bemerkten sofort, daß kein Fehlschuß gefallen war: – die sechs Pferde bildeten mit ihren Reitern auf dem Boden einen Knäuel, dessen Entwirrung abzuwarten, es uns leider an der nötigen Zeit gebrach.
Nun stiegen wir wieder zu Pferd. Bald blieben die Verfolger weit zurück, und nach einer Weile befanden wir uns allein auf der Ebene.
Diese erreichte jedoch bald ihr Ende. Es erhoben sich die Berge vor uns, und auch von den Seiten traten Höhen zu uns heran. Wir hielten unwillkürlich die
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