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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinaus!“
    Ich hatte die Tür bereits erreicht, und der Mann faßte mich am Arm, um mich zurückzuhalten. Das war mir zu viel. Sir David Lindsay konnte zwar den Wortlaut unseres Gespräches nicht verstehen, aber er hörte an dem Ton desselben und sah an dem Mienenspiel unserer Gesichter, daß wir uns keine allzu großen Liebenswürdigkeiten sagten. Er faßte also den schmächtigen Perser bei den Hüften, hob ihn empor und warf ihn über den ganzen Raum hinweg, so daß er auf den Agha stürzte und diesen zu Boden riß.
    „Recht gemacht, Master?“ fragte er dann.
    „Yes! Well!“
    Der Agha sprang vom Boden auf und griff zum Säbel.
    „Hunde! Ich schlage euch die Köpfe ab!“
    Jetzt war es doch wohl an der Zeit, den Mann in die Kur zu nehmen. Ich trat auf ihn zu, gab ihm einen Schlag auf den Arm, daß er den Säbel fallen ließ, und faßte ihn rechts und links bei den Achseln.
    „Selim Agha, unsere Köpfe sind nicht für dich gewachsen; setz dich und sei von jetzt an folgsam. Hier ist der Brief, und ich befehle dir, ihn sofort zu lesen!“
    Ich drückte den Mann auf das Kissen nieder und steckte ihm dann den Brief zwischen die Finger. Er ließ sich das ganz verdutzt gefallen; er blickte mir ganz perplex in das Gesicht und wagte gar nicht, mir zu widerstreben. Als ich mich umdrehte, sah ich, daß der tapfere Diener es vorgezogen hatte, sich sehr mutig nach rückwärts zu konzentrieren. Er war verschwunden, und als ich jetzt klatschte, wagte er nur den Kopf durch die Türöffnung zu stecken.
    „Komm herein!“ gebot ich ihm.
    Er gehorchte, blieb aber in sprungfertiger Stellung an der Tür stehen.
    „Schaffe Speisen und Kaffee herbei! Sofort!“
    Er sah erst mich erstaunt und dann den Agha fragend an, ich aber faßte ihn beim Arm und schlingerte ihn zu der Stelle, wo die Pfeifen an der Wand hingen. Das schien ihm zu imponieren, denn er ergriff sofort zwei der gestopften Tschibuks, steckte sie uns in den Mund und gab uns Feuer.
    „Nun Kaffee! Aber schnell und gut!“
    Er verschwand schleunigst wieder.
    Wir setzten uns auf das Kissen, rauchten und warteten, bis der Agha den Brief gelesen hatte. Es ging langsam genug; daran trug aber wohl nicht sein Mangel an Lesefertigkeit die Schuld, sondern der Inhalt der Zuschrift schien ihm so unbegreiflich zu sein, daß er sich die Sache gar nicht zurecht zu legen vermochte.
    Er war ein schöner, ein sehr schöner Mann; das sah ich, als ich jetzt Zeit genug hatte, ihn zu betrachten. Aber um seine Augen lagen bereits jene tiefen Schatten, welche auf vergeudete Zeit und Kraft schließen lassen, und in seinen Zügen gab es ein undefinierbares Etwas, das nach einer genaueren Prüfung abstoßend wirkte. Dieser Selim Agha war nicht der Mann, Benda glücklich zu machen.
    Da erschien der Diener mit den kleinen Kaffeetäßchen, welche in goldenen Filigranuntersetzern von der Gestalt unserer Eierbecher ruhten. Er hatte – anstatt zwei – gleich ein halbes Dutzend gebracht, um sich ja sogleich wieder zurückziehen zu können. Und nun schien auch der Agha mit sich im reinen zu sein. Er richtete sein finsteres Auge auf mich und fragte:
    „Wie war dein Name?“
    „Man nennt mich Kara Ben Nemsi.“
    „Und wie heißt dieser andere?“
    „David Lindsay-Bey.“
    „Ich soll dir alles übergeben?“
    „So hat mir der Mirza gesagt.“
    „Ich werde es nicht tun.“
    „Tue, was dir beliebt; ich habe dir nichts zu befehlen.“
    „Du wirst sofort wieder zu dem Mirza reiten und ihm meine Antwort bringen.“
    „Das werde ich nicht tun.“
    „Warum nicht?“
    „Weil du mir auch nichts zu befehlen hast; weil auch ich tun kann, was mir beliebt.“
    „Gut! So werde ich zwar einen Boten zu ihm senden, aber dieses Haus nicht eher verlassen, als bis ich wieder Antwort habe.“
    „Dein Bote wird den Mirza nicht treffen.“
    „Arab, der mit euch gekommen ist, muß doch den Ort kennen, an welchem sich sein Herr befindet!“
    „Er kennt ihn.“
    „Ihn werde ich senden.“
    „Er wird nicht gehen.“
    „Warum nicht?“
    „Weil es mir so beliebt. Hassan Ardschir-Mirza hat mich gebeten, sein Eigentum aus deiner Hand zu nehmen und dich mit Arab zu ihm zu senden. Das werde ich tun, aber nichts anderes. Arab wird nur an deiner Seite zu seinem Herrn zurückkehren.“
    „Wagst du, mich zwingen zu wollen?“
    „Pah, wagen! Was wäre bei dir zu wagen! Wärst du mir gleich, so würde ich ganz anders mit dir sprechen; aber ich bin ein Emir aus Dschermanistan, und du bist nur ein kleiner Agha aus Fars.

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