140 - Zombies auf der Reeperbahn
!«
»Aber wenn einer fragt...«
»Dann sagst du, daß einer deiner Freier so
ausgefallene Wünsche hatte und dir immer die Wangen streicheln wollte .« Er lachte gehässig, sie nickte und lief durch den
Hintereingang, den sie vorhin zur Flucht benutzt hatte, in den »Einäugigen
Pirat« zurück.
Sie hörte Billy hinter sich toben. »Der Neuen
muß ich auch mal auf die Finger klopfen, scheint mir. In wenigen Minuten geht
die Show los, und sie bestreitet die zweite Nummer. Diese Morna müßte längst
drüben im Theater sein ...»
Mehr verstand Candy nicht, weil sie die Tür
hinter sich ins Schloß drückte.
Sie begab sich nicht sofort in die Bar,
sondern suchte erst ihr Zimmer im ersten Stock auf. Wie benommen taumelte sie
nach oben, weinte sich aus, wusch sich dann mit eiskaltem Wasser ab und
bedeckte die blauen Flecke und Striemen im Gesicht mit Make-up. Die Schwellung
ließ sich allerdings nicht verbergen.
Dennoch machte sich Candy auf den Weg nach
unten, weil sie wußte, daß sie Billy nicht noch mehr reizen durfte. Wenn sie
nicht auf ihrem Platz war, würde der Ärger größer.
Das Girl war wie abwesend, und die
unglaublichsten Gedanken kreisten wie ein Karussell im Kopf herum. Candy wußte
selbst nicht mehr, was sie von allem halten sollte. Vielleicht hatte sie
wirklich geträumt...
Spätestens in dem Moment, als sie die
verrauchte Bar betrat, zweifelte sie nicht mehr daran, daß sie einer Bewußtseinstrübung
zum Opfer gefallen war.
Kein Wunder, daß sie hinten im Hof keinen
Toten, kein Skelett gefunden hatte!
»Hallo, Candy !« begrüße sie die große Rothaarige, die mit einem Freier am Tresen hockte, die
langen, nackten Beine übereinandergeschlagen. »Ich hab dich schon vermißt .«
Candy nickte tapfer.
Die Freundin, die sie da ansprach, war
niemand anders als die rothaarige Jenny, mit der sie vorhin ins Freie gestürzt
war, um dem Lärm auf den Grund zu gehen.
Jenny, die vor ihren Augen durch die
Berührung eines Zombie-Skeletts selbst zum Skelett geworden war!
Und den Mann, dem sie am Hals hing, kannte
sie auch .. .
Das war der Fremde, der aus Gwen- das Zimmer
gestürzt und beim Aufschlag getötet worden war.
*
Sie schlug die Augen auf und fühlte sich
elend.
»Na also« ,_ sagte
eine unbekannte Stimme. »Es wird schon wieder .«
Morna Ulbrandson alias X-GIRL-C sah
verschwommen die Umrisse eines Gesichtes über sich, das sich langsam aus einem
Nebel schälte.
»Hier, trinken Sie das. Es belebt...«
Ihr wurde ein Glas an die Lippen gehalten,
und sie trank. Das Getränk war angenehm kühl und schmeckt fruchtig. Ein Schuß
Alkohol war ihm auch zugesetzt.
Dann sah Morna das Gesicht vor sich.
Der Mann hatte dunkles, welliges Haar, eine
wettergegerbte, sonnengebräunte Haut und unzählige Lachfältchen um die Augen.
Seine Nase war gerade, sein Kinn drückte Energie aus, seine Augen waren
dunkelbraun und paßten zur Farbe seines Haares.
»Wo bin ich hier ?« Sie richtete sich auf. »Im Wessener Hochhaus.«
»Fein«, seufzte sie und fuhr sich durch ihr
zerzaustes Haar. »Dann bin ich schon zu Hause. Und wie kommen Sie in mein
Apartment? Wer sind Sie ?«
Der Fremde lachte leise, und es klang
sympathisch. »Das ist nicht Ihr Apartment, Morna, sondern meines. Und ich bin
Professor Hollenz ...«
Sie hob erstaunt die Augenbrauen. »Ich wußte
nicht, daß auch Professoren im Wessener-Hochhaus wohnen«, antwortete sie.
»Haben Sie mich operiert? Erwache ich soeben aus der Narkose ?«
Sie stellte sich absichtlich ein bißchen
dumm, in der Hoffnung, dadurch um so eher den Widerspruchsgeist ihres
Gesprächspartners zu reizen.
Hollenz! Bisher kannte sie nur seinen Namen
und wußte, daß es in Afrika zwischen ihm und Charles Henniet aus London ein
Treffen gegeben hatte. Sie wußte ebenso, daß Hollenz im Hochhaus mehrere
Apartments gemietet und dort seine Afrika-Sammlung untergebracht hatte.
»Ich kam aus dem Haus«, berichtete der
jugendlich aussehende Professor, »und sah Sie am Boden liegen. Sie waren nicht
ansprechbar. Offensichtlich hat Sie ein Schwächeanfall in die Knie gezwungen.
Sie sollten unbedingt mal einen Arzt aufsuchen .«
Morna Ulbrandson gab sich verwirrt, erhob
sich kopfschüttelnd und ging nachdenklich zum Fenster.
Ihre Blicke streiften an den beleuchteten und
verhangenen Fenstern des gegenüberliegenden zweistöckigen Hauses entlang.
Sie konzentrierte sich auf das Fenster, aus
dem der Mann und schließlich das Zombie-Skelett gefallen waren.
X-GIRL-C glaubte im
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