1404 - Der Weg in die Hölle
eine Zwickmühle gebracht. Sie wussten nicht, was jetzt das Richtige war. Noch war die Gefahr nicht gebannt. Wenn sie angriffen, konnte es eine Hölle werden. Dann würde Blut fließen, und Harry hoffte, dass sie die Entscheidung noch hinauszögern wollten. Inzwischen drückte er seine Geisel immer weiter die Treppe hoch. Auch als der Mann über eine Stufenkante stolperte, hielt er sich nicht auf, sondern schob ihn weiter der Tür entgegen. Zwischen ihr und der letzten Treppenstufe befand sich ein Absatz. Den wollte Harry erreichen und dann sehen, wie es weiterging.
Die Tür sah er bereits. Der Strahl der Lampe wurde gelenkt, als wollte man Harry den Weg freimachen.
Die Menschen hatten sich an den Rändern der Stufen aufgebaut und bildeten ein Spalier. Auf Harry machten sie den Eindruck von blassen Wachsfiguren, aber er ließ sich nicht täuschen. Sie konnten es sich ebenso gut anders überlegen und plötzlich aus ihrer Starre erwachsen.
Die Mündung der Waffe rutschte nicht vom Kopf des Mannes.
Sein Körper fühlte sich steif an wie ein Brett. Er drückte nicht gegen Harry, aber er half auch nicht mit, die Stufen zu erklimmen, und so musste er mehr geschoben werden.
Für Harry Stahl war es ebenfalls eine verdammt stressige Situation. Er merkte es auch an sich selbst, denn er war ins Schwitzen geraten. Auch er atmete schnell, aber äußerlich behielt er die Ruhe. Es passte ihm nur nicht, dass sich einige Gestalten in seinem Rücken befanden, doch nach der nächsten Stufe hatte er die breite Stelle zwischen Treppe und Tür erreicht.
Der erste Stein fiel ihm vom Herzen.
Da hörte er hinter sich das Flüstern.
»Lass ihn frei!«, verlangte eine Frau.
»Später!«
»Nein, jetzt!«
So kurz vor dem Ziel wollte Harry nicht mehr aufgehalten werden. Die Taschenlampe wurde ausgeschaltet. Plötzlich fiel die Dunkelheit wieder über ihnen zusammen.
Harry stieß seine Geisel nach vorn. Sie prallte gegen die verschlossene Tür, und genau zum richtigen Zeitpunkt drehte sich der Agent um. Die andere Seite hatte auf diese Situation nur gelauert. Zu groß war der Frust geworden, und es war eine Frau, die Harry von einer unteren Treppenstufe her ansprang.
Er schlug zurück.
Es tat ihm Leid, aber es ging nicht anders. An der Stirn wurde die Frau getroffen und verlor das Gleichgewicht. Sie schaffte es nicht mehr, auf den Beinen zu bleiben. Der Druck fegte sie zurück. Sie bewegte hektisch ihre Füße, rutschte ab und wäre die Stufen hinabgefallen, wenn es nicht die anderen Helfer gegeben hätte.
Sie griffen zu, aber sie hatten Mühe, den fallenden Körper zu halten, dessen Gewicht auch sie umriss, und so kam es zu einer Kettenreaktion.
Es sah schon beinahe lächerlich aus, aber Harry verzog nicht einmal die Lippen.
Er hörte die Schreie der Fallenden und den Aufprall ihrer Körper.
Für ihn konnte es nur positiv sein. Mit der nächsten Aktion fasste er nach der Türklinke.
Glück oder Pech?
Er hatte Glück. Die Tür war nicht verschlossen. Sie ließ sich nach außen drücken.
Seine Geisel hatte die Gunst der Sekunde nicht nutzen können, als Harry abgelenkt gewesen war. Der Mann lehnte an der Tür, und beim Aufschwingen kippte er mit nach hinten.
Er fiel auf den Rücken und zudem vom Dunkel ins Helle hinein, das Harry gar nicht mehr gewohnt war, sodass er blinzeln musste, bevor er über den Körper hinwegstieg.
Es lief alles bestens. Es war perfekt. Er war frei und schaute sich zunächst um.
Leider steckte der Schlüssel auf der anderen Seite. So musste die Tür zunächst offen bleiben. Als sich die Geisel aufrichtete und dabei stöhnte, kümmerte sich Harry um den Mann.
Er packte ihn und drückte ihn über die Schwelle vor die Tür. Dann rammte er sie zu und dachte daran, dass die anderen Gegner genug damit zu tun hatten, sich zu fangen. Für ihn zählte nur, endlich wieder frei zu sein.
Dann stellte er fest, dass er sich in diesem Gasthaus befand. Zwar in einem anderen Flur, aber die Holzfächer mit den Touristen-Prospekten redeten eine deutliche Sprache.
Die erste Hürde war genommen. Aber er hatte das Ziel noch nicht erreicht. Der wahre Horror lag noch vor ihm…
***
Dass die Zeit nicht stehen bleibt, merkten wir auch hier. Der Tag ging zwar noch nicht über in den Abend, aber neigte sich bereits dem Ende zu. Besonders was die Helligkeit anging, die als solche nicht mehr bezeichnet werden konnte, denn die ersten grauen Vorboten hatten den Himmel erreicht und verdeckten die Sonne, die sich dahinter als
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