1405 - Sei schön für den Teufel
ist…«
»Nein!«, sagte sie mit ihrer leicht rauen Stimme und streckte mit ihrer Hand mit den abgespreizten Fingern entgegen. »So nicht. Mir reichen eure Vornamen.«
Die bekam sie auch. Vor allen Dingen der meines Freundes gefiel ihr. Sie versuchte herauszubekommen, woher er stammte. Dass er chinesisch war, wusste sie, aber sie wollte mehr über die Herkunft wissen.
»Sie liegt im Dunkeln, meine Liebe. Und ich denke, dass Sie das verstehen werden.«
»Bestimmt sogar.«
Die beiden unterhielten sich weiterhin über den Namen. Ich hörte nicht zu, denn mich interessierte das Aussehen der Frau. Sie war in gewisser Hinsicht wirklich perfekt. Es ging mir da um das Gesicht, in dem sich wirklich keine Falte zeigte, und so kam ich nicht umhin, sie mit Justine Cavallo, der blonden Bestie, zu vergleichen.
Nein, der Vergleich hinkte. Sie war keine Blutsaugerin und sah auch anders aus. Justines Gesicht konnte man nicht mit Porzellan vergleichen. Das war bei dieser Person der Fall. Auf mich machte es einen sehr künstlichen Eindruck.
War es nachmodelliert worden? Hatte sich ein Schönheitschirurg daran zu schaffen gemacht?
Das konnte durchaus der Fall sein. Nicht wenige Frauen ließen dort ihr Geld. Besonders fiel es auf, wenn ich ihre Hände betrachtete. Zwar waren die Finger voll mit Ringen, aber die konnten die gesamte Haut nicht verdecken. Durch sie sah man das wahre Alter der Frau, und wenn ich mich nicht zu sehr irrte, dann musste es jenseits der Fünfzig liegen.
Ich behielt meine Gedanken und Schlüsse vorerst für mich, denn sie redete mit Suko, bevor sie plötzlich stoppte, den Kopf drehte und mich anschaute.
»Du heißt John.«
»Seit meiner Geburt.«
»Ein normaler Name.«
»Mir gefällt er.«
Plötzlich blitzten die Augen. »Aber du bist nicht normal.«
»Wieso? Was ist mit mir?«
»Ich spüre es«, flüsterte sie. »Ich spüre es sehr deutlich.« Die großen Augen verengten sich. »Mit dir stimmt etwas nicht. Bei deinem Freund ist es etwas anderes. Da sehe ich…« Sie unterbrach sich, hob die Schultern. »Nun ja, ihr könnt euch entspannen und mir von euren Problemen berichten. Ich werde sehen, was ich für euch tun kann.«
Darauf waren wir gespannt. Der äußere Rahmen beeindruckte uns weniger. Wir hatten schon ganz andere Dinge erlebt, und auch in Wohnwagen kannten wir uns aus. Die meisten sahen von der Inneneinrichtung her nicht normal aus. Da gab es immer etwas Besonderes, und wer sich als Hexe ansieht, muss natürlich Bedingungen schaffen, die Vorurteile stützen.
Die Luft hier war echt mies. Nicht nur zu warm, es roch auch. Da waren irgendwelche Düfte, die für unsere Nasen nicht eben geeignet waren, aber das mussten wir hinnehmen.
Die Beleuchtung verteilte sich im Wagen. Es gab viele Stellen, die im Dunkeln lagen, aber auch hellere Flecken, und an einem solchen saßen wir. Nicht Inga. Ihr Platz war mehr im Schatten. Trotzdem konnten wir ihr Gesicht sehen, das so glatt, faltenlos und zugleich auch glänzend war.
»Wer hat euch geschickt?«, fragte sie leise.
Diesmal sprach Suko. »Ein Bekannter hat von Ihnen gesprochen, Inga.«
»Wer?«
Suko winkte ab. »Das tut nichts zur Sache. Er meinte nur, dass man bei Ihnen Rat erhalten kann.«
Sie lächelte dünn. »Es kommt darauf an, was man darunter versteht«, sagte sie. »Guter Rat ist teuer…«
»Wie viel?«
Inga zögerte mit der Antwort. Sie fixierte Suko, dann mich, und auf mir blieb ihr Blick länger hängen.
»Wie viel?«, wiederholte Suko.
»Nichts.«
»Ach!«
»Ja, ich möchte von euch nichts haben. Ich will nur, dass ihr verschwindet. Das ist alles. Weg, einfach weggehen. Ich kann euch hier nicht gebrauchen. Ich weiß sehr genau, dass ihr es nicht ehrlich meint. Ihr spielt falsch, verdammt. Und so etwas kann ich nicht leiden. Ihr seid Falschspieler. Ihr meint es nicht ehrlich, und ich hasse so was!«
»Warum reden Sie so?«, fragte ich. »Wir haben Innen nichts getan. Sie sollten…«
»Gehen Sie, verdammt! Hauen Sie ab. Lassen Sie sich nie wieder blicken. Sie bringen nichts Gutes mit!«
Suko und ich schauten uns an. Im Prinzip hatte sie Recht. Wir waren zu ihr gegangen und hielten an sich nichts gegen sie in der Hand. Es sollte nur eine Überprüfung werden, und der hatte sie bisher auch standgehalten. Nichts hatte sie getan, was wir ihr hätten ankreiden können. Sie war ruhig geblieben und wollte uns eben nur nicht akzeptieren. Das war alles.
Sie empfand Misstrauen uns gegenüber. Und umgekehrt war es nicht anders.
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