1413 - Enklave Chronopuls-Wall
unmißverständlich an, daß sie bereits mehr Zeit geopfert hatte, als sie sich erlauben konnte. Unaufschiebbare Experimente warteten auf sie an Bord des Landungsboots. „Geht das nicht schneller?" drängte sie. „Nein", antwortete Wil Kinston. Er ließ die Hände sinken und wandte sich ihr zu. „Sieh mal, dieses Transform-Geschütz ist ein älteres Modell, das eigentlich schon längst hätte ausrangiert werden müssen. Es hat..."
„Du brauchst mir das nicht zu erklären", unterbrach sie ihn. „Du hast mich gefragt", bemerkte er. „Das hätte ich lieber nicht tun sollen", seufzte sie. „Brauchst du mich wirklich noch? Ich habe eine Menge zu tun. Ich bin nicht hier geblieben, um Kanonen aufzubauen."
„Das ist nun nicht mehr zu ändern", erwiderte er und arbeitete langsam und mit pedantischer Genauigkeit weiter. „Du hast dich bereit erklärt, mit mir zusammenzuarbeiten, also wirst du das auch tun."
„Mir bleibt wohl nichts anderes übrig!
Wann ist es denn soweit? Wann können wir die Kanone einsetzen?"
„In fünf Stunden", eröffnete er ihr. „Wir haben inzwischen weitere Wallaby-Schiffe geortet. Wenn in fünf Stunden wiederum welche auftauchen, geht es los."
„Und wenn nicht?"
„Dann warten wir."
„Aber wir könnten schon mal auf den Chronopuls-Wall schießen." Er blickte sie kopfschüttelnd an. „Wie kann man nur so ungeduldig sein!" Er lächelte. „Hast du vergessen, daß wir auf die Meßergebnisse warten müssen, die Eidre Darr uns übermitteln wird? Wenn sie anzeigen, daß sich die Enklave schließt, müssen wir noch einmal überprüfen, ob wir die Transform-Kanone überhaupt einsetzen dürfen oder ob wir damit möglicherweise Einfluß auf die Enklave nehmen."
Karwen Say stöhnte verhalten.
Wil Kinston ging in seiner Pedanterie zu weit. Irgendwo mußten sie ein Risiko eingehen. Der geplante Versuch barg die Gefahr einer Überraschung in sich. Wenn es nicht so gewesen wäre, hätten sie von vornherein darauf verzichten können, denn dann wäre er nicht notwendig gewesen.
Die Syntronik ihres Schutzanzuges teilte ihr lakonisch mit, daß weitere Einzelteile von Ctl-Robotern gefunden worden waren, jedoch noch kein vollständiger Roboter.
*
„Was passiert da draußen eigentlich?" fragte Atlan, der sich zu dieser Zeit immer noch im Beiboot der LACRIMARUM auf Hera Iaufhielt. Er blickte auf die Bildschirme, auf denen laufend eine Reihe von Informationen der Bordsyntronik eingeblendet wurden. Sie gaben Auskunft über die unterschiedlichen Wärmewerte der Pflanzen und Tiere, die sich in der Nähe des kleinen Raumschiffes bewegten, über den Energiegehalt der herabzuckenden Blitze, über Analyseergebnisse der verschiedenen Meßsonden und vieles mehr. Zugleich machte die Syntronik darauf aufmerksam, daß alle Ergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit durch äußere Umstände und eine Eigenstrahlung vieler Früchte verfälscht wurden. „Das würde ich auch gern wissen", erwiderte einer der Männer in der Zentrale.
Es war ein asketisch aussehender Wissenschaftler. Er hatte krauses, hellrotes Haar. „Ich bin sicher, daß niemand von uns den Energiestrahler weggeworfen hat."
Atlan nickte. „Das ist klar. Es muß also jemanden da draußen geben, mit dem ich mich einmal unterhalten sollte."
„Was hast du vor?" fragte der rothaarige Wissenschaftler. „Ich gehe nach draußen", erwiderte der Unsterbliche, der bereits dabei war, einen leichteren Schutzanzug anzulegen. „Wenn da ein intelligentes Wesen ist, dann werde ich es finden."
Kurz darauf verließ er das Beiboot durch die Schleuse und trat in den strömenden Regen hinaus. „Führe mich zu dem Energiestrahler", befahl er der Syntronik. „Ich will ihn mir ansehen."
„Es gibt Hinweise darauf, daß es ein Energiestrahler ist", erklärte der Rechner. „Der eindeutige Beweis fehlt jedoch noch."
„Das ist mir bekannt." Atlan verspürte wenig Lust, sich von der Syntronik Belehrungen anzuhören.
Er verzichtete darauf, das Antigravgerät zu benutzen, sondern zog es vor, sich mit leichten Sprüngen voranzubewegen. Eine große Belastung war es für ihn ohnehin nicht, da die Schwerkraft auf Hera Inur etwa halb so hoch war wie an Bord des Beiboots. Die Syntronik gab ihm immer wieder Hinweise auf die Richtung, in die er gehen mußte, und es dauerte nicht lange, bis er die Waffe im Schlamm vor sich liegen sah. Er nahm sie auf und betrachtete sie. „Ich habe hier etwas gefunden", berichtete er, um die Männer und Frauen im Beiboot zu
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