1415 - Letzte Station Hölle
Er hatte die Waffe mit einer routinierten Bewegung gezogen, als wäre es das Normalste von der Welt.
Ich stoppte in der Bewegung, denn eine Kugel ist immer schneller.
In den Augen meines Gegenübers blitzte es auf. Er freute sich über diesen kleinen Sieg, der leicht zu einem großen werden konnte.
»Zwei Seelen und ein Gedanke. Pech nur, dass ich schneller gewesen bin. Man kann nicht immer gewinnen, Geisterjäger. Und schon gar nicht in einer so fremden Umgebung, in der andere Gesetze herrschen. Das Pech bleibt an euren Füßen kleben.«
»Ich glaube, wir haben verloren!«, flüsterte Glenda. »Aber ich kann es ja mal versuchen.«
»Was?«
»Mich gegen ihn zu stemmen. Mit meinem Willen und…«
»Denk erst gar nicht daran. Er ist stärker.«
»Was tun wir dann?«
»Abwarten?«
Saladin hatte uns in Ruhe gelassen. Ob er unser Gespräch verstanden hatte, gab er nicht bekannt. Jedenfalls suhlte er sich in seinem Sieg, und er würde die Zeit sicherlich noch weiter auskosten. Uns wehrlos zu wissen, war für ihn der größte Triumph.
Gegen Saladin kam ich mit meinem Kreuz auch nicht an. Er war eben ein normaler Mensch und kein Dämon. Auf der Seite der Hölle stand er zwar auch, aber eben anders.
Er spielte mit der Waffe. Mal zielte er auf meine Stirn, dann weder auf die Brust, als wäre er sich nicht darüber im Klaren, wohin er schießen sollte.
Ich wollte es ihn leichter machen und fragte deshalb: »Was willst du? Sag es endlich!«
»Eigentlich habe ich, was ich wollte. Ich muss nur mehr Einzelheiten für mich klären.«
»Und die wären?«
»Hypnose, Sinclair, mehr nicht. Dich zu hypnotisieren und zu erleben, dass es unmöglich für dich ist, dich zu wehren, wenn Mallmann dir das Blut aussaugt – ja, das ist etwas, von dem ich geträumt habe. So perfekt wie es nur sein kann.«
Ich wusste, welche Macht dieser Kerl auf Menschen ausübte, wenn er seine Kraft einsetzte.
»Ich werde alles tun, um dies zu verhindern.« Glenda raunte jedes einzelne Wort.
»Hör auf, du bringst es nicht!«, fuhr Saladin sie an. »Sinclairs Schicksal ist beschlossen – basta.«
»Tritt zur Seite«, bat ich sie.
»Nein, ich…«
»Bitte!«
Sie warf mir noch einen Blick zu. Etwas musste wohl in meinen Augen gestanden haben, dass sie dazu veranlasste, meinen Rat zu befolgen, und so stand ich Saladin Auge in Auge gegenüber.
In seinen Augen bewegte sich etwas. Dabei sprach er fast säuselnd meinen Namen aus und auch die folgenden Worte.
»Sinclair, wer will dich jetzt noch retten…?«
***
Dunkel – stockdunkel war es!
Marlene und Marek hockten dicht beisammen. Ihre Körper berührten sich. Der Pfähler konnte sogar ihre Haut riechen, die einen wirklich besonderen Geruch abgab. Nach Gewürzen oder Kräutern, die ihm fremd waren.
Aber auch er schwitzte, und Marek hatte sogar das Gefühl, als würde sich die Luft immer mehr verdichten und das Atem erschweren.
Zunächst wurden die beiden von den Geräusche draußen abgelenkt. Dass es tatsächlich Wölfe waren, das konnten sie hören. Das leise Heulen, das Knurren, das Scharren der Pfoten auf dem Boden.
»Die suchen uns«, flüsterte Marlene.
»Wen sonst.«
»Und was ist mit den Blutsaugern?«
»Keine Sorge, die kommen noch!« Marek lachte bitter. »Sie haben ihre Wölfe als Vorhut geschickt. Beide arbeiten Hand in Hand.«
»Und wir sitzen hier fest.«
»Noch.«
»Glaubst du denn, dass es anders werden könnte?«
»Ich weiß es nicht, und deshalb müssen wir uns überraschen lassen.«
Die beiden so unterschiedlichen Menschen blieben weiterhin dicht an der Klappe hocken. Keiner traute sich mehr, sie zu öffnen, um einen Blick in den Keller zu werfen, wo die Wölfe tobten. Sie versuchten immer wieder, die Klappe nach innen zu drücken, und wütend sprangen sie dagegen.
»Die kann nicht halten«, flüsterte Marlene, »das glaube ich nicht. Wenn sie fällt, dann…«
»Werden wir uns zu wehren wissen. Sie können nicht alle auf einmal in den Schacht hier hineindrängen. Sie müssen einzeln kommen, und dann haben wir eine Chance.«
Marlene lachte. »Klasse. Dabei hatte ich mit meinem Leben abgeschlossen. Aber ich wollte es ja. Ich wollte zu Mallmann, weil ich ihn hasse. Ich wollte hier alles ausspionieren, doch ich habe nicht gedacht, dass sich die Dinge so entwickeln würden. Sie haben mich nicht mal gebissen und mir das Blut ausgesaugt. Ich sollte ein Fraß für die Ratten und Wölfe werden.«
»Wenn sie es jetzt versuchen, werden sie sich den Magen
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