1419 - Mandragoros Mörderfee
bezahlt.
Bandon lag zu weit vom Meer entfernt, als dass es einen Hafen gehabt hätte. Nur der wilde Bach rauschte durch den Ort. Er schoss zwischen einer Gruppe von Felsen hervor, die wie Grabwächter auf einer Erhöhung standen und von deren Rand aus man senkrecht in die Tiefe schauen konnte. Erst dort wurde der Wasserfall zum Wildbach und in ein recht enges Bett gezwängt.
Man konnte über eine schmale Straße am Wildbach entlanggehen, der wenig später an Breite zunahm und auch weniger schnell floss.
Bei starken Regenfällen war das sicherlich anders.
Ein sattes Grün breitete sich auf sanften Hügeln aus, über denen die Sonne stand, deren warme Strahlen das Wasser glitzern ließ und ein graues Holzhaus betupften, das etwas erhöht stand, und um das herum so etwas wie ein kleiner Hafen gebaut worden war, in dem die Boote lagen, die man mieten konnte.
Es waren nicht nur Einsitzer. Es gab auch welche, in denen zwei Personen Platz hatten. Größere Schlauchboote für ein halbes Dutzend Fahrer waren ebenfalls vorhanden. Zwei von ihnen waren auf eine Schräge vor dem Haus gezogen worden, wo ein junger Mann damit beschäftigt war, sie abzureiben.
Das Haus konnten wir über einen Holzsteg erreichen. Unter uns schäumte das Wasser. Am Ende des Stegs beruhigte es sich, weil ein Teil davon in einen künstlich angelegten Hafen geleitet wurde.
Der junge Mann schaute zuerst auf, als er uns sah, dann erhob er sich. Er trug Jeans, halbhohe Turnschuhe, ein Hemd und eine dicke Weste mit Taschen an der Vorderseite. Auf seinem Kopf saß eine Kappe mit der Aufschrift »I love Ireland«.
Er war höchstens achtzehn, und als wir in sein Gesicht schauten, fielen uns die Sommersprossen auf.
Die Bürste behielt er in der Hand, als er uns ansprach.
»Hi, Sie wünschen?«
»Bist du der Chef?«, fragte Suko.
»Nein, ich helfe hier nur aus. Außerdem habe ich keinen Chef, sondern eine Chefin.«
»Ist sie da?«
»Sie kommt gleich.«
»Und wie heißt sie?«
»Cora Shannon.« Mehr sagte er zunächst nicht. Wahrscheinlich war ihm aufgefallen, dass er schon zu viel geredet hatte, deshalb fragte er: »Was wollen Sie eigentlich? Nur Fragen stellen?«
»Auch das«, erklärte Suko. Dabei deutete er auf die Boote. »Wir haben gehört, dass ihr sie verleiht und…«
Der Junge winkte ab. »Ist alles richtig, Mister. Aber darum kümmert sich die Chefin.« Er schaute den Weg hoch, den wir gekommen waren. »Wie gesagt, sie ist unterwegs.«
»Dann warten wir so lange.«
»Bitte.«
Er kümmerte sich wieder um seine Arbeit. Wir hätten ins Haus gehen können, doch wir zogen es vor, uns auf eine Bank zu setzen, die vor dem Haus stand.
Die Kühle des Wassers wehte uns entgegen. Hin und wieder schäumte die Gischt in die Höhe, aber ein weiterer Kunde tauchte nicht auf.
»Nicht viel los hier – oder?«, rief ich dem jungen Mann zu.
»Noch nicht. Aber wenn die Touries kommen, können wir nicht genügend Boote haben.«
»War heute schon ein Kunde da?«
»Ein Mann.«
»Tourist?«
Er nickte und schrubbte weiter.
»Kennst du ihn?«
»Nicht wirklich. Ich weiß nur, dass er Ken Bullock heißt und hier ausspannen will. Das hat er der Chefin erzählt.«
»Wovon will er denn ausspannen?«
Der Junge winkte ab. »Ich weiß nicht, welchen Job er hat. Da fragen Sie besser die Chefin.« Er hielt einen Moment mit seiner Arbeit inne und deutete den Weg hoch.
»Da kommt sie.«
Die Frau war nicht zu übersehen. Selbst aus dieser Entfernung erkannten wir, dass sie sehr attraktiv war. Sie trug eine ochsenblutfarbene Hose aus Leder, dazu einen schwarzen Pullover, und das dunkle Haar hing wie zwei Vorhanghälften an beiden Seiten des Gesichts herab. Die Enden reichten über die Schultern hinweg und wippten auf den Ansätzen der Brüste.
Beim Näherkommen sahen wir ihr katzenhaft geschnittenes Gesicht mit den leicht schräg stehenden Augen. Unter der etwas zu breiten Nase malte sich ein kleiner Mund ab.
Ich will mich nicht als unbedingter Frauenkenner bezeichnen, aber der Anblick dieser Person sorgte bei mir für eine gewisse Vorsicht.
Natürlich konnte ich mich auch täuschen, aber in diesem Fall verließ ich mich gern auf meine Menschenkenntnis.
»Kundschaft, Chefin.«
»Das sehe ich.«
Wir waren aufgestanden. Die Frau blieb vor uns stehen. Fast provokant, denn sie hatte die Hände in die Seiten gestützt.
»Mein Name ist Cora Shannon. Mir gehört der Bootsverleih hier. Haben Sie schon eine Entscheidung getroffen?«
»Im Moment noch
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