1420 - Der Geisterhenker
bewegen durfte ich mich nicht. Eine Gehirnerschütterung hatte ich wohl nicht davongetragen, aber auf meinem Kopf und unter dem Haar wuchs eine leichte Beule. Beim Tasten über den Kopf spürte ich es genau.
Ich wollte die Augen auf keinen Fall schließen und konzentrierte mich auf mein Umfeld. Ich hielt mich im Zimmer einer fremden Wohnung auf. Ich hatte sie durchsucht, ich hatte Hinweise auf ein Motiv gefunden und wusste nun, dass der Henker, den man in Kalifornien mit der Todesspritze ins Jenseits befördert hatte, nicht tot war.
Er hatte sich zu einer Rückkehr entschlossen, und es war ihm sogar gelungen.
Wie er das genau geschafft hatte, das wusste ich nicht. Ich kannte zudem zu wenig von den Hintergründen, aber es entsprach den Tatsachen, und damit musste ich mich leider abfinden.
Hinzu hatte dieser Henker von einer Seite Unterstützung bekommen, die ich auch nicht einkalkuliert hatte. Saladin, der Hypnotiseur, war es gewesen. Er mischte kräftig mit. Er war der Mann im Hintergrund und hielt die Fäden in der Hand.
Ich hatte ihn indirekt erlebt. Er war…
Meine Gedanken stockten plötzlich. Verdammt, irgendwas war da schief gelaufen. Etwas zuckte durch meinen Kopf, das die Schmerzen sogar intensivierte, und plötzlich wusste ich Bescheid.
Jim Fieldman!
Der Polizist, der Kollege, der Mann, der mich hier niedergeschlagen hatte.
Verflucht auch!
Die Schmerzen waren nicht so stark, als dass ich nicht hätte nachdenken können. Plötzlich stand alles glasklar vor meinen Augen.
Jim Fieldman war erschienen, um mich zu töten!
Töten?
Das hätte er tun können, aber er hatte es nicht getan. Es musste einen Grund dafür geben, und ich versuchte, ihn durch Nachdenken herauszufinden, was leider nicht klappte, denn in meinem Gehirn summte es immer noch wie verrückt. Ich bewegte sehr langsam den Kopf, um mich umzuschauen.
Sekunden später entdeckte ich den Toten!
Er lag verkrümmt auf dem Boden. Den rechten Arm hielt er angewinkelt und zwar so weit, dass er ihn nur etwas hatte anzuheben brauchen, um sich eine Waffe in den Mund zu stecken. Er hielt sie jetzt noch in seiner starren Hand fest. Ich sah die Pistole auch nicht ganz, weil der Lauf in der Mundhöhle verschwunden war, aber mir war klar, was das bedeutete.
Jim Fieldman hatte sich selbst umgebracht. Blut sah ich nicht. Die Kugel war auch nicht aus seinem Kopf ausgetreten. Sie steckte irgendwo in den Gehirnwindungen.
Ich konnte von der Seite her einen Blick in das Gesicht werfen. Es war starr, doch in den Zügen stand noch das Grauen geschrieben, das er in den letzten Sekunden seines Lebens durchlitten hatte.
Ich war davon überzeugt, dass er nicht freiwillig aus dem Leben geschieden war. Man hatte ihn manipuliert. Man brauchte ihn nicht mehr, und dahinter steckte nur eine Person.
Saladin, diese verfluchte Bestie!
Er hatte Jim Fieldman zu seiner Marionette gemacht. Und dann, als er ihn nicht mehr brauchte, hatte er ihm den Befehl gegeben, sich selbst zu töten.
Und ich lebte!
Das Warum? war wie ein Schrei, der durch meinen Kopf zuckte.
Warum lebte ich noch, und warum war Fieldman tot? Saladin hätte die Chance gehabt, seinen stärksten Feind aus dem Weg zu räumen.
Er hatte es nicht getan. Er hatte mich nur niederschlagen lassen, und das war bestimmt nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit geschehen. So etwas konnte man einer Person wie Saladin nicht nachsagen.
Er tat nichts ohne Grund. Bei ihm gab es immer einen Plan. Davon musste ich ausgehen.
Erst jetzt, wo ich etwas nachgedacht hatte, kam mir zu Bewusstsein, wie allein ich war. Ich saß in der fremden Wohnung. Mit Hilfe war nicht zu rechnen, und wenn ich pessimistisch dachte, würde ich mir vorkommen wie jemand, der auf seinen Tod wartete.
Genau das wollte ich nicht. Ich war auch kein Pessimist. Ich war noch immer jemand, der sich nie in sein Schicksal fügte und sich immer dagegen auflehnte. Das war auch jetzt nicht anders, aber meine Mittel waren schon begrenzt.
Ich fühlte mich kaputt und zerschlagen. Wenn ich einen Arm oder ein Bein bewegte, dann geschah das unter großen Anstrengungen.
Als ich an mein Handy dachte, blieb es zunächst bei dem Gedanken, den ich noch nicht in die Tat umsetzen konnte.
Im Raum war es still bis auf das Summen einer Fliege, die ihre Kreise zog und sich von der Leiche angezogen fühlte. Sie kreiste um sie herum. Aufgrund meiner Kopfschmerzen kam mir das Geräusch doppelt und dreifach so laut vor.
Ich war noch bewaffnet, denn ich spürte den leichten
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