1427 - Todesfallen
Tritt war steil, und daran hatte sie wohl nicht gedacht, denn sie musste auch uns noch im Auge behalten.
Die Blonde trat auf, schwankte, wobei die Waffe aus der Richtung geriet, und genau das war Sukos Chance.
Er war schnell wie eine zuschnappende Klapperschlange. Die Frau wusste nicht, wie ihr geschah. Plötzlich zeigte die Mündung gegen den Himmel, und Suko musste den Arm gar nicht drehen. Ein Druck gegen eine bestimmte Stelle der Hand reichte völlig aus.
Die Waffe fiel ins Gras. Ich hob sie auf und steckte sie erst mal ein.
Suko ließ die Frau los. Die Blonde starrte ihn an und atmete dabei schwer. Sie fluchte auch, nur verstanden wir nichts.
Einige Zeit verstrich, dann hatte sie sich wieder gefangen, und sie hörte auch meine Frage.
»Können wir uns jetzt in Ruhe unterhalten?«
Damit hatte die Blonde wohl nicht gerechnet. Ihre Haltung hatte eher darauf hingedeutet, dass sie eine Gewaltaktion erwartete, deshalb schaute sie mich verwundert an.
»Haben Sie mich verstanden?«
Nervös schaufelte sie ihre Haare zurück. »Ich weiß nicht.«
»Wir sind wirklich Polizisten und kommen aus London.«
Die Blonde drehte den Kopf. »Glaubst du das, Giselle?«
»Ja, das glaube ich.«
Ich lächelte. »Dann ist ja alles klar, nehme ich an. Wir haben einige Fragen.«
Die Lage war entschärft. Wir erfuhren auch die Namen der beiden Frauen.
Die Blonde hieß Angela, die Rothaarige Giselle. Wir nannten ihnen auch unsere Vornamen.
»Ihr seid nicht vom Geheimdienst?«
Ich lächelte Giselle zu und zeigte meinen Ausweis. Ob sie etwas damit anfangen konnte, war fraglich, aber der Anblick sorgte bei ihr für eine gewisse Beruhigung.
»Können wir jetzt zur Sache kommen?«
Beide nickten. Sie baten nur darum, dass in einer Mischung aus Deutsch und Englisch gesprochen wurde. Damit konnten wir dienen, und wir erklärten auch, dass es um die vier Morde ging, die hier in der Nähe stattgefunden hatten.
»Davon wissen wir«, flüsterte Giselle. »Aber wir haben damit nichts zu tun.«
Ich wollte schon etwas hinzufügen, als mir Angelas Haltung auffiel. Da sie eine sehr knappe Hose trug, fiel mir auf, wie sie mit ihren Handflächen über die Oberschenkel strich. So reagierten eigentlich nur Menschen, die nervös waren.
»Haben Sie Probleme?«
Angela schüttelte den Kopf. Beinahe zu heftig, als dass es normal gewesen wäre.
»Also keine?«
»Angst«, flüsterte sie.
»Das kann ich mir denken.«
»Wir wollten weg von hier«, erklärte Giselle. Dann deutete sie auf die beiden Volvos. »Wir wären es schon, aber man hat unsere Wagen außer Gefecht gesetzt.«
»Sie können nicht fahren?«
»Bei mir ist was am Motor. Bei Angela sind die Reifen durchgestochen worden.«
Das war in der Tat seltsam. Ich ging hin und schaute es mir aus der Nähe an, während Suko weitere Fragen stellte.
»Haben Sie einen Verdacht, wer es getan haben könnte?«
»Nein!«
Die Antwort hatte Angela mit sehr lauter Stimme gegeben, und das machte mich stutzig. Ich erhob mich aus meiner gebückten Haltung und drehte mich zu ihr um.
»Sie haben wirklich keinen?«
»Das sagte ich doch!«
Meinem Blick wich Angela aus. Ich war auch nicht von gestern und kannte die Menschen. So heftig, wie sie reagiert hatte, da musste sie einfach etwas zu verbergen haben.
Ich behielt meinen Gedanken für mich. »Schade, dass Sie nichts gesehen haben. Außerdem ist das eine recht einsame Gegend. Ich an Ihrer Stelle würde mich fürchten nach allem, was hier passiert ist. Da bin ich schon ehrlich.«
Da hatte ich die richtigen Worte getroffen, denn Giselle gab die Antwort. »So dachten wir auch. Deshalb wollten wir verschwinden. Wir waren schon dabei, da sind Sie gekommen.«
»Wie denn?«, fragte Suko.
Giselle verzog das Gesicht. Sie musste erst schlucken, bevor sie etwas sagen konnte.
»Zu Fuß!« Angela war schneller.
Fast hätte ich gelacht. Aber den beiden Frauen war es ernst. Deshalb fragte ich: »Wie haben Sie sich das denn vorgestellt? Mein Gott, hier ist keine Großstadt und…«
»Wir hätten versucht, als Anhalterinnen mitgenommen zu werden.«
»Ja, das verstehe ich.«
»Können wir jetzt gehen?«, fragte Angela.
»Moment noch. Darf ich fragen, woher Sie die Waffe haben?«
»Gekauft. In Bukarest. Auf dem Schwarzmarkt. Das ist kein Problem. Manchmal geht es in unserem Land noch archaisch zu.«
Das war verständlich. Auch erklärbar. Ich hatte nur den Eindruck, dass etwas daran nicht stimmte. Während der Antwort hatte ich Angela beobachten können.
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