1427 - Todesfallen
ich auch hier. Das bin ich dir schuldig. Denk daran, als du mich damals vor diesem Irren gerettet hast, der alle Huren hasste. Das habe ich nicht vergessen.« Demonstrativ setzte sie sich auf den Klappstuhl vor dem Wagen.
Giselle blieb stehen. »Wir würden über Tage hinweg unterwegs sein«, erklärte sie.
»Nein. Bestimmt nicht.«
»Und wieso nicht?«
»Weil wir trampen könnten. Das hatte ich mir gedacht. Kein zu langer Fußmarsch. Irgendwann würden wir bestimmt auf jemanden treffen, der uns mitnimmt. So denke ich mir das, und ich kann mir vorstellen, dass es auch zutrifft. Wir könnten den Fahrer auch bezahlen, wenn er es will. Kann ich dich da überreden?«
Giselle geriet ins Schwanken. Dabei schaute sie zur Straße hin.
»Willst du dich dort hinstellen und winken?«
»Das nicht. Man kennt uns. Keiner aus Petrila würde uns mitnehmen. Ich denke mehr an die Trucker. Einige Lastwagen habe ich hier schon vorbeifahren sehen.«
»Das könnte sogar klappen.«
»Sag ich doch.« Angela deutete gegen ihre Brust. »Ich will nicht noch mal das Gleiche erleben wie in der letzten Nacht. Darauf kannst du Gift nehmen.«
Giselle sagte nichts mehr. Dafür erhob sie sich und deutete zur Straße hin. Dort hatte soeben ein Wagen gehalten. Kein Lastwagen, sondern ein alter VW-Käfer mit einer Farblackierung, die man als undefinierbar bezeichnen konnte.
Zwei Männer verließen den Wagen und kamen quer über die Wiese auf die beiden Frauen zu.
»Verdammt, die wollen zu uns«, flüsterte Angela.
»Und?«
»Das kann Probleme geben…«
***
Der alte Käfer hatte seine Pflicht getan. Die Autoschlüssel hatten wie immer in einer bestimmten Schublade gelegen, woran ich mich noch erinnert hatte. Dann waren wir nur eine kurze Strecke gefahren, bis wir unser Ziel erreichten.
Zwei Wohnwagen und zwei Autos standen beisammen. Die Wagen gehörten nicht eben zur Extraklasse. Sie hatten jeweils nur eine Achse und waren demnach recht klein.
Wir waren bereits gesehen worden. Zwei Frauen hielten sich im Freien auf. Eine Blondine, recht schlank von der Figur, und eine mit roten Haaren, ein Typ für Männer, die das Barocke und Füllige liebten.
Sie schauten uns entgegen, und schon jetzt sahen wir, dass sie eine abwehrende Haltung eingenommen hatten. Mit großer Freude würden sie uns nicht empfangen.
Schließlich ging die Blonde einen Schritt auf uns zu. Dann blieb sie wieder stehen und gab uns in einem provozierenden Tonfall zu verstehen, dass wir nicht willkommen waren.
»Haut ab! Der Laden ist geschlossen!«
Wir blieben auch stehen, und ich fragte: »Welcher Laden denn?«
»Hör auf, du weißt schon Bescheid. Wenn ihr Druck habt, macht es euch selbst.« Die Blonde drehte sich um und verschwand im Wohnwagen.
Suko und ich schauten uns an. Das war ein sehr netter Empfang, und so wandten wir uns an die Rothaarige.
»Ist Ihre Kollegin immer so wenig kundenfreundlich?«
»Wir haben Urlaub.«
»Verstehe.«
Die Füllige bewegte ihre rechte Hand. »Und jetzt geht weg!« Plötzlich fiel ihr ein, dass wir halb Englisch und halb Rumänisch gesprochen hatten. Sogar ein paar Worte deutsch hatte ich mit eingebracht, weil ich von der rumänischen Sprache nur wenig kannte.
Die Frau bekam kleine Augen.
»Wer seid ihr?«
»Das ist scheißegal, wer sie sind. Sie sollen verschwinden.« Die Blonde im Wagen hatte Englisch gesprochen, wenn auch mehr geradebrecht, aber wir hatten sie verstanden.
Sie erschien jetzt wieder in der offenen Tür und hielt mit beiden Händen eine Pistole so verkrampft fest, als hätte sie Angst, dass sie ihr aus den Händen rutschen konnte.
»Vorsicht«, sagte Suko. »Die könnte losgehen.«
»Das wird sie auch, wenn ihr nicht verschwindet!«
»Würden Sie morden?«
»Ja!«
»Auch zwei Polizisten?«
Nach dieser Frage stutzte sie und sagte erst mal gar nichts. Sie schaute Suko nur an. Von der fülligen Frau hörte ich einen leisen Schreckensruf.
Plötzlich lachte die Blonde. »Das seid ihr nicht, verdammt. Das seid ihr niemals. Ich weiß nicht, woher ihr kommt, aber rumänische Polizisten seid ihr nicht.«
Diesmal übernahm ich das Wort. »Das haben wir auch nicht behauptet, trotzdem sind wir es.«
»Und wo kommt ihr her?«
»Aus London«, erwiderte ich wahrheitsgemäß.
Das war genau falsch. Die Blonde schrie plötzlich auf. Sie fühlte sich auf die Schippe genommen. Das Blut stieg ihr in den Kopf. Ich fürchtete, dass sie durchdrehen könnte. Sie ging einen Schritt vor, um den Wagen zu verlassen.
Der
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