1434 - Todeswünsche
Er hat meinen Stiefvater nicht mal gekannt. Ich weiß, dass er meinetwegen gestorben ist, weil er und ich zusammen waren, was irgendwelchen verdammten Gangstern nicht passte. Aber sie haben nicht mit mir gerechnet, das kann ich Ihnen schwören.«
»Nur mit Ihnen?«
»Nein. Auch mit dem Erfüller meiner Wünsche. Er hat gesehen, was passiert ist. Er wollte mir wirklich einen Traum erfüllen. Ein Wunsch sollte wahr werden. Ich habe auch nicht gedacht, dass es passieren könnte, aber es ist nun mal geschehen, und jetzt werde ich auf diesem Weg weitergehen, das habe ich mir geschworen.«
»Das verstehe ich, Rita. Aber es gibt auch eine andere Seite, daran müssen Sie ebenfalls denken.«
»Sie interessiert mich nicht.«
»Aber mich.«
»Sie werden mich von meinem Weg nicht abhalten können. Leftys Tod muss gerächt werden. Einen seiner Killer hat es bereits erwischt. Ich werde mir auch den zweiten holen.«
»Es ist Selbstjustiz.«
»Na und?« Sie lachte. »Das interessiert mich nicht. Auf meinem Weg gelten die alten Regeln nicht mehr. Ich folge den neuen. Aber zuvor musste ich von Lefty Abschied nehmen.«
»Das verstehe ich. Trotzdem sollten Sie es sich noch mal überlegen. Wir könnten darüber reden.«
»Später.«
»Bitte, ich…«
»Nein, Mr Sinclair, es gibt für mich kein Zurück. Ich werde nicht von meinem Ziel lassen.«
»Und dabei ist Ihnen klar, dass Sie ebenfalls gemordet haben?«
»So sehe ich das nicht. Ich habe bestraft, das ist alles. Ich habe nur das getan, was getan werden musste. Da können Sie sagen, was Sie wollen. Man hat mein altes Leben zerstört, aber jemand hat sich bereit gefunden, mir ein neues zu geben.«
»Und wer war dies?«
»Sie kennen ihn nicht.«
»Möglicherweise doch. Wir sollten es darauf ankommen lassen, Rita.«
Auf ihre Lippen legte sich ein Lächeln. Sie strahlte mich plötzlich an. »Es ist jemand gewesen, der größer ist als alles andere, was ich bisher erlebt habe. Ich kann da nur von einem kleinen Wunder sprechen, das mich gestreift hat. Ich möchte auch keine Fragen mehr beantworten und…«
Darauf ließ ich mich nicht ein und fragte mitten in ihren Satz hinein: »Ist es der Spuk gewesen?«
Sie schwieg.
Das reichte mir als erste Antwort. Ich präzisierte meine Frage.
»War es der Herr im Reich der Dämonenseelen? Der Herrscher einer absoluten Schwärze, die er selbst ist?«
»Ich werde nichts darüber sagen. Ich bin einen neuen Weg gegangen. Er wurde mir offenbart, und das ist wunderbar. Ich schaffe es auch ohne Lefty, aber ich werde ihn nie vergessen. Ich muss andere Dinge tun. Ich werde mir all diejenigen holen, die schuld an Leftys Tod sind, und das waren nicht nur die beiden Killer.«
»Sie kennen den Auftraggeber?«
»Ja, der ist mir bekannt.«
»Wie heißt er?«
Rita lächelte mich an. »Nein, Mr Sinclair, so geht das nicht mehr. Es hat sich vieles verändert. Was jetzt abläuft, das ist allein meine Sache. Niemand wird mir dabei hineinreden. Ich glaube, dass ich mich wieder melden werde, wenn ich alles hinter mich gebracht habe. Dann können wir miteinander reden.«
»Nein, Rita! Ich…«
»Mr Sinclair!«, flüsterte sie scharf. »Hüten Sie sich davor, mich als Feindin zu haben. Denken Sie an den Killer und daran, wie es ihm ergangen ist.«
Das war deutlich genug. Ich brauchte nur einen Blick in ihre Augen zu werfen, um Bescheid zu wissen. Die Pupillen hatten sich verändert. Sie zeigten jetzt eine absolute schwarze und auch lichtlose Farbe. Alles war dunkel. Der Spuk hatte bei ihr sein Zeichen hinterlassen.
Sollte ich sie festhalten? Sollte ich es mit dem Kreuz versuchen?
Bevor ich eine Entscheidung treffen konnte, hatte sie sich umgedreht und ging zur Tür.
Nach einem Schritt bereits erlebte ich die Veränderung. Ich sah, wie die Konturen ihres Körpers verschwammen. Sie lösten sich auf, und zugleich entstand dort, wo sie sich befand, ein tief schwarzer Schatten, der zwar noch die Konturen ihres Körpers zeigte, aber sicherlich nicht mehr dreidimensional war.
Noch vor der Tür löste sich der Schatten auf, und ich hörte zum Abschied ihre leise Stimme.
»Keiner kann mich aufhalten – keiner…«
Dann war Rita Franklin weg!
Ich brauchte einige Sekunden, um das alles zu verdauen. Wieder mal war ich mit dem Unerklärlichen und Unwahrscheinlichen konfrontiert worden, aber das war mir mittlerweile zur Gewohnheit geworden. Nur stellte ich mir die Frage, ob ich falsch reagiert hatte.
Vielleicht wäre es mir ja gelungen, sie
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