1443 - Die Hölle stirbt nie
ist der Erzfeind des Teufels. Er hasst sie. Er hasst sie, weil er sie nicht besiegen kann, aber er versucht es immer wieder und freut sich wahnsinnig, auch wenn er ihr nur eine Teilniederlage zufügt. Und deshalb sind wir der Meinung, dass er es bei einer Kirche versucht.«
»Sie denken an einen Angriff?«
»Ja.«
Kenneth Brown legte die Stirn in Falten. »Wie könnte das denn aussehen? Haben Sie dazu schon eine Idee?«
»Wie heißt die größte Kirche hier?«
»Das ist die Chatham Cathedral.«
Ich nickte. »Ich schätze unseren Gegner so ein, dass er klotzt und nicht kleckert. Er wird versuchen, der Kirche den Stempel der Hölle aufzudrücken. Das sage ich mal so, und ich denke, dass er es auch schafft.«
Kenneth Brown senkte den Blick. Er gab zu, sich noch nie in einer derartigen Lage befunden zu haben, schob einen leeren Aschenbecher von einer Seite zur andere und fragte mit leiser Stimme: »Haben Sie einen Plan, meine Herren?«
»Noch nicht«, gab ich zu. »Aber wir müssen irgendwo beginnen, und unsere Überlegungen gingen eben in diese Richtung. Die Kathedrale wäre für ihn der perfekte Prüfstein.«
»Kann sein«, murmelte Brown, der zugleich den Kopf schüttelte.
»Ich lasse mich da auf etwas ein, das ich selbst nicht begreifen kann. Das heißt, ich hätte es nie getan, wenn Sie nicht vor mir gesessen hätten. So aber muss ich die Dinge anders sehen, und sie haben Glück, dass ich den – sagen wir – Chef der Kathedrale kenne. Es ist Reverend Morton Butler. Er lebt für seine Kirche und wohnt auch in einem Nebengebäude. Ihn könnte ich anrufen.«
»Das wäre hervorragend«, lobte ich.
Die Hand des Kollegen lag schon auf dem Hörer, aber er hob ihn noch nicht ab. »Wenn ich ja nicht wüsste, wen ich vor mir habe, dann hätte ich sie schon längst für verrückt erklärt. Aber Sie sind ja keine Neulinge, und es hat sich herumgesprochen, welche Erfolge Sie bereits erzielt haben.«
»Danke«, sagte ich.
Danach suchte der Kollege die Telefonnummer des Reverend Butler und tippte sie ein.
Der Mann meldete sich nicht.
Kollege Brown schüttelte den Kopf. »Hm, er ist wohl nicht zu Hause.«
»Haben Sie eine Handynummer?«, fragte Suko.
»Nein. Aber dass Morton Butler unterwegs ist, das ist nicht ungewöhnlich, wenn ich ehrlich bin. Um diese Zeit werden die Weihnachtsdekorationen angebracht, Tannenbäume aufgestellt und so weiter. Da hat man auch als Chef zu tun.«
»Okay.« Ich hatte mich längst entschieden. »Suko und ich werden hinfahren.«
»Ach«, staunte der Kollege, »obwohl Sie sich nicht sicher sind?«
»Irgendwo müssen wir anfangen. Keiner von uns möchte irgendwo herumsitzen und abwarten, bis wieder etwas passiert. Es kann sein, dass wir falsch liegen, aber das muss nicht sein, denke ich.«
»Stimmt.« Brown schaute auf seine Uhr. »Wenn Sie wollen, kann ich Sie begleiten.«
Ich winkte ab. »Das ist nicht nötig. Wir finden den Weg allein. Geben Sie uns nur eine Nummer, unter der wir Sie erreichen können.«
Er schrieb sie uns auf.
Als ich den Zettel an mich nahm, sagte Kenneth Brown mit leiser Stimme. »Es kann sein, dass ich doch noch erscheine, sollte ich nichts mehr von Ihnen hören.«
»Das überlassen wir Ihnen…«
***
Reverend Morton Butler legte den Telefonhörer auf und lächelte. Er hatte soeben mit dem Leiter einer Pfadfindergruppe telefoniert. Die Jungen und Mädchen wollten zu ihm in die Kirche kommen und beim Schmücken der Bäume mithelfen. Sie waren schon aufgestellt, aber noch immer kahl, sodass sie nichts Weihnachtliches verströmten.
Es waren zwei große Bäume, und sie mussten schon bestimmte Maße haben, um in der hohen Kathedrale auch aufzufallen, denn hoch über den Bänken und Säulen schwebte die blassgraue Decke wie ein entfernter Himmel.
Die Pfadfinder folgten damit einer alten Tradition. In einer guten halben Stunde würden sie in der Kirche eintreffen. Sie brachten Kerzen mit, Kugeln, Lametta und auch einige geschlossene Briefe, die immer an den Baum gehängt wurden. Wer sie öffnete, der konnte sich die Wünsche und Bitten durchlesen, die von zahlreichen Kindern und Jugendlichen geschrieben worden waren.
Morton Butler stand hinter seinem Schreibtisch auf. Er war ein recht großer Mann. Manche sprachen auch von einer hageren Gestalt. Er trug seinen grauen Anzug und einen Pullover darunter.
Obwohl er hätte heiraten können, war er sein Leben lang Junggeselle geblieben. Die Arbeit in der Kirche hatte ihn zu sehr in Anspruch genommen. Da war
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