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1444 - Legende und Wahrheit

Titel: 1444 - Legende und Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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hatte sich inzwischen erhoben.
    Er trat auf die Besucher zu. Wer die Öhren weit aufmachte, der hörte, wie der Filter in seiner Nase beim Atmen leise knisterte und raschelte. „Ich nehme an, ihr riecht die Vollkommenheit des Universums und die Befriedigung der forschenden Wißbegierde, die der heutige Tag bringen wird", sagte er zur Begrüßung.
    Julian Tifflor sog unwillkürlich die Luft ein. „Nein, ich rieche nichts", antwortete er verblüfft. „Ah, mein Freund", strahlte Shyrbaat, „laß dich von mir in die Geheimnisse der Rhinosophie einweihen. Jedes Ding, jedes Ereignis, jeder Gedanke und jedes Gefühl - sie alle haben ihren eigenen Geruch, und anhand der Gerüche durchschaut der Rhinosoph das Wirken des Kosmos."
    Tifflor war nicht sicher, ob er den Anoree ernst nehmen sollte. „Ich glaube nicht, daß meine Nase sich für solche Dinge eignet", antwortete er vorsichtig. „Unsinn!" protestierte Shyrbaat gutgelaunt. „Jede Nase läßt sich dazu erziehen, die feineren, die unterschwelligen Düfte wahrzunehmen, die das Universum erfüllen. Du mußt nur ein solches Gerät tragen wie ich."
    Dabei wies er auf seinen Nasenfilter. „Wir unterhalten uns später noch einmal darüber", wehrte Tifflor ab. „Im Augenblick habe ich andere Dinge im Sinn. Werden Degruum und Gavval sich uns anschließen?"
    „Nein", antwortete Shyrbaat. „Sie sind mit ihren Forschungen beschäftigt."
    Julian Tifflor stutzte. Dieselbe Antwort hatte er gestern von Degruum erhalten, als er fragte, ob Shyrbaat und Gavval sie auf ihrem Rundgang durch Cintexx-Station begleiten würden. Was waren das für Forschungen, mit denen sich die Anoree beschäftigten? Sie hatten es offenbar so eingerichtet, daß jeweils einer von ihnen die Gäste betreute, während die beiden anderen ihren Arbeiten nachgingen. Die Betreuer wechselten im Tagesturnus.
    Morgen war wahrscheinlich Gavval an der Reihe. „Es würde mich interessieren, was sie forschen", sagte Julian Tifflor. „Darf man danach fragen?"
    Ein ganz merkwürdiger Ausdruck erschien auf Shyrbaats Gesicht. Tifflor hatte nicht den Eindruck, daß der Anoree völlig ernst war, als er antwortete: „Sie leisten beide Hervorragendes auf ihren Fachgebieten. Gavval ist Visionast, Degruum Emotionalytiker. Ich bin mit ihren Forschungen im einzelnen nicht vertraut. Aber sie werden dir gewiß gerne Auskunft geben, wenn du sie danach fragst."
    „Ich werde sie fragen", sagte Julian Tifflor. „Tu das", riet Shyrbaat. „Aber inzwischen interessiert dich vielleicht etwas anderes. Ich rieche deutlich, daß unser Ziel optisch erfaßt werden kann.
    Willst du es sehen?"
    „Du riechst es...?"
    „Willst du es sehen?"
    Julian Tifflor gab sich einen Ruck. Er durfte sich von der Fremdartigkeit des Anoree - oder war es etwa nur Exzentrik? - nicht verwirren lassen. „Selbstverständlich will ich es sehen", antwortete er. „Wozu wäre ich sonst hier?"
    Shyrbaat wandte sich um und gab einen schrillen Laut von sich, den der Translator nicht übersetzte. Augenblicklich wurde es in der mächtigen Kugel dunkel. Julian Tifflor tastete sich nach dem Gestänge des nächsten Sessels und ließ sich nieder.
    Nein, es war nicht völlig dunkel. Die von der Helligkeit gereizten Augen hatten ihn getäuscht. Von den Wänden des Raumes leuchteten die Sterne der Galaxis Gorandaar - spärlich verteilt, mit weiten Abständen untereinander. Der Anblick war atemberaubend. Der Betrachter kam sich vor, als schwebe er frei im All. Selbst nach unten ging der Blick unbehindert: Das transparente Material der Plattform war von unübertrefflicher Klarheit.
    Aus der Dunkelheit kam Shyrbaats Stimme, und der Translator übersetzte: „Ich rieche es - unsere Freunde werden eine bedeutende Entdeckung machen. Seht dort, unmittelbar neben dem großen roten Stern. Könnt ihr es erkennen? Die Leiche der Mutter!"
    Julian Tifflor strengte die Augen an. Er spürte eine Hand, die sich an seinem Arm entlangtastete: Nias Hand. Er sah ein winziges Gebilde, das ihm wie ein Fetzen Nebel erschien. Sekunden später glaubte er, Unregelmäßigkeiten in der ansonsten homogenen Substanz des Nebels zu erkennen -Körnchen, die heller leuchteten als ihre Umgebung. Und plötzlich wußte er, was er sah: ein Feld kosmischer Trümmerstücke. Die meisten waren so klein, daß das Auge sie aus dieser Entfernung nicht mehr einzeln zu erfassen vermochte.
    In ihrer Gesamtheit wirkten sie wie Staub.
    Aber es gab ein paar größere Brocken: Das waren die Körnchen. „Warum nennt ihr

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