1447 - Das Traumpaar
Vampire ausbreiteten. Auch diejenigen, die durch ihren Biss dazu gemacht worden waren, mussten als solche verschwinden. Sie durften erst gar nicht als Wiedergänger erwachen, und deshalb schoss Justine dem Ausgesaugten eine geweihte Silberkugel durch den Kopf.
Sie stand vor ihm und lächelte darüber, dass ausgerechnet sie mit einer derartigen Waffe schoss. Es war schon alles verrückt in diesem Hexenkessel, der sich Welt nannte.
Justine drehte den Kopf und schaute zu Chira hin. »Hast du gesehen, was mit denen geschieht, die ich nicht brauche?«
Sie erhielt keine Antwort.
Es störte sie nicht weiter. Momentan war sie die Chefin im Ring.
Ob das sich allerdings fortsetzen würde, wollte sie zunächst dahingestellt sein lassen.
Irgendwas musste passieren. Sie konnte die Hypnotisierten nicht hier liegen lassen.
Chira stand auf.
Justine schaute zu. Sie ließ ihre Artgenossin auch in Ruhe, ging nur näher an sie heran und musste erkennen, dass der Ausdruck in Chiras Gesicht so etwas wie Entschlossenheit zeigte.
Warum?
Justine war schlau genug, um zu warten. Sie war für Chira nicht mehr vorhanden. Die stieß sich von der Wand ab und ging mit schief gelegtem Kopf an ihr vorbei.
Zunächst sah es so aus, als wollte sie den Hypnotisierten einen Besuch abstatten, aber sie schritt an ihnen vorbei und hatte nicht mal einen Blick für sie übrig.
Die blonde Bestie empfand dieses Verhalten mehr als seltsam, griff aber nicht ein und dachte stattdessen nach. Sie ging schließlich davon aus, dass Chira nicht aus eigenem Antrieb handelte. Dahinter konnte nur Saladin stecken, der ihr einen entsprechenden Befehl übermittelt hatte.
Es war die Tür, die Chira interessierte. Für Justine Cavallo gab es keine andere Erklärung. Und sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Chira fliehen wollte. Wenn ja, hätte sie sich bestimmt anders verhalten.
Vor dem Ausgang stoppte sie.
Es war kein langes Warten, nur ein Starren auf die beiden schräg stehenden und von einander abgewandten Hebel, die diese Tür verschlossen hielten.
Chira nahm sich zuerst den oberen vor und bog ihn nach unten.
Das tat sie sehr bedächtig und nahm dabei beide Hände zu Hilfe.
Dann drückte sie den unteren hoch, sodass sie die Tür öffnen konnte.
Für Justine wurde es Zeit, dass sie ihre Stellung wechselte, um einen besseren Blickwinkel zu bekommen. Glücklicherweise war das Tor nach außen hin zu öffnen. Es entstanden dabei hässliche Geräusche, als Eisen über Rost schrammte.
Wenig später war der Ausgang frei.
Die Cavallo hatte erwartet, dass Chira den Bau verlassen würde.
Sie irrte sich. Chira hatte die Tür für jemand anderen geöffnet, der jetzt aus dem Dunkel erschien.
Genau zu erkennen war er nicht. Das allerdings änderte sich wenig später, da war die ganz in Schwarz gekleidete glatzköpfige Gestalt gut zu erkennen.
Allzu überrascht war Justine nicht, als sie erkannte, wer hier eintreten wollte.
Es war kein Geringerer als Saladin.
Von nun an wurde es spannend!
***
Justine Cavallo machte sich nicht bemerkbar. Sie blieb im toten Winkel an der Wand stehen und wartete darauf, dass sich die Dinge zu ihren Gunsten entwickelten.
Auch Chira trat nicht zur Seite. Es war Platz genug, um den Ankömmling vorbei zu lassen.
Zu sehen war Saladin für Justine Cavallo nicht. Nur zu hören, denn er konnte nicht lautlos gehen. Im nächsten Moment verstummte auch dieses Geräusch und machte einem anderen Platz. Die Vampirin hörte ein Flüstern und ging davon aus, dass Chira und Saladin miteinander sprachen. Dann setzte sich die Hypnotisierte wieder in Bewegung.
Aus ihrer Position hervor sah Justine Cavallo nur Chira. Saladin hielt sich weiterhin im toten Winkel auf. Justine glaubte nicht daran, dass er sich nicht traute, hereinzukommen. Wahrscheinlich überlegte er sich einen Plan. Sie musste davon ausgehen, dass Chira ihn gewarnt hatte, wer da auf ihn lauerte.
In den nächsten Sekunden würde es zur Entscheidung kommen.
Davor fürchtete sich Justine nicht. Es musste irgendwann mal so sein, und wahrscheinlich war sie in der Lage, hier in der Halle die Dinge zu ändern. Das heißt, Saladin aus dem Verkehr zu ziehen.
Das wäre perfekt gewesen und ein großer Sieg.
Obwohl sich Chira bereits in der Halle befand, unternahm sie nichts, was Justine anging. Sie hätte nur den Kopf zu drehen brauchen, aber sie blickte weiterhin nach vorn wie jemand, der auf etwas Bestimmtes wartet. Und genau das trat ein.
Saladin kam.
Er war nicht zu hören.
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