1448 - Der Kaiser von Karapon
Wohlstand leben wie jedes andere Wesen auch."
„Du kannst aber wohl nicht bestreiten, daß wir ein sehr erfolgreiches Volk sind!" fauchte Sisa-Vart beleidigt. „Natürlich nicht", lenkte Loi-Scrom hastig ein, denn einen Streit mit ihr konnte er sich jetzt nicht leisten. „Wie kommen wir in den Kerker? Das ist das erste Problem, das wir lösen müssen."
„Halb so schlimm", knurrte Sisa-Vart. „Du hättest natürlich keine Chance."
Sie spielte auf das patriarchalisch ausgerichtete Gesellschaftssystem der Karaponiden an. Die weiblichen Angehörigen dieses Volkes hatten auf vielen Gebieten wenig oder gar nichts zu sagen. Sie hatten aber auch ein paar gewisse Vorteile - vor allem, wenn sie jung und hübsch waren.
Sisa-Vart war weder das eine noch das andere, was Loi-Scrom zu einem etwas spöttischen Blick veranlaßte. „Guck nicht so dämlich!" fauchte sie ihn an. „Vergiß nicht, daß ich hier Freunde und Verwandte habe."
„Du willst sie in diese Sache hineinziehen?" fragte Loi-Scrom erschrocken. „Denkst du auch an die Gefahren, die ihnen dann drohen?"
„Gefahren? So kann man es auch sehen.
Die Palastwachen sind ziemlich begehrt.
Keine Angst - es wird kein Unbeteiligter zu Schaden kommen."
Loi-Scrom hoffte es. „Die Sache mit den Reliquien von G'hori-S'osh war ein Fehler", sagte er. „Ich habe das gleich gewußt. Wenn Feng-Lu und Sar-Teh den Kartanin diese Geschichte erzählen, sind wir so gut wie tot."
„Sie werden nicht dazu kommen", versprach Sisa-Vart.
Loi-Scrom sah sie erschrocken an. „Du bist ein sentimentaler Dummkopf, Loi-Scrom", knurrte Sisa-Vart verächtlich. „Aber was soll man von einem Kartanin auch schon anderes erwarten?"
Er verzichtete auf jede Erwiderung, aber dies war einer jener Augenblicke, in denen er sich nicht mehr ganz sicher war, ob er Sisa-Vart tatsächlich mochte oder jemals gemocht hatte.
Wenn es mir je gelingen sollte, nach Miryanaar zurückzukehren, werde ich die Reliquien zurückgeben, schwor er sich in Gedanken
7.
Thoy-P'ang erschien einige Stunden später, und er hatte diesen Auftritt offenbar sorgfältig vorausberechnet.
Dao-Lin-H'ays neues Gefängnis war zwar recht bequem, aber es gab keinen Automaten darin, der Speisen oder wenigstens Getränke geliefert hätte.
Offensichtlich war dies eine Unterkunft für Gäste einer weniger willkommenen Art.
Außerdem stand eine Wache vor der Tür.
Der Kaiser von Karapon hatte sich also ausrechnen können, daß Dao-Lin-H'ay mit der Zeit Hunger und Durst bekommen würde. Dementsprechend rollte er in Begleitung eines kleinen Robotgefährtes an, das mit einem opulenten Mahl beladen war.
Dao-Lin-H'ay registrierte es mit einer Mischung aus Ärger und Belustigung.
Diese Taktik verwendeten Kartanin, wenn sie ein Tier zähmen wollten.
Sie fragte sich, was Thoy-P'ang von ihr erwarten mochte. Daß sie fauchte und ihm die Krallen zeigte, damit er sie mit einer seiner karaponischen Delikatessen besänftigen konnte?
Thoy-P'ang schien diesmal entschlossen zu sein, sich als ein zivilisiertes Wesen zu präsentieren. Er ließ dem kleinen Roboter den Vortritt und blieb höflich an der Tür stehen. „Ich würde mich freuen, wenn ich dieses Mahl mit dir teilen dürfte", sagte er. „Aber wenn es bei deinem Volk Sitte ist, der Welt beim Speisen den Rücken zu kehren, werde ich mich selbstverständlich zurückziehen."
Oho, dachte Dao-Lin-H'ay amüsiert. Seit wann gibt es Kavaliere in Karapon? „Ich esse gerne in Gesellschaft", erklärte sie, um das Verfahren abzukürzen. „Gut", sagte Thoy-P'ang, zog sich ein Sitzpolster heran und nahm an dem niedrigen Tisch Platz.
Der Roboter lud seine Lasten ab, schwebte dann in eine Ecke und verharrte dort regungslos. Dao-Lin-H'ay nahm an, daß die Maschine erst in zweiter Linie die Aufgabe hatte, Speisen und Getränke zu transportieren. Sie enthielt sicher ein ganzes Arsenal von Waffen.
Thoy-P'ang machte keinerlei Umstände, sondern griff kräftig zu. Aus kartanischer Sicht war dieses Verhalten unhöflich - man überließ es dem Gast, die erste Wahl zu treffen -, aber er verband keine bösen Absichten damit. Immerhin ließ sein Appetit den Schluß zu, daß zumindest ein Teil der Speisen kein Gift enthielt. Und Dao-Lin-H'ay war mittlerweile wirklich sehr hungrig. Sie hielt sich an Thoy-Pangs Beispiel, indem sie nur von den Speisen nahm, von denen er bereits gegessen hatte.
Thoy-P'ang aß schnell und konzentriert.
Als er satt war, wartete er schweigend, bis auch Dao-Lin-H'ay ihre
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