1449 - Der Knochentempel
gesagt?«
»Ja, das habe ich.«
Ich schüttelte den Kopf und flüsterte: »Verdammt, das kann kein Zufall sein…«
»Was meinst du?«
»Später, Suko. Erzähl mal deine Geschichte. Möglicherweise kommen wir dann zusammen.«
»Okay, wie du willst.«
Ich hörte zu. Die Spannung war mir anzusehen, denn der ehemalige Bischof betrachtete mich aus großen Augen.
Wir hatten es uns angewöhnt, uns nur in Notfällen zu unterbrechen, deshalb ließ ich Suko reden, ohne ihm eine Frage zu stellen.
Mir war klar geworden, dass die Dinge von nun an anders aussahen.
»Das war’s, John.«
»Ich denke auch.«
»Und was ist für dich an dieser Geschichte so spannend?«
»Das kann ich dir sagen. Bischof Ampitius hat mich angerufen, weil es hier um verschwundene Totenschädel geht, die in einem alten Beinhaus aufbewahrt wurden. Das ist es. Und es hat einen Toten gegeben. Er liegt noch jetzt in diesem Bau. Der Mann heißt Charles Kinley und ist der Vater von Ellen Kinley.«
»Der Küster«, sagte Suko leise.
»Ja.«
Danach schwiegen wir beide. Aber ich war froh, dass ich mit meinem Freund telefoniert hatte. Deshalb sagte ich: »Es ist ja klar, welche Aufgabenteilung ab jetzt vor uns liegt. Du wirst dich um Ellen Kinley kümmern und ihr einen Besuch abstatten. Der Bischof und ich sehen uns in der Wohnung des Küsters um. Wir werden anschließend die Ergebnisse austauschen.«
»Okay, das geht in Ordnung.«
»Noch Fragen?«
»Sicher. Kannst du mir erklären, warum man Totenschädel stiehlt und einer davon in einem Gebüsch gefunden wird?«
»Jemand wird ihn verloren haben.«
»Das wäre eine Möglichkeit, auch wenn sie sich verdammt simpel anhört.«
»Oft sind die einfachsten Erklärungen die besten.«
»Das stimmt auch wieder.«
»Alles klar?«
Wir brauchten nicht mehr viel zu sagen. Als eingespieltes Team verstanden wir uns auch so.
Der Bischof schaute mich aus großen Augen an und schüttelte dabei den Kopf.
»Was haben Sie?«
»Ich kann es nicht fassen«, erwiderte er, »dass alles so schnell ging. Plötzlich haben wir eine Spur.«
»Ja. Sogar zwei Spuren. Und beide laufen auf den Namen Kinley hinaus. Ist das nicht seltsam?«
Er musste schlucken und bewies mir, dass man auch im Alter noch klar denken konnte. »Können wir dann davon ausgehen, dass Vater und Tochter gemeinsame Sache gemacht haben?«
»Ja, das denke ich.«
Ampitius lachte schallend. »Dabei hat dieser Mann so getan, als hätte er keinen Kontakt mehr zu seiner Tochter. Er hat sich sogar für sie geschämt.«
»Erzählen kann man viel«, sagte ich, trank den Rest Tee und stand auf. »Ich denke, dass wir uns jetzt auf den Weg machen sollten, Mr Ampitius.«
Er nickte.
»Wohnt der Küster weit von hier?«, fragte ich.
»Nein. Im nächsten Dorf. Er besitzt dort ein kleines Haus. Von seinem eigenen Geld hat er es sich nicht gekauft. Wie allgemein bekannt ist, erbte er es von seiner Tante.«
Ich klimperte mit den Schlüsseln.
»Dann sehen wir es uns doch mal genauer an…«
***
Der ehemalige Bischof hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen und seine Hände mit den Innenflächen gegeneinander gelegt. Es sah aus, als würde er beten.
Zwar war er nicht unbedingt persönlich beteiligt, aber die Vorfälle mussten ihn wie ein Schicksalsschlag getroffen haben. Er hatte sich sein Leben lang nichts zu Schulden kommen lassen und musste nun so etwas hinnehmen. Da war Vertrauen in die Brüche gegangen.
Die erste große Kälte war zwar vorbei, aber an den Straßenrändern und auf den Wiesen lagen noch einige schmutzige Schneereste, die irgendwann tauen würden.
Ich musste erst mal nur geradeaus fahren. Den hohen Kirchturm sahen wir immer. Er war so etwas wie ein besonderer Wegweiser, der uns zuerst in den kleinen Ort führte, in dem mir zahlreiche Neubauten auffielen, die sich an einem Hang hoch zogen.
Als ich mich lautstark darüber wunderte, erntete ich ein leises Lachen.
»Gefallen hat es nicht allen Bewohnern. Aber Sie müssen die Nähe zu London bedenken. Dort sind die Preise explodiert. Hier konnte man noch sein eigenes Haus bauen. Doch wer jetzt hier ein Grundstück erwerben will, der muss schon gutes Geld mitbringen. Diejenigen, die hier ihren Grund verkauften, haben einen Reibach gemacht, und diejenigen, die noch welchen haben, warten, bis die Preise noch mehr in die Höhe geklettert sind. Eine dörfliche Gemeinschaft oder Idylle gibt es hier nicht mehr. Aber das ist menschlich. Dazu kann ich auch nicht viel sagen.« Er drehte seinen
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