1453 - Die ruhelosen Engel
vergessen. Wir dürfen uns nicht von der anderen Seite etwas diktieren lassen.«
»Die andere Seite?«, flüsterte der Professor.
»Ja.«
»Und wer oder wo ist sie?«
»Wir wissen es noch nicht«, gab ich zu, »aber dass sie existiert, steht außer Frage.«
Hilton zuckte mit den Schultern. »Sie sind die Polizisten. Sie haben die Erfahrungen. Sie sind auch gekommen, ohne dass man Ihnen Bescheid gab. Und dann erschien dieser Toby Fox.« Er deutete auf seine Sekretärin, die unbeweglich auf ihrem Platz saß. »Fox stand plötzlich draußen im Vorzimmer. Es gab keinen Hinweis auf ihn, keine Vorwarnung. Er war plötzlich da.« Er deutete auf Ellen. »Ich denke, dass sie einen Schock erlitten hat, aber ich weiß nicht, was ich mit ihr tun soll. Vielleicht sollten wir sie in ärztliche Behandlung geben. Ob das jedoch richtig ist, weiß ich nicht.«
»Nein, Professor«, sagte Suko. »Sie sollten versuchen, alles so normal wie möglich ablaufen zu lassen.«
»Und Sie?«
»Wir bleiben auf dem Unigelände. Einer hat sich uns gezeigt«, fuhr Suko fort. »Mein Kollege und ich glauben nicht daran, dass es dabei bleibt. Deshalb suchen wir auch nach den anderen fünf Verschwundenen.«
»Sollte mich das beruhigen?«
»Das überlassen wir Ihnen, Professor.«
»Es beruhigt mich nicht, wenn Sie es genau wissen wollen. Einfach deshalb, weil ich keine Erklärung dafür habe. Ich bin es gewohnt zu analysieren, doch in diesem Fall muss ich leider passen. Das hilft Ihnen nicht weiter, ich weiß es, aber ich kann es nicht ändern.«
»Tja, so sieht es aus.«
Der Dekan wusste nicht, was er noch sagen sollte. Dafür sprach seine Sekretärin.
»Was ist denn, wenn dieser Toby Fox plötzlich wieder hier erscheint? Oder die anderen?«
»Dann geben Sie uns Bescheid«, erwiderte Suko. »Schreiben Sie sich am besten meine Handynummer auf.«
»Danke, das ist nett.« Ellen Kirkham schrieb mit zitternder Hand die Zahlen.
Für uns wurde es Zeit zum Rückzug. Dass sie die Augen aufhalten sollten, brauchten wir den beiden nicht erst groß einzuschärfen. Das würden sie von allein tun.
Ich war bereits auf dem Weg ins Nebenzimmer. Der Fall konnte noch komplizierter werden, als wir es bisher angenommen hatten.
Aber wir waren nicht allein auf uns gestellt. Abgesehen von zahlreichen Studenten gab es hier noch jemanden, den wir gut kannten.
Das war Johnny Conolly. Mit ihm war abgesprochen, dass er sich so normal wie möglich benahm und sich in den Hörsaal setzte. Wir waren uns sicher, dass er die Augen offen halten und uns im richtigen Moment Bescheid geben würde. Ich zumindest ging davon aus, dass die Studenten nicht zurück zu ihren Eltern gingen, sondern auf dem Campus blieben.
Bevor ich das Zimmer verließ, fiel mir noch etwas ein. Ich drehte mich um und fragte den Professor nach Freddy Braddock.
»Der ist gegangen, Mr Sinclair. Er war plötzlich weg. Aber wohin er wollte, weiß ich nicht.«
»Können Sie mir sagen, wo er wohnt?«
»Ja, auf dem Unigelände. Man hat ihm hier eine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt.«
Suko und ich erhielten noch die Beschreibung, wie wir sie finden konnten. Dann verließen wir endlich das Büro des Dekans. Wir waren gespannt, was uns die nahe Zukunft bringen würde…
***
Die Vorlesung war wie immer recht gut besucht. Nur der Professor ließ sich nicht blicken, aber das war nicht weiter tragisch. So etwas kannten die jungen Leute, die sich in die Bänke fläzten oder im Mittelgang beisammen standen und über alles Mögliche sprachen.
Johnny hatte seinen Platz ziemlich weit oben eingenommen. Es gab zwar keinen Studiengang für Kriminalistik, aber die Psychologie berührte hin und wieder Nebenfelder, und einer der Gastprofessoren war unter anderem Profiler, der den Studenten mehr über die Psyche von Killern und Verbrechern beibrachte, sodass sie auch mit diesen Dingen konfrontiert wurden.
Der Mann ließ sich weiterhin Zeit. Es war auch möglich, dass die Vorlesung ausfiel, wenn der Professor plötzlich abberufen wurde, um sich um einen Fall zu kümmern.
Johnny schaute nach vorn über die Reihen hinweg bis hin zur Tafel, die leer gewischt war. Nicht weit von ihm entfernt, an der linken Seite, befand sich eines der großen Fenster, durch die das graue Tageslicht drang. Johnny war kein besonders guter Schauspieler, und das merkte man ihm an. Er konnte nicht so tun, als wäre nichts gewesen, deshalb saß er nachdenklich auf seinem Platz.
Er dachte immer wieder an die Warnungen der
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