1456 - Catwalk in die Hölle
wusste sie, dass es kein Zurück mehr für sie gab. Sie stellte auch fest, dass sich die anderen Models von ihren Plätzen wegbewegt hatten und näher herangekommen waren.
Sie spürte die Spannung, die in der Luft lag. Glenda hatte plötzlich das Gefühl, als wäre ihre Umgebung mit Elektrizität gefüllt.
Glenda schaute an Marlene vorbei. Keines der anderen Models hatte den Catwalk betreten. Sie hielten sich an dessen Seiten auf.
Zwei auf der rechten, drei auf der linken. Sie sahen aus wie Puppen, die ihre Gesichter mit den starren Augen nach vorn gerichtet hatten, und zum ersten Mal dachte Glenda darüber nach, ob sie es hier noch mit normalen Menschen zu tun hatte oder ob sie nicht bereits durch eine fremde Hölle gegangen und daraus gestärkt hervorgegangen waren.
»Du solltest damit anfangen, Glenda. Es bleibt dir nichts anderes übrig.«
»Ja, ich weiß.« Sie trat einen Schritt zurück. »Aber was geschieht, wenn ich den Laufsteg betreten habe?«
»Wir werden dir dabei zuschauen, wie du ihn bis zum Ende durchgehen wirst.«
»Sehr gut«, erwiderte Glenda spöttisch. »Und was erwartet mich an seinem Ende?«
»Das Andere, das Neue«, erklärte Marlene voller Überzeugung.
»Dann gehörst du zu uns.«
»Ja, wie auch immer«, meinte Glenda.
»So musst du es sehen.«
Glenda Perkins dachte blitzschnell darüber nach, ob es noch eine andere Möglichkeit für sie gab, aber sie konnte es drehen und wenden, es gab diese Chance nicht. Hätte sie sich jetzt geweigert, wären die Mädchen über sie hergefallen und hätten sie zu ihrem Glück gezwungen.
»Also?«
Glenda nickte und lächelte. »Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«
»So ist es. Wer sich einmal für uns entschieden hat, kann nicht mehr gegen uns sein.«
Das sehe ich anders, dachte Glenda, aber sie behielt ihre Gedanken für sich.
»Bitte«, sagte Marlene nur, und Glenda tat, was man ihr befohlen hatte.
Sie zog sich aus…
***
Sie war keine Nackttänzerin und besaß ein natürliches Schamgefühl.
Auch wenn ihr nur Frauen zuschauten, fiel es ihr nicht leicht, die Kleider abzulegen.
Eine Stripperin hätte das bestimmt gekonnter über die Bühne gebracht, aber Glenda hatte damit ihre Probleme, außerdem war sie nicht so aufreizend angezogen wie ihre Zuschauerinnen. Zwar modisch gekleidet, aber nicht so übertrieben.
Sie zog keine Schau ab und streifte ihre Kleidung so ab, wie sie es tat, wenn sie am Abend zu Bett ging. Mit jedem Teil, das sie ablegte, kam sich Glenda hilfloser vor, und sie dachte daran, dass dies möglicherweise Sinn dieser Vorführung war.
Marlene war nur etwas zur Seite getreten, damit sie Glenda zuschauen konnte. Sie drehte ihren Kopf dabei nicht zur Seite. In den Augen lag eine gewisse Starre, doch sie waren nicht leblos. Darin war schon eine bestimmte Neugierde zu erkennen. Nicht umsonst zeigte sich Marlene als Domina.
Als Glendas Brüste freilagen, presste die Blonde für einen Moment die Lippen zusammen und holte scharf durch die Nase Luft.
»Was hast du?«, fragte Glenda.
»Nichts, mach weiter.«
Glenda lächelte kühl. »Ich gefalle dir, wie?«
»Das sage ich dir später. Erst wenn du so geworden bist wie wir alle, können wir darüber reden. Der Catwalk ist dein Schicksal.«
»Ich weiß.«
Wenig später lagen die Kleidungsstücke neben Glenda, und sie war nur noch mit ihrem sehr knappen Slip bekleidet. Ein Hauch von dunkelblauer Seide.
»Es reicht«, sagte Marlene.
»Danke. Und was ist mit den Schuhen?«
Marlene schaute auf Glendas Füße. »Es sind zwar keine High Heels, aber auf dem Catwalk kannst du sie anbehalten, das macht sich besser.«
»Wie nett.«
»Dann los, Glenda. Ab jetzt haben wir keine Zeit mehr zu verlieren. Das neue Leben wartet auf dich…«
***
Durch London zu fahren ist nie einfach. Es war stets eine gewisse Qual. Mehr stehen als vorankommen. Da war Suko derjenige von uns beiden, der die besseren Nerven hatte. Wir waren über die Westminster Bridge gefahren und hatten den Bahnhof Waterloo Station im Süden passiert.
Am St. George’s Circle, einem Kreisel, bogen wir in die Borough Road ein, die nach Osten führte. Hier hatten wir das große Gewusel hinter uns gelassen und kamen besser voran.
Ich saß entspannt neben dem Fahrer und horchte in mich hinein.
Dabei war ich davon überzeugt, das Richtige getan zu haben. Wir mussten Glenda den Vortritt überlassen und uns im Hintergrund halten. Über unser weiteres Vorgehen hatten wir noch nicht gesprochen. Wir würden uns
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