1456 - Catwalk in die Hölle
finden?«
Die Schwester runzelte die Stirn. Sie war noch jung, gerade mal knapp über 20. Sie ließ sich Zeit, weil sie nachdenken musste, und lächelte dann.
»Alles klar. Sie meinen Marsha?«
»Ja.«
»Da konnten wir nicht viel machen. Sie befindet sich in einem traumatischen Zustand. Wir müssen…«
»Ich weiß, was sie hat. Ich war mit im Wagen. Ich wollte sie nur noch mal sehen.«
»Ach. Sie sind neu hier?«
»Ja.«
»Gehen Sie zwei Zimmer zurück. Dort liegt sie.«
»Allein?«
»Ja, noch. Im Moment ist es ruhig.«
»Danke, Kollegin.«
Lucius hatte es eilig. Er ließ die Schwester stehen und sah nicht, dass sie ihm leicht schaudernd nachschaute. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein Grinsen. Es hatte besser geklappt, als er es sich vorgestellt hatte. Man musste nur eben abgebrüht genug sein. Und dass Marsha allein in dem Zimmer lag, das war natürlich perfekt. Besser hätte es nicht laufen können.
Er klopfte auch nicht an, überzeugte sich nur, dass die Luft rein war, und öffnete die Tür.
Das Zimmer war recht groß, Lucius zählte sechs Betten.
In einem lag Marsha.
Er lächelte.
Es war ein böses, ein satanisches Lächeln, das die Augen nicht erreichte. In ihnen lag der kalte Glanz der Hölle. Mit zwei langen, lautlosen Schritten hatte er sich dem Bett genähert und blieb an der rechten Seite stehen.
Marsha lag auf dem Rücken. Noch immer erinnerte sie mehr an eine Tote. Sie hielt die Augen offen, war an einen Tropf mit Nährlösung angeschlossen, schaute zur Decke, aber ihr Blick war nach innen gerichtet, die Umgebung existierte für sie nicht.
Lucius setzte sich auf die Bettkante und beugte sich noch tiefer, um nicht so laut sprechen zu müssen.
»He, Marsha…«
Mehr sagte er nicht. Er ließ seine Stimme wirken. Zudem wusste er, welch eine Macht er über sie besaß.
Hatte Marsha bisher still gelegen, so schrak sie nun zusammen, und ihre Augen weiteten sich noch mehr. Nur blieb der Blick nicht so leer. Die Erinnerung kehrte zurück, und sie wusste plötzlich, wer auf ihrer Bettkante hockte.
»Lucius…«
»Ja, ich bin es. Ich bin wieder bei dir…«
»Nein, nein…« Sie hauchte die Worte nur, und ihre Stimme zitterte dabei. Deutlich war die Angst herauszuhören, die sie plötzlich erfasst hatte.
»Man kann mir nicht entkommen, Marsha. Auch du nicht. Ich habe euch versprochen, dass ich jeden bestrafen werde, der sich von mir entfernt, ohne dass ich es ihm erlaubt habe. Du hast es getan, und du wirst jetzt die Konsequenzen tragen müssen.«
Marsha wusste, was das bedeutete. Sie wollte es auch aussprechen, was der Besucher aber nicht zuließ. Er fasste die Decke an und hob sie in die Höhe. Sie war nicht mehr nackt. Man hatte ihr ein Nachthemd aus dünnem Stoff übergestreift. Darunter zeichneten sich die Brüste mit den kleinen Warzen recht deutlich ab.
Lucius legte die Hände darauf.
»Spürst du mich?«, flüsterte er.
»Geh…«
Er ließ sich nicht beirren. »Spürst du meine Hände? Spürst du das Feuer, das in ihnen schwelt? Die Wärme, die sehr schnell auch zur Hitze werden kann?«
»Bitte…« Das Wort war kaum zu verstehen. Marsha litt unter Qualen, und genau das wollte dieser menschliche Satan. Er knetete ihre Brüste, und dann entwickelten seine Hände eine immer stärker werdende Wärme, die bald den gesamten Körper erfasste.
»Noch mal, Marsha: Man verlässt mich nicht!«
Die junge Frau hörte nicht mehr zu. Sie war bereits in einen schrecklichen Zustand hineingerissen worden. Die Wärme war zur Hitze geworden, die wie ein Feuer auf ihrer Haut brannte.
Und das war plötzlich da!
Flammen tanzten auf dem Körper als kleine Feuerzungen. Sie schimmerten in einem hellen Rot. Sie gaben keine Hitze ab, aber sie hatten den ganzen Körper erfasst, und mit eiskaltem Blick schaute Lucius zu, was mit der Haut geschah.
Sie fing an zu schmelzen. Zuerst zog sie sich zusammen, dann verlor sie ihre Festigkeit und verwandelte sich in eine dicke Flüssigkeit.
Das geschah nicht nur auf dem gesamten Körper, sondern auch im Gesicht der jungen Frau.
Jeder Mensch hätte geschrien. Marsha tat es nicht, denn sie erlebte ihr lautloses Sterben. Obwohl sie noch brannte, sah ihr Gesicht schon jetzt aus wie ein Totenschädel, und genau das hatte der mörderische Besucher gewollt.
Er musste nicht mehr bleiben.
Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob er sich von der Bettkante. Noch einmal schaute er auf die Sterbende und sagte mit leiser Stimme: »Mit mir nicht, meine Liebe, nicht mit
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