146 - Der Dämon aus dem Knochensee
sie durch deren Hand sterben?
»Ich habe ihn dir nicht weggenommen«, sagte Ratama. »Er entschied sich für mich. Ich war gezwungen, seine Entscheidung zu akzeptieren.«
»Ich habe meine Rache genossen«, erwiderte Riga. »Es ist mir egal, ob du lebst oder tot bist. Ich werde mit Mortimer Kull fortgehen. Du kannst Cebars Behausung haben, ich erhebe keinen Anspruch darauf.«
Ratama erhob sich vorsichtig. Rufus näherte sich dem niedergestreckten Teufel. Mortimer Kull grinste breit. »Ein guter Schuß. Er spielte sich auf, als wäre er der Größte. Genau genommen starb er nicht an deinem Pfeil, sondern an seiner eigenen Dummheit.«
***
Die verletzte Bestie spielte ihren letzten Trumpf aus, an dem wir beide zugrundegehen sollten: Feuer schoß mit einem Mal aus ihrem Rachen, aber sie richtete es nicht gegen mich, sondern gegen die Gasflaschen!
Das Höllenwesen wollte nicht allein sterben.
Meine Kopfhaut spannte sich. Gleich würden die Flüssiggasflaschen wie Bomben hochgehen.
Ich mußte schnellstens raus aus dem Haus. Gehetzt sprang ich auf einen Stuhl und warf mich wuchtig gegen das Küchenfenster. Ich hielt die Arme schützend vors Gesicht, während hinter mir ein ohrenbetäubender Donner brüllte.
Eine heiße Druckwelle stieß gegen meinen Rücken und beförderte mich noch schneller aus dem Haus. Ich rollte ab und warf mich herum. Die nächsten Flaschen explodierten, und durch das gesamte Erdgeschoß rasten grelle Stichflammen.
Die Explosionen zerlegten das Gebäude von unten her, dadurch konnte sich das Obergeschoß nicht mehr halten und stürzte krachend ein. Durch die aufgerissene Decke fand das Feuer auch einen Weg nach oben.
Im Handumdrehen war das ganze Haus eine riesige brennende Fackel. Die Bestie konnte die Explosionen unmöglich überlebt haben. Das Ungeheuer hatte sein Sterben, das ich mit Shavenaar eingeleitet hatte, abgekürzt, doch wie schon so oft, konnte ich mich über diesen Sieg nicht freuen, denn ich konnte nur mich retten.
Was aber war mit dem Mann, der der Bestie zum Opfer fallen sollte?
Und was… Himmel, was war mit Cruv passiert?
***
»Zeigst du uns nun den kürzesten Weg zu Asmodis?« fragte Mortimer Kull.
Riga nickte. »Wie ich es versprochen habe.«
Rufus brachte die plumpen, borstigen Reittiere, und Kull war der rothaarigen Hexe beim Aufsteigen behilflich.
»Was wird Ratama jetzt tun?« fragte der Dämon mit den vielen Gesichtern.
Riga zuckte mit den Schultern. »Ihre Sache.«
»Möchtest du sie haben?« fragte Mortimer Kull. »Wir können sie mitnehmen, wenn du…«
Rufus schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Verwendung für sie.«
Kull grinste. »Ach ja, du bestehst ja nur aus Knochen. Fleischliche Gelüste sind dir fremd.«
Sie ritten in die Richtung, die ihnen Riga zeigte. Die Hexe blickte sich kein einziges Mal nach Ratama um. Es war so, als wäre für Riga auch Ratama gestorben.
Riga saß hinter dem dämonischen Wissenschaftler. Ihre Arme waren um seinen Körper geschlungen, und sie preßte sich fest an ihn. Sie versuchte damit ihre Dankbarkeit auszudrücken.
Sie war stolz auf Mortimer Kull. Souverän war er mit seinem Gegner fertiggeworden. Daß Rufus ihn dabei unterstützt hatte, war Nebensache.
Es war Kulls Plan gewesen, dem Cebar zum Opfer fiel.
»Sie wird ihn liegen lassen«, sagte Riga leise, als würde sie nur laut denken. »Die Höllengeier werden ihn entdecken und sich an ihm gütlich tun -und er wird daliegen und sie nicht daran hindern können.«
Die Hexe lachte und drückte sich noch fester an den Professor. »Heute ist ein Festtag für mich«, sagte sie. »Erstens, weil sich meine Rache erfüllte, und zweitens, weil ich dir begegnete. Ich werde dir gehören, so lange du mich haben willst, Mortimer. Wenn du genug von mir hast, sag es mir, dann werde ich ohne ein Wort gehen - aber verjage mich nicht mit Fußtritten, denn das kann ich nicht vertragen.«
»Es ist nicht meine Art, eine Frau so zu behandeln«, behauptete Kull. Das entsprach allerdings nicht der Wahrheit. Um seine Ziele zu erreichen, ging er sogar über Leichen, und er machte dabei keinen Unterschied, ob es sich nun um einen Mann oder um eine Frau handelte.
Sie kamen ziemlich nahe an einem schwarzen Loch vorbei, spürten den magischen Sog und die hypnotische Kraft, die sie noch näher heranholen wollte, aber sie kamen gut daran vorbei.
In einem Tal mit felsigen Hängen rasteten sie. Das hätten sie nicht tun sollen, denn nun brauten sich verhängnisvolle Dinge
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