1463 - Die Frau aus dem Fegefeuer
zweimal?«
Bill hatte das Gefühl, nicht mehr normal zu sein. Aber was war hier schon normal? In welch einer Welt waren sie gelandet? Wo wurden sie gefangen gehalten?
Bill riss sich zusammen. Er wusste, dass er kein falsches Wort sagen durfte. Seine volle Aufmerksamkeit galt seiner Frau Sheila, die kein Geist war oder nur als wahr gewordener Wunschtraum dort stand, denn sie atmete wie ein normaler Mensch.
Im Vergleich zu Erskine gehörte der Reporter zu den Menschen, die das Unwahrscheinliche schon öfter als real erlebt hatten. Und er hatte gelernt, dies zu akzeptieren.
Nicht so Erskine.
Dessen Nerven waren am Ende.
Es begann mit einem Keuchen, das man in gewisser Weise als ein Startsignal ansehen konnte. Dann schüttelte er den Kopf und streckte seine rechte Hand aus.
»Du bist Mona!« schrie er ihr ins Gesicht. »Und du bist es wirklich. Ich habe mich nicht geirrt! Verdammt, ich hatte von dir eine andere Meinung. Ich habe geglaubt, dass du auf meiner, auf unserer Seite stehst. Aber das ist vorbei. Ich kann dir nicht mehr glauben. Du gehörst zu den Anderen. Du hast mitgeholfen, Menschen wie mich in eine Falle zu locken und…«
»Nein, das ist ein Irrtum, Erskine! Du bist freiwillig gekommen, wenn du dich erinnerst. Keiner hat dich gezwungen. Es war einzig und allein dein freier Wille.«
»Aber nicht so!« brüllte er. »Ich habe andere Antworten haben wollen, verdammt noch mal!«
»Die Antworten musst du schon uns überlassen.«
Bill wusste, dass Erskine kurz davor stand, einen schweren Fehler zu begehen. Der Reporter wollte ihn zurückhalten und legte ihm deshalb eine Hand auf die Schulter.
»Bitte, Erskine, dreh jetzt nicht durch!«
»Lass mich!« Es war ein Schrei mit einer sich überschlagender Stimme. Und Erskine meinte es auch so, wie er es gesagt hatte. Bill konnte ihn nicht mehr halten. Er rannte und sprang zugleich auf Mona zu, die ihn so tief enttäuscht hatte.
Mona wich nicht aus. Es war auch möglich, dass sie es nicht mehr konnte, weil alles viel zu schnell ablief. So rammte Erskine mit seinem Körper gegen die Frau, die kein Felsblock war, der dem Aufprall Stand halten konnte.
Beide prallten zusammen. Beide kippten nach hinten und stürzten zu Boden.
Es war nur Erskines Schrei zu hören. Er gab nicht auf. Er umklammerte Mona, als ginge es darum, sein Leben zu retten.
Sie schrie nicht. Sie schien sich nicht mal zu wehren. Das genau war ein Irrtum.
Zwar fassten die Hände des Mannes nach ihrem Hals, doch so etwas konnte eine Frau wie sie nicht erschüttern.
Sie kam aus dem Fegefeuer, und sie hatte dieses Feuer noch in sich, das plötzlich losschlug.
Flammen huschten überall aus ihrem Körper hervor. Gelbe, grüne, rote. Aber nicht sie wurde erwischt und tödlich getroffen, sondern Erskine, der sein Blatt zu hoch gereizt hatte.
Er brannte plötzlich. Und er besaß nicht den Schutz der Frau aus dem Fegefeuer.
Es dauerte nicht mal drei Sekunden, als er das Grauen am eigenen Leib verspürte, denn das Feuer war zu normalen und auch zerstörerischen Flammen geworden, die vernichteten, was sich ihnen in den Weg stellte. Und das war nicht Mona, die sich mit einem heftigen Stoß von ihrem menschlichen Ballast befreite.
Erskine wurde in die Höhe geschleudert. Er schlug wild mit den Armen um sich. Dabei sah er aus wie ein brennendes Kreuz.
Er schrie.
Er wälzte sich über den Boden, aber er wollte so nicht sterben. Woher er die Kraft nahm, auf die Beine zu kommen, war auch Bill Conolly ein Rätsel, der seinen Schock überwunden hatte und nicht tatenlos zusehen konnte, wie ein Mensch vor seinen Augen verbrannte.
Sheila schrie ihm etwas nach, aber Bill hörte nicht. Er rannte hinter Erskine her und musste sich eingestehen, dass es ihm nicht mehr möglich war, den Mann einzuholen.
Er war einfach zu schnell. Er rannte Bill als lebendige Fackel in diese leere Welt hinein, die ihn nicht stoppte. Dafür sorgte das Feuer.
Irgendwann brach Erskine zusammen.
Keiner hörte mehr einen Schrei. Die Flammen züngelten noch einmal hoch, als wollten sie auch die letzten Reste verbrennen, dann brachen sie zusammen und ließen einen Körper zurück, der einfach nur schrecklich aussah. Es gab Erskine nicht mehr. Die Hölle des Fegefeuers hatte ihn verschlungen.
Bill drehte sich um. Mit langsamen Schritten ging er wieder zurück an seinen Platz. Sein Gesicht war durch das Erlebte gezeichnet.
Die Augen standen weit offen. Er schaute mit starrem Bück nach vorn, wobei er schwer atmete.
Vor den beiden
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