147 - Cardia, die Seelenlose
Rückwärtsgang gesichert hatte, ließ er ihn los und kehrte zu mir zurück.
Ich grinste. »Soll ich dir etwas verraten, Metal? Lenroc hat heute nicht seinen besten Tag, und das liegt an uns.«
***
Für Professor Mortimer Kull war ein großer Augenblick gekommen, der größte in seinem bisherigen Leben. Die Hölle war bereit, ihn als einen der ihren anzuerkennen.
Danach hatte der ehrgeizige Wissenschaftler gestrebt. Ihm war es als erstem Menschen gelungen, sich selbst zum Dämon zu machen, aber Anerkennung und Bestätigung durch die Vertreter der schwarzen Macht hatten lange auf sich warten lassen.
Doch nun war es endlich soweit. Rangniedrige Teufel hängten ihm einen schwarzen Talar um und führten ihn vor die Stufen eines Altars, hinter dem Asmodis, der Herrscher der Hölle, wartete.
Kull war davon überzeugt, jederzeit Asmodis’ Platz einnehmen zu können. Er traute sich zu, die Geschicke der Hölle besser lenken zu können als dieser.
Er schirmte seine gefährlichen Gedanken gut ab. Sie mußten sein Geheimnis bleiben, denn Hochverrat wurde selbst auf der Erde häufig mit dem Tod bestraft - und in der Hölle erst recht.
Der Höllenadel nahm zu beiden Seiten Aufstellung. Es war die Pflicht dieser Elite, an solchen Feierlichkeiten teilzunehmen. Mit ihrer Anwesenheit segnete sie gewissermaßen Asmodis’ Tun ab. Sie tat damit ihr Einverständnis kund.
Der Silberkelch mit dem Blut des Höllenreptils stand auf dem Altar. Asmodis streute ein scharlachrotes Pulver hinein, das die Flüssigkeit zum Dampfen brachte.
Hellgraue Schwaden krochen über den Kelchrand und breiteten sich auf dem Altar aus. Als der Höllenfürst die Arme hob, verstummten alle.
Asmodis befahl Mortimer Kull niederzuknien und begann sodann mit der uralten Zeremonie. Seit Ewigkeiten war dieses Ritual unverändert.
Für den dämonischen Wissenschaftler war das ein einzigartiges Erlebnis, das er gierig in sich aufsaugte wie ein trockener Schwamm. Nie würde er diesen großen Augenblick vergessen.
Er stand über Vampiren, Werwölfen, Ghouls und anderen rangniederen Dämonen. Sein Wort würde von nun an auch in der Hölle Gewicht haben. Selbst Asmodis würde auf ihn hören.
Der Fürst der Finsternis hob Kulls Leistungen hervor und zählte auf, was dieser bereits alles für die Hölle getan hatte.
Demutsvoll neigte Professor Kull sein Haupt. Die Worte des Höllenfürsten rannen ihm wie Öl hinunter. Asmodis versprach sich sehr viel von ihm.
Der Fürst der Finsternis sagte, daß er große Erwartungen in Kull setze und daß er davon überzeugt sei, daß dieser ihn nicht enttäuschen würde.
Finsternis legte sich über den Raum, als Asmodis das absolut Böse anrief und um Unterstützung bat. Zum erstenmal fühlte sich Mortimer Kull an der Quelle der schwarzen Macht.
Das war keine Bezeichnung für etwas Irreales. Er spürte die Macht um sich und in sich. Jetzt erst gehörte er ganz den Mächten des Bösen an.
Eine milchweiße Aura umgab den silbernen Kelch, den Asmodis nun mit beiden Händen ergriff. Der Höllenfürst trat vor den Altar, und Mortimer Kull durfte als erster trinken. Er wußte, daß das eine ganz besondere Ehre war.
Aufgeregt griff er nach dem Silbergefäß und setzte es an die bebenden Lippen. Das schwarze Blut war dick und schmeckte bitter. Kull schluckte es und gab den Kelch zurück.
Asmodis trank als nächster, und dann ging der Silberkelch reihum - von Asmodis zu Loxagon, von diesem zu Atax, weiter zu Phorkys, Yora, Mago…
Alle tranken und besiegelten damit die Weihe. Asmodis stand vor dem dämonischen Wissenschaftler und legte ihm die Krallenhände auf den Kopf.
Der Fürst der Finsternis flehte den Segen des Bösen auf Kull herab und nahm diesem das feierliche Gelöbnis ab, die Gesetze der Hölle niemals zu verletzen.
Als Asmodis die Hände fortnahm, regnete es Feuer auf Kulls Haupt, und sobald ihm der Höllenherrseher erlaubte, sich zu erheben, wußte er, daß er nun ein geweihter Dämon war.
Triumphierend blickte er sich um. Er gehörte jetzt zu diesen Auserwählten. Mago war der einzige, der ihn nach wie vor ablehnte, doch das störte ihn nicht.
Denn Mago würde nicht mehr lange leben.
***
Angie Laszlo glaubte, nicht mehr sie selbst zu sein. Ihre Empfindsamkeit war so stark abgestumpft, daß sie den Eindruck hatte, es könne sie nichts mehr erschüttern.
Was hält ein Mensch aus? Was passiert, wenn es ihm zuviel wird? Angie hatte diese Grenze überschritten. Danach kam nichts mehr. Nur noch Leere,
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